Armut

So empörend es ist, wenn Menschen in aller Welt, die von sich behaupten, »Menschenrechtsaktivisten« zu sein, der neuen israelischen Regierung »Faschismus« vorwerfen oder, wie jüngst sogar in Tel Aviv, sie mit der SS gleichsetzen, es ist auch irgendwie mitleiderregend: Denn diesen »Israelkritikern« fehlt nicht nur jede Ahnung von der Bedeutung der Begriffe, die sie verwenden, sie nutzen sich ja auch ab.

Es ist keine Neuigkeit mehr, daß in Jerusalem »Faschisten« regieren, die Juden »die Nazis von heute« sind. Werden regierungskritische Proteste in vielen Weltgegenden, um die der zivilisatorische Fortschritt einen Bogen gemacht hat, niedergeknüppelt, mit Wasser oder dem Blut Demonstrierender weggespült, so sie überhaupt stattfinden, verursachen Nazigleichsetzungen in Tel Aviv nicht mehr als Schulterzucken.

Der »Faschismus«, den »Linke« und »Menschenrechts-« oder sogar »Friedensaktivisten« in ihrem Wüten gegen den jüdischen Staat schon seit dessen Wiedergründung bekämpfen, ist bei genauerem Hinsehen dann doch verdammt tolerant. Und das gilt selbst noch für die »rechtsextreme« Koalition, der Premier Benjamin Netanjahu seit wenigen Tagen vorsteht. Wen sie an die SS erinnert, ist vor allem zu bedauern.

Denn gerade weil die »Israelkritik« nie Anstand kannte und Maß, weil sie inflationär mit Superlativen um sich warf, trifft sie heute nichts und niemanden mehr, ihre Begriffe haben dadurch längst jede Bedeutung verloren – und neue, »unverbrauchte« Superlative sind rar: Was könnte nach dem gleichwohl antisemitischen SS-Vorwurf denn noch kommen? Die Schmutzkübel der Verleumder sind leer.