Schlagwort: Thomas Borchert

Omnipräsentes Bedürfnis

Kaum hat Chefredakteur Thomas Kaspar erklärt, die Frankfurter Rundschau habe »eine lange Tradition im Kampf gegen Extremismus«, lehne »alle Formen von Sexismus, Rassismus und Antisemitismus« ab und für »eine falsche Tatsachenannahme« in einem Kommentar »über die Corona-Impfung in Palästina [..] »aufrichtig um Entschuldigung« gebeten, läßt die Zeitung Manfred Niekisch los.

Der ehemalige Direktor des Frankfurter Zoos klagt, daß »Corona [..] medial alle anderen Themen« dominiere, was »unter anderem Lukaschenko und der skandalösen katholischen Kirche« helfe, aber auch von der »skandalöse[n] Weigerung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu« ablenke, »sich um die Impfung der Palästinenser:innen im Gazastreifen und Westjordanland zu kümmern«.

Seine Zeitung, behauptet Chefredakteur Thomas Kaspar am Freitag, sei »keine Quelle für Antisemitismus«. Weshalb veröffentlicht sie dann online noch am gleichen Tag, an dem sie Thomas Borcherts Kommentar »Höchstpreis Apartheid« von ihrer Website löscht, und in ihrer gedruckten Wochenendausgabe eine Kolumne, die dessen »falsche Tatsachenannahme« unwidersprochen wiederkäut?

Der israelische Premier Benjamin Netanjahu weigert sich so wenig wie die Regierung, die er führt, »Palästinensern« bei der Immunisierung gegen das Covid-19-Virus zu helfen. Wenn etwas skandalös ist, dann sind es die Weigerung der »Palästinenserführung«, Israel um eine Kooperation zu bitten, und ihr Umgang mit den zur Verfügung stehenden Impfdosen, die Manfred Niekisch freilich beschweigt.

Es scheint, auch beim Verfasser der Kolumne »Omnipräsente Nabelschau« ist etwas anderes omnipräsent als Wahrheitsliebe. Und es fällt schwer, einer Chefredaktion, die an zwei aufeinanderfolgenden Tagen die gleiche »falsche Tatsachenannahme« zunächst durchwinkt, abzunehmen, sie lehne insbesondere Antisemitismus ab. Wer ihn wiederholt mit »falschen Tatsachenannahmen« befeuert, zeigt ihn.

Relotius des Monats: Die Schluckbeschwerden Thomas Borcherts

Der für die Frankfurter Rundschau in Kopenhagen stationierte Thomas Borchert »kritisiert« Bemühungen der dänischen und der österreichischen Regierungen um eine »Impfstoffallianz« mit Israel. Kanzler Sebastian Kurz und Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hatten bei einem Besuch in Jerusalem am Donnerstag eine enge Zusammenarbeit mit Premierminister Benjamin Netanjahu verabredet.

Die drei Länder wollen bei der Forschung und Produktion neuer Impfstoffe gegen das Covid-19-Virus kooperieren. Israel wird weltweit für seine Fortschritte bei der Immunisierung der Bevölkerung gelobt, sein Land diene »der Welt als Modell«, erklärte der israelische Premier denn auch zur Visite seiner europäischen Amtskollegen. Für Thomas Borchert jedoch ist die Kooperation mit Israel des Teufels.

Denn mit ihr, schreibt der »Sozialwissenschaftler, Journalist und Buchautor« unter der Überschrift »Höchstpreis Apartheid«, versetzten die beiden europäischen Regierungschefs nicht nur den »europäischen Zusammenhalt [..] einen Schlag«, sondern goutierten damit auch »Israels völkerrechtswidrige[n] Ausschluss fast aller fünf Millionen Palästinenser:innen in den besetzten Gebieten von Impfungen«.

»In der Not frisst der Teufel Fliegen, heißt es. In der Corona-Not mal eben Apartheid zu schlucken, kann man dem Teufel nachsehen, nicht aber Frederiksen und Kurz.«

Es mag unter »Menschenrechtsaktivisten« und in der »Palästinenserführung« als chic gelten, Israel »Apartheid« vorzuwerfen, die auch von der Europäischen Union unterstützte Arbeitsdefinition Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) nennt solche Anschuldigungen schlicht antisemitisch, zumal es den Thomas Borchert behaupteten Völkerrechtsbruch nicht gibt.

Einschlägig sind hier die Osloers Verträge, in denen »Palästinenserführung« und Jerusalem sich u.a. darauf verständigten, daß für die Gesundheitsversorgung von »Palästinensern« in den umstrittenen Gebieten und Gaza die PA in Ramallah zuständig ist. Ginge von Jerusalem die Initiative zur Impfung von »Palästinensern« aus, dann würde Israel in der Tat in vertragliche Autonomierechte der PA eingreifen.

Israel freilich kann Ramallah unterstützen, wenn Ramallah um Hilfe bittet. Wenn es solche Bitten gab, wies Jerusalem sie nicht zurück: In diesen Tagen sollen über 100.000 »Palästinenser« geimpft werden, die in Israel arbeiten, Jerusalem, melden aktuell israelische Medien, bezahle Lieferungen russischen Impfstoffs nach Ramallah. Thomas Borcherts »Ausschluss« der »Palästinenser« ist (s)ein Hirngespinst.

Nun muß ein Thomas Borchert kein glühender Zionist sein oder ein Fan Benjamin Netanjahus. Wer sich aber »Journalist« nennt, sollte zumindest die Fakten kennen, statt sich mit antisemitischen Ausfällen zu blamieren und dreisten Lügen, die so oft öffentlich widerlegt wurden, daß man davon selbst in Kopenhagen gehört haben könnte. Thomas »Relotius« Borchert scheint ein Überzeugungsantisemit.