Medienkompetenz

In dieser Woche erregte ein Video die deutschen Medien, das, so exemplarisch die Frankfurter Rundschau, einen „brutalen US-Angriff auf Journalisten“ zeigt. „In Bagdad schießen US-Soldaten nicht auf Aufständische, sondern auf Journalisten und Kinder“, schließt das hessische Tagesblatt jeden Irrtum aus und unterstellt Vorsatz; das Naziblatt junge welt assistiert und freut sich über einen „gefilmten Massenmord“.

So dumm wie die angeblichen „Mörder“, die sich offenbar nicht vom Wissen beeindrucken ließen, daß jedes ihrer Worte und das Geschehen am Boden aufgezeichnet werden würde, so überfordert zeigt sich die deutsche Journaille von dem Bild- und Tonmaterial, das vom US-Militär als „authentisch“ bezeichnet wird, das darüber hinaus aber von korrektem Verhalten der beteiligten Soldaten spricht.

Für die staatliche Deutsche Welle schreibt Ina Rottscheidt etwas, das sie zu einem Roman ausbauen könnte:

„Wenn die Männer wüssten, was ihnen droht, würden sie ihre Kameras wegwerfen und davonrennen. So aber gehen sie mit zügigen Schritten ohne Hektik eine Straße in Bagdad entlang. Den US-Kampfhubschrauber hören sie mit Sicherheit, denn er kreist in nicht allzu großer Entfernung über ihren Köpfen. Aber das sind sie gewöhnt. Sie wissen nicht, dass sie ins Fadenkreuz der Soldaten geraten sind.“

Anne Flaherty in Washington ist mindestens ebenso talentiert wie Ina Rottscheidt und beginnt in der nichtstaatlichen Sächsischen Zeitung vom 07. April diese spannende Geschichte zu berichten:

„Wenn die Männer wüssten, was ihnen droht, würden sie ihre Kameras wegwerfen und davonrennen. So aber gehen sie zügig, doch ohne Hektik eine Straße in Bagdad entlang. Den US-Kampfhubschrauber hören sie mit Sicherheit. Aber sie wissen nicht, dass sie ins Fadenkreuz geraten sind.“

Das Morgenmagazin des deutschen Staatsfernsehens hat sich der Bilder selbstverständlich auch angenommen und ließ sich inspirieren zu einer Darstellung, die zu einer vielleicht noch aufregenderen Erzählung gehört:

„Der Hubschrauber, der vermutlich knapp einen Kilometer außer Sicht- und Hörweite kreist, eröffnet das Feuer. Später lachen die Piloten und beglückwünschen sich, verspotten die Opfer.“

Alle drei – oder sind es vielleicht nur zwei? – Medienvertreter sahen die gleichen Aufnahmen – und lassen den gleichen Hubschrauber mal außer Sicht- und Hörweite fliegen und wähnen ihn doch gleichzeitig in Hörweite, „denn er kreist in nicht allzu großer Entfernung über ihren Köpfen“.

Große Einigkeit andererseits herrscht, geht es darum, genau diesen Helikopter-Einsatz zu verurteilen. Dieses Urteil ist zweifellos so zutreffend wie kompetent.

2 Comments

  1. Beim Irak-Krieg gab es viele kritische Stimmen zu den in US-Einheiten „eingebetteten“ Journalisten, weil die nicht objektiv berichten könnten. Es hat meines Wissens gleiche Kritik nicht zu Journalisten gegeben, die sich bei Terroristen „einbetten“. Das scheint aber genau das zu sein, was hier gemacht wurde. Und dann kann ich einem US-Kommentator nur zustimmen, der meinte, wer sich bei Terroristen „einbette“, müsste leider auch damit rechen, mit ihnen zusammen unter tödliches Feuer der Streitkräfte zu geraten.

  2. Hier das vollständige Video: http://www.youtube.com/v/5rXPrfnU3G0

    Die Soldaten sahen Kalashnikovs und Panzerfäuste und fragen sich am Ende zurecht, wie man Kinder ins Schussfeld bringen kann.

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