Souveräne Justiz

Nach langen und teils kontrovers diskutierten Ermittlungen hat die israelische Polizei Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit eine Anklage Benjamin Netanjahus empfohlen. Sie wirft dem Premierminister Israels Bestechlichkeit, Betrug und Untreue vor. Der Chef der Regierung in Jerusalem nennt die Vorwürfe »haltlos«, während Oppositionspolitiker ihn bereits zum Rücktritt auffordern.

Benjamin Netanjahu ist – mit Unterbrechungen – seit 1996 israelischer Ministerpräsident und prägt damit seit über zwei Jahrzehnten ganz wesentlich die Politik in dem jüdischen Staat. Fehlverhalten wurde ihm in all diesen Jahren immer wieder vorgeworfen, bislang indes mit wenig Erfolg. Seine Partei, der Likud, und er wurden in Wahlen immer wieder bestätigt, fanden sich Koalitionspartner.

Sollte der Politiker also mit einiger Gelassenheit auf neuerliche Ermittlungen blicken, zeigt Benjamin Netanjahu sich recht dünnhäutig. Angriffe auf Medien oder Vorwürfe an Ermittler, sie seien voreingenommen, wirken nicht eben souverän. Besonders letztere können verheerend sein: Wie sollen Bürger in Institutionen des Staates vertrauen, traut ihnen nicht einmal der Ministerpräsident?

Dabei zeigen die Ermittlungen, daß die israelische Justiz funktioniert. Der Premier steht nicht über dem Gesetz, das ihn ja auch vor willkürlichen Anschuldigungen und Vorveruteilung schützt. Es wäre gut, könnte Benjamin Netanjahu als Politiker für Vertrauen in den Rechtsstaat werben, statt Zweifel an ihm zu säen. Denn das fällt, wie immer diese Affäre ausgehen mag, nur auf ihn selbst zurück.