Erster Schritt

Die an der Regierung in Berlin beteiligte bayerische CSU hat am Sonnabend auf ihrem Parteitag in München auf Antrag des Parteivorstands und ihres Jüdischen Forums die Arbeitsdefinition für Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) übernommen. Die CSU ist damit nach eigener Auskunft die erste Partei in Deutschland, die sich dieser Definition anschließt.

Es spricht freilich weder für den Parteitag noch für die Partei, daß der Antrag für die »Münchner Erklärung gegen jede Form von Antisemitismus« ohne auch nur Ansätze einer Debatte durchgewunken wurde. Denn in ihrem Umgang mit Antisemitismus in den eigenen Reihen einer- und in Bayern und Deutschland insgesamt andererseits hat sich die »Volkspartei« nicht eben mit Ruhm bekleckert.

Zu erinnern – und entsprechend zu bewerten – wären etwa Äußerungen des in der CSU noch immer als unantastbar geltenden Franz Josef Strauß, der die Haltung seiner Partei zur deutschen Verantwortung für den Holocaust 1969 mit den Worten zusammenfaßte: »Ein Volk, das diese wirtschaftlichen Leistungen erbracht hat, hat ein Recht darauf, von Auschwitz nichts mehr hören zu wollen!«

Von der in der CSU verbreiteten Schuldabwehr zeugten auch Aussagen ihres Bundestagsabgeordneten Hermann Fellner im Streit um eine »Entschädigung« noch lebender jüdischer Zwangsarbeiter durch den Flick-Konzern. Der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe erklärte dabei, er sehe »für einen Anspruch der Juden bisher weder eine rechtliche noch eine moralische Grundlage«.

Und er würzte seine Auslassung noch mit den Worten, für ihn entstehe der Eindruck, daß »Juden sich schnell zu Wort melden, wenn irgendwo in deutschen Kassen Geld klimpert«. Die CSU reagierte auf diese Äußerungen lange Zeit nicht, Entschuldigungs- und Rücktrittsforderugen wies Hermann Fellner mit der Begründung zurück, er habe doch »bisher noch keine Rüge [der Partei] erhalten«.

2000 fiel Hans-Peter Uhls mit seiner Erinnerung an deutsche Opfer im Zweiten Weltkrieg in einer Bundestagsdebatte über die Stiftung »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« auf: »All dies geschah übrigens in demselben Zeitraum, als in den Nürnberger Prozessen gegen Nazigrößen Todesurteile wegen ebendieser Straftaten, also wegen Deportation, Zwangsarbeit und Vernichtung, ausgesprochen wurden«.

Mit ihrer »Münchner Erklärung gegen jede Form von Antisemitismus« hat die CSU sicherlich einen Schritt in eine richtige Richtung unternommen. Soll er glaubwürdig sein, müssen jedoch noch weitere Schritte der Partei – auch mit Blick auf die eigene Geschichte – folgen. Das Ausbleiben einer Debatte auf dem Parteitag läßt allerdings befürchten, daß es die CSU damit nicht besonders eilig hat.