„Friedensprozeß“: EUropäisch-amerikanische Illusionen

Die Deutsche Welle, der offizielle deutsche Staatssender, erklärt, was seit dem Ende der vergangenen Woche für eine gewisse Euphorie unter europäischen und amerikanischen Außenpolitikern und solchen, die sich dafür halten, sorgt: „Palästinenser nehmen Einladung zu direkten Gesprächen mit Israel an“.

Zuvor hatten Catherine Ashton, die „Außenministerin“ der Europäischen Union, und ihre Kollegin Hillary Clinton, Außenbeauftragte Barack Hussein Obamas, darum gewetteifert, wer zuerst die frohe Botschaft verkünden darf. „US-Außenministerin Hillary Clinton hat den Neustart der direkten Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern angekündigt“, wußte Die Welt, „EU-Außenministerin Catherine Ashton hatte in der vergangenen Woche an ihre Kollegen der EU-Länder geschrieben, es sei bald eine Erklärung zu direkten Friedensgesprächen zu erwarten“, meldete Al Reuters.

Um den Ruhm, den positive Schlagzeilen wenigstens kurzfristig verheißen, konkurrierten bald auch der Deutschen Außenminister Guido Westerwelle und seine Vorgesetzte, Kanzlerin Angela Merkel. Nahm der eine in Washington ausgesprochene bloße Einladung an Israel und „die Palästinenser“ zum Anlaß, ein „wichtiges Signal für den Friedensprozess, das neue Hoffnung auf rasche Fortschritte hin zu einer Zwei-Staaten-Lösung gebe“, zu feiern, wußte sie schon, worauf es ankommen würde: „Merkel rief Israel und die Palästinenser [sic!] zudem dazu auf, die Gespräche in aller Ernsthaftigkeit zu führen und innerhalb des gesetzten Rahmens von einem Jahr zu beenden.“

Der „Friedensprozeß“ wird nicht mehr ob der Anmaßung, die solche Worte darstellen, vor Beginn der geplanten Fortsetzung scheitern können. Sie ist es nämlich schon längst. Anzunehmen, Anfang September könnten in den Vereinigten Staaten mit der Regierung Israels einer- und Unterhändlern der PA andererseits zwei irgendwie gleichberechtigte Partner Gespräche beginnen, ist eine Illusion. Während mit der israelischen Regierung eine demokratisch legitimierte Vertretung der einen Seite existiert, ist „Palästinenserpräsident“ Abu Mazen alles andere als von „den Palästinensern“ legitimiert, gibt es eine „palästinensische“ Seite schlicht nicht, die zu Gepsrächen bereit ist.

Die Hamas, die eine „gewählte Regierung“ in Gaza stellt, macht unmißverständlich klar, was sie vom umjubelten „Friedensprozeß“ hält: „We in the Hamas movement reject the call of the Quartet and the US administration to resume the Palestinian-Israeli negotiations and believe that this invitation and its consequences does not commit the Palestinian people.“ Nicht anders als die islamische Terroristenbande sehen es deren „linke“ Verbündete von der Popular Front for the Liberation of Palestine (PFLP), die sich auch und gerade in Deutschland einiger Beliebtheit erfreut. „Kamerad“ Abu Ahmad Fuad wirft Abu Mazen einen Anschlag auf „palästinensische Interessen“ vor:

„Comrade Abu Ahmad Fuad, member of the Political Bureau of the PFLP, also said on August 21, 2010 that the PA’s entering into direct negotiations with Israel is a stab in the back of the institutions of the Palestine Liberation Organization, the resolutions of the Central Council and the will of the Palestinian people.“

Wie die „palästinensische“ Maan News Agency meldet, lehnt auch die Palestinian Peoples‘ Party Gespräche mit Israel strikt ab:

„[T]he PPP’s politburo said agreeing to negotiations with Israel would lead to ‚further fiasco,‘ writing that the alternative to talks is ‚to face the pressures and never yield to them if we want to guarantee a real peace process based on UN resolutions under UN supervision, based on a refusal to negotiate while settlement construction continues.'“

Mögen die „linken“ Banden allenfalls marginale Bedeutung haben, so ist deren Position doch offenbar mehrheitsfähig.

„The 11 factions, including the PFLP, Hamas, Islamic Jihad, the Democratic Front for the Liberation of Palestine, the General Command and others, met on Sunday in order to discuss the issue of a potential Palestinian Authority return to negotiations and to make it clear that resuming such negotiations under U.S. authority, whether direct or indirect, places the fundamental rights of the Palestinian people as subject to the dictates of the U.S. and Zionism.“

Nur folgerichtig hat die Hamas inzwischen für das Wochenende verabredete Gespräche über die Bildung einer „Einheitsregierung“ mit der PA abgesagt. Quer durch alle „politischen Lager“ der „Plästinenser“ würden „Friedensgespräche“ abgelehnt. Einzig das nicht durch Wahlen legitimierte Executive Committee der PLO, das Anhänger Abu Mazens bildeten, würde die „Kapitulation“ der PA unterstützen. Die Behauptung, „Palästinenser nehmen Einladung zu direkten Gesprächen mit Israel an“, offenbart also einige Realitätsferne; unter solchen Bedingungen Ergebnisse zu erwarten, ist abenteuerlich.

Abu Mazens PA, die fürchten muß, sich in ernsthaften Gesprächen als machtlos zu blamieren, sucht derweil schon wieder den Anschluß an den „palästinensischen“ Mainstream. „An Israeli decision to continue settlement construction would mean Israel decided to stop negotiations because talks cannot continue if settlements continue.“ schrieb Abu Mazen in einem Brief an das Nahost-Quartett. Daß das seit Jahresanfang gültige israelische Ausbaumoratorium für jüdische „Siedlungen“ in Judäa und Samaria seine Bereitschaft zu „Friesensgesprächen“ gefördert hätte, kann der „Palästinenserpräsident“ freilich nicht behaupten.

Und so machen seine Worte nur deutlich, daß er eben kein Interesse daran hat, einen Frieden mit Israel zu erzielen und einen friedlichen „palästinensischen“ Staat an dessen Seite zu etablieren. Daß er dieses Ziel vor allem gegenüber den „Palästinensern“ gar nicht durchsetzen könnte, machen all die anderen Banden deutlich, die „linke“ PFLP ebenso wie die islamische Hamas; daß Abu Mazens Anhänger in den Regierungen EUropas und den Vereinigten Staaten gerade davor die Augen verschließen, zeigt wiederum deren Unwillen zu einer Lösung. Israel eine „palästinensische Seite“ zuzumuten, die Abu Mazen repräsentiert, ist eine Frechheit.

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