Schlagwort: Rechtsextremismus

Du bist Deutschland

Es ist ungefähr ein Jahr her, da konnte man auf einer Website, die der neuesten deutschen Volkspartei AfD mehr als nur nahesteht, lesen, diese sei »die einzige Partei in Deutschland [..], die den wirklich gefährlichen Antisemitismus, nämlich den islamischen, bekämpft«. Wie der ungefährliche Antisemitismus aussieht, der nazionale, weiß spätestens seit Yom Kippur 5780 die ganze zivilisierte Welt.

Wer freilich es wagte, vor rechtem Antisemitismus zu warnen, der wurde auf der erwähnten Website noch vor wenigen Tagen beschimpft: »Irre: Söder und Knobloch sehen Antisemitismus hauptsächlich bei ›Rechten‹«. Und in den Kommentaren tobte sich das »bürgerliche« Publikum aus: »Ich hoffe eine Horde Moslems verwähnt [Charlotte Knobloch] mal so richtig vor ihrem baldigen Ableben [sic!]«.

Heute, einen Tag nach dem antisemitischen Massaker in Halle, schreitet dort ebenfalls niemand ein, halluziniert ein Leser: »Soros ist der sichtbare Strohmann der Rothschilds u.a. Finanz-Globalisten. Er selber gehört auch zu dieser Clique.« Der inzwischen inhaftierte Mörder von Halle würde, wie Medien melden, nicht widersprechen: »The root of all these problems is the Jew«, hat er erklärt.

Der antisemitische Terroranschlag in Halle zeigt auf erschreckende Weise, wie lebendig der autochthone Haß auf Juden in Deutschland ist, wie menschenverachtend, wie entschlossen. Die Bluttat eines Täters, der wohl keiner Radikalisierung durch eine Organisation bedurfte, hält einer Gesellschaft den Spiegel vor, die nur zu bereitwillig die Augen vor dem eigenen Antisemitismus verschließt.

Schlechter Scherz

Am Sonntag findet der inzwischen 5. Deutsche Israelkongreß statt, dessen Veranstalter, die Initiative I like Israel (ILI), mit spannenden Themen und Prominenz Freunde des jüdischen Staates nach Frankfurt lockt. Daß aber ausgerechnet Daniel Pipes als Moderator eines Forums zum Thema »Der Schlüssel zur Koexistenz – Differenzen überwinden« gewonnen wurde, ist schwer nachvollziehbar.

Mit seinem Middle East Forum (MEF) unterstützt der Historiker und Publizist zwar nicht wenige durchaus renommierte Projekte, Organisationen und Einzelpersonen. Andererseits gilt seine Unterstützung aber auch Gruppierungen und Menschen, die mit ihren nationalistischen und rechtsextremen Ansichten das gesellschaftspolitische politische Klima gerade in Europa nachhaltig vergiften.

In Deutschland kommt etwa Journalistenwatch in den Genuß einer Förderung durch das MEF, eine Website, die der AfD mehr als nur nahesteht, die tagtäglich Haß auf muslimische Migranten schürt, nicht selten Vertreter des Judentums in Deutschland angreift und Menschen, die sich gegen Antisemitismus engagieren, beschimpft. Dennoch hält Daniel Pipes an der Unterstützung der Website fest.

Das MEF honoriert so Angriffe auf Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, auf eine Schülerin, die sich gegen den Judenhaß ihrer Mitschüler wehrte, oder die Verharmlosung von Antisemitismus, die in Sätzen wie diesem steckt: »Die AfD [ist] die einzige Partei in Deutschland ist, die den wirklich gefährlichen Antisemitismus, nämlich den islamischen, bekämpft«.

Was hat ein Daniel Pipes, der deutschen Antisemitismus mitfinanziert und wissentlich zu dessen Verbreitung beiträgt, auf einem Kongreß zu suchen, der für Solidarität mit Juden und ihrem Staat werben soll? Wie soll eine Diskussion über Koexistenz unter seiner Leitung nicht zu einer Farce werden? Im nächsten Jahr wird wohl Jeremy Corbyn über seinen Kampf gegen Antisemitismus referieren dürfen.

Blauer Teppich für Feinde Israels

Am Wochenende verriet Karin Kneissl, die von der FPÖ ins Amt berufene Außenministerin Österreichs, in einem Interview mit dem Nachrichten-Portal Times of Israel, daß es in der Regierung in Wien keinen Antisemitismus gebe. Weder FPÖ-Chef Hans-Christian Strache »noch irgendein anderes Mitglied dieser Regierung« sei antisemitisch oder auch nur bereit, Antisemitismus zu tolerieren.

Das werden, gab sich die parteilose Ministerin, die ob ihrer Nähe zu den Freiheitlichen von der Regierung in Jerusalem boykottiert wird, überzeugt, »im Laufe der Zeit auch diejenigen erkennen, die noch Zweifel haben«. Und weil Karin Kneissl natürlich vor allem eine Frau der Tat ist, empfing sie noch am Sonntag Hanan Ashrawi in ihrem Ministerium in Wien, eine hohe Funktionärin der PLO.

Begleitet wurde sie von Salah Abdel Shafi, dem »Botschafter« der »palästinensischen« Terrororganisation in Wien, der kein Geheimnis daraus macht, wie er zum jüdischen Staat steht. So nahm er 2013 als Podiumsgast an einer Konferenz teil, auf der von einem Ende Israels geträumt wurde und von einem judenreinen »Palästina«, Gründung und Existenz Israels gleichen für ihn einem »Massaker«.

Der PLO-»Botschafter« ist ein lauter Anhänger und Verteidiger der antisemitisch-extremistischen BDS-Bewegung, der Israel als einen »Apartheid Staat« [sic!] bezeichnet und das Vorgehen der israelischen Streitkräfte gegen den Raketenterror der Hamas als »völkerrechtswidrig« denunziert. Hanan Ashrawi beschreibt ihr Treffen mit Karin Kneissl als »äußerst offen, informativ und freundschaftlich«.

Überzeugender Einsatz

»Unsere Geschichte«, haben sich die an der Regierung in Berlin beteiligten Parteien in ihren Koalitionsvertrag hineinbuchstabiert, »mahnt uns, antidemokratischem, rassistischem und nationalistischem Gedankengut entschieden zu begegnen«. Wie man sich das in der Realität vorzustellen hat, haben Unionsparteien und SPD am Dienstag mit der Beförderung Hans-Georg Maaßens gezeigt.

Der geschäftsführende Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz hatte nach rechtsextremistischen Ausschreitungen in der sächsischen Stadt Chemnitz öffentlich Zweifel an Aussagen der deutschen Kanzlerin gesät, ohne seine Einwände freilich sachlich begründen zu können. Gleichzeitig verharmloste der Verfassungsschützer mit seiner Intervention das Ausmaß der rechten »Proteste«.

Statt mit so sachlichen wie fundierten Hinweisen den zuständigen Minister oder das Kanzleramt zu informieren, äußerte Hans-Georg Maaßen gegenüber einem Boulevardblatt Unwahrheiten und behauptete hinterher, ausgerechnet damit habe er der Verbreitung von »Fake News« vorbeugen wollen. Für seinen Einsatz wird er nun zum Staatssekretär befördert, zur rechten Hand Horst Seehofers.

Maßgeblich verantwortlich dafür ist die deutsche Sozialdemokratie, die mit Andrea Nahles’ Zustimmung zum Karrieresprung für Hans-Georg Maaßen einmal mehr demonstriert hat, wie weit der Niedergang der SPD fortgeschritten ist. Lächerlich gemacht hat sich aber auch Kanzlerin Angela Merkel, die offenbar nicht gewillt oder in der Lage war, auf dreiste Illoyalität angemessen zu antworten.

In Chemnitz gingen »normale« Bürger gemeinsam mit rechtsradikalen Schlägern auf die Straße, sie krakeelten fremdenfeindliche Parolen, grölten antisemitische Gesänge; vermeintliche Migranten wurden bedroht, ein jüdisches Restaurant angegriffen. Die Regierung in Berlin nimmt die Verharmlosung der Ereignisse zum Anlaß, den dafür Verantwortlichen zu befördern. Mit aller Entschiedenheit.

Die rechte Gesinnung

Der Umgang der deutschen Regierungschefin Angela Merkel mit dem, was vor kurzem in Chemnitz geschehen ist oder auch nicht, könnte peinlicher kaum sein. Rang die Christdemokratin zu lange um Worte, als Bilder pöbelnder Nazis und deren Mitläufer schon weltweit Schlagzeilen machten, wird sie jetzt von ihrem blamablen Innenminister und dessen obersten Verfassungsschützer vorgeführt.

Horst Seehofer und Hans-Georg Maaßen widersprechen der deutschen Kanzlerin öffentlich und unerstellen ihr mindestens indirekt, Lügen zu verbreiten, ohne freilich selbst Belege für ihre Behauptungen vorlegen zu können. Ganz unabhängig darum, worüber Uneinigkeit herrscht, ist das Verhalten des Bayern und des Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz schlicht inakzeptabel.

Doch auch inhaltlich sind Horst Seehofer und Hans-Georg Maaßen, die mit ihren wenig fundierten Einlassungen den Eindruck erwecken, rechten Extremismus und dessen Selbstverständlichkeit in Teilen Deutschlands zu verharmlosen, untragbar, zumal in die von ihnen befeuerte Debatte um die Authentizität durch Zeugenaussagen bestätigter Videos nun noch eine brisante Nachricht platzte.

Danach sollen »besorgte Bürger« am 27. August das koschere Restaurant »Schalom« attackiert haben. Vermummte sollen das Restaurant mit Flaschen, Steinen und einem Stahlrohr beworfen und dabei skandiert haben, »hau ab aus Deutschland, du Judensau«. Schon zuvor war über antisemitische »Gesänge« von Teilnehmern einer als »Trauermarsch« camouflierten »Demonstration« zu lesen.

Vor diesem Hintergrund ist es einigermaßen absurd, darüber zu diskutieren, ob eine auf Video dokumentierte »Hetzjagd« als solche bezeichnet werden könne. Wer hier spitzfindig über die richtige Formulierung streitet, will offenkundig ablenken vom Gesamtbild: In Chemnitz »demonstrierten« nicht nur ein paar Nazis und blieben unter sich. Viele, zu viele »normale« Menschen machten mit.

Die von solchen Entwicklungen ausgehenden Gefahren sollten einen Innen-, der auch ein Verfassungsminister ist, und den Leier einer Behörde, deren Auftrag doch ausdrücklich der Schutz der Verfassung ist, umtreiben, nicht die Frage, wie sie am besten zu verharmlosen und zu leugnen sind. Und eine Kanzlerin sollte sich von Personal trennen, daß so seine Gesinnung unter Beweis stellt.

Nazis im Nahen Osten

Mit einer Reise nach Syrien solidarisieren sich in diesen Tagen Parlamentarier der rechtsextremistischen Alternative für Deutschland (AfD) mit dem Regime des Blutsäufers Bashar al-Assad. Während sie nach Angaben aus Parteikreisen »privat« nach Syrien aufgebrochen seien, treten die Politiker in Damaskus als »parlamentarische Delegation« auf, wie die amtliche Agentur Sana meldet.

Nach einem Treffen mit Ahmad Badr al-Din Hassoun, seit 2005 Großmufti von Syrien, stand eine Zusammenkunft der vom Landtagsabgeordneten Christian Blex angeführten Nazis mit Vertretern des syrischen »Parlaments« auf dem Programm. Dort erklärten die Gastgeber, ihr Land werde international verleumdet, während ihre Gäste über eine »US-hörige Regierung« in Berlin klagten.

Mit beiden Treffen, denen gewiß noch weitere Tiefpunkte folgen werden, offenbaren die Oppositionspolitiker, daß ihnen jeglicher Sinn für Anstand abgeht. Stellen AfD-Hetzer sich in Deutschland gern als Kämpfer gegen islamistischen Terror dar, hatten sie in Damaskus keinerlei Hemmungen, mit Ahmad Badr al-Din Hassoun einen Haßprediger zu treffen, der Europa mit Terror bedrohte.

Mit dem Großmufti von Syrien, den Christian Blex »Ihre Exzellenz« nennt, trafen die AfD-Abgeordneten zugleich einen Heiligen Krieger, der 2013 zum Krieg gegen Israel aufrief: »Wenn die Golan-Front eröffnet ist, bete ich dafür, daß wir [Kleriker] die ersten sind, die in den Kampf ziehen«. Im Deutschen Bundestag behauptet die AfD, »Antisemitismus in jeder Form ist eine Schande«.

Wie sie vorgeben, wollen sich die AfD-Abgeordneten in Syrien ein eigenes Bild machen. Dahinter steckt ihre Absicht, das Land zum »sicheren Herkunftsstaat« erklären zu lassen. Und so schwärmen sie denn auch von Frauen in Damaskus, die »Blue Jeans statt schwarze Schleier« trügen und in Bars säßen. Aus diesem Paradies meldete derweil Sana: »Raktenbeschuß durch Terroristen in Ghouta«.