Kategorie: Andrea Nüsse

Idol & Groupie

Die Geschichte des „Atomstreits“ zwischen der Islamischen Republik und der „freien Welt“ zeichnet dadurch sich aus, daß jene dieser seit Jahren ein Angebot nach dem anderen macht, dessen Annahme mit Gesprächen, Ultimaten und Sanktionsandrohungen erreicht werden soll. Aus den Sanktionen wurde indes nie etwas, was dazu führte, daß vom eigentlichen Ziel, das Mullah-Regime von der Befassung mit Atomenergie abzubringen, nach allerlei Entgegenkommen nichts mehr geblieben ist.

Zuletzt bot der Westen dem Iran an, dessen schwach angereichertes Uran außerhalb der Islamischen Republik weiter anzureichern und so zurückzugeben. Doch auch dieses Angebot, mit dem die iranische Hochrüstung letztlich akzeptiert wurde, lehnten verschiedene Vertreter des Mullah-Regimes immer wieder ab, zuletzt erklärte der iranische Außenminister Manouchehr Mottaki alle Hoffnungen auf einen Deal überflüssig seien. „Iran will not send its 3.5-percent-enriched uranium out of the country“.

Einer freilich hofft weiter: Mohamed ElBaradei, der zum Monatsende aus dem Amt scheidende Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Er wartet auf eine „formelle“ Absage, welche die Islamische Republik nach den Worten Manouchehr Mottakis seiner Behörde längst mitteilte. „The notion that Iran has not yet responded to the proposal [put forth by the International Atomic Energy Agency (IAEA)] is mere propaganda“.

Die Realitätsverweigerung des Ägypters, den im Dezember Yukiya Amano aus Japan ablösen wird, ist spätestens damit so offensichtlich wie das Scheitern (nicht nur) der IAEA gegenüber dem Mullah-Regime. Und auch mit Blick auf die atomare Aufrüstung des Regimes in Nord-Korea ist Mohamed ElBaradei wohl zu bescheinigen, daß er sich bleibende Verdienste erworben hat um die Verhinderung wirksamer Anti-Proliferationsmaßnahmen, was nicht zuletzt Barack Hussein Obama bestätigt:

„Wir werden nicht das wiederholen, was mit Nordkorea passiert ist, wo die Gespräche einfach ewig weitergehen, ohne dass es tatsächlich eine Lösung des Problems gibt.“

Eine allerdings gibt es, die hält fest zu Mohamed ElBaradei. „Vorschnelle Schlüsse und Schuldzuweisungen sind nicht seine Art.“ lobliedelt Andrea Nüsse auf den gescheiterten IAEA-Chef im Tagesspiegel, „akkurat, an Fakten orientiert, meist besonnen und freundlich hat der gelernte Jurist Mohammed al Baradei seine Arbeit als Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien gemacht.“ Bis zuletzt:

„Und so will der 66-Jährige am Mittwoch in Berlin auch noch nicht in den internationalen Chor einstimmen, dass Iran den Kompromiss zur Weiterverarbeitung von Uran im Ausland abgelehnt hat. ‚Ich habe bisher keine schriftliche Antwort Irans bekommen‘, sagt al Baradei [..].“

Er ist so „akkurat“, so „an Fakten orientiert“, daß selbst seine Behörde ihm widerspricht – doch das darf ein Groupie wie Andrea Nüsse vermutlich nicht wissen wollen. Nur: Weshalb landen ihre Visionen unter „Politik/International“?

Verpaßte Chancen

Während Vertreter jenes „Apartheidstaats“, dessen „rassistischer Außenminister“ Avigdor Lieberman gerade einen arabischen Berater einstellte, erklären, die Welt sei in Genf Augenzeuge geworden einer Wiederkehr Adolf Hitlers, der sich diesmal der persischen Sprache bediene, sind französische und österreichische Offizielle noch ganz begeistert vom Auftritt des Mahmoud Ahmadinejad.

Die einen sehen Durban II seit dem Spektakel vom Montag tatsächlich auf dem „richtigen Weg“, die schelten jene, die, wenngleich wie Deutschland günstigstenfalls halbherzig, den Auftritt des neuen Führers aus guten Gründen verpaßten. Schützenhilfe bekommen diese von allen guten Geistern Verlassenen von nicht weniger dem Irrsinn verfallenen Schreiberlingen wie etwa Andrea Nüsse, die schon als Verehrerin der iranischen Demokratie sich hervortat:

„[Der Boykott der Anti-Rassismuskonferenz ist ein] Affront gegen jene Länder, deren Bevölkerungen von Diskriminierung und Rassismus weltweit unmittelbarer betroffen sind als Bürger westlicher Industrienationen. Und die daher der Konferenz wohl mehr Bedeutung beimessen als der Westen: afrikanische und andere Entwicklungsländer.“

Dagegen war der Auftritt des iranischen Präsidenten, der Genf unterdessen schon wieder verlassen hat, gerade für „afrikanische und andere Entwicklungsländer“ wahrscheinlich kein Affront, ihre Abgesandten bedachten des Führers großartigen Auftritt denn auch mit reichlich Applaus. Er hatte die Verhältnisse in ihren jeweiligen Staaten ja auch gar nicht thematisiert. Völlig richtig aber gemacht hat es, meint Andrea Nüsse, Frankreich.

„Paris nimmt teil, wird aber den Saal verlassen, falls Ahmadinejad zu einer seiner Hasstiraden ausholen sollte.“ Worauf dieser prompt durch gemäßigtere Töne auffiel und spontan seine in Genf versammelten Kritiker an einen Runden Tisch bat. Dieser Einladung konnte allerdings niemand folgen, weil sie mit den Vereinten Nationen nicht abgesprochen war, die – welch verpaßte Chance – schon eine „große Zahl“ potentieller Gesprächspartner hinausgeworfen hatte.

Es lief also wirklich einiges schief. Da kam, nur die allerbesten Absichten hegend, Mahmoud Ahmadinejad nach Genf, doch schon vor der Ankunft dieses großartigen Führers im Kampf gegen Diskriminierung und Rassismus wurde er dämonisiert, ihm böswillig aus dem Weg gegangen und dann auch noch die zweifellos alle Menschheitsprobleme lösende Aussprache durch organisatorisches Chaoswidrige Umstände verhindert. Niemand dachte an die Afrikaner und die anderen Entwicklungsländer!

Welche Schande.

Österreich und Frankreich aber sollen noch nicht aufgeben. Nach unbestätigten Gerüchten denken sie darüber nach, Andrea Nüsse eine alternative Durban III-Konferenz in Teheran organisieren zu lassen.

Du bist Deutschland

Im Frühsommer 2007 konnte die Hamas ihren gewaltsamen Putsch mit der Machtübernahme in Gaza krönen. Den „Bruderkrieg“ überlebten Hunderte Menschen nicht.

Vor wenigen Wochen fanden Wahlen in Israel statt, die neue Regierung wird – so nichts mehr dazwischenkommt – am Mittwoch vorgestellt. Von Toten im Zusammenhang mit dem Wahlkampf und der Regierungsbildung wurde nichts berichtet.

Andrea Nüsse meint im Tagesspiegel dennoch, da wie dort hätten gleichermaßen freie Wahlen stattgefunden, so freie noch dazu, wie die im Iran noch bevorstehenden. Sie ist eine wahre Kennerin, die Andrea Nüsse:

„Diesem Mann [Avigdor Lieberman] werden Außenminister Steinmeier und seine Amtskollegen ab jetzt die Hand schütteln. Der einzige Trost: Vielleicht wird es ihnen ja zukünftig leichter fallen, auch mit anderen unliebsamen Kandidaten in Iran oder Palästina umzugehen, die in ebenso freien Wahlen an die Macht kamen.“