Demokratische Selbstverständlichkeit

In Tel Aviv haben am Wochenende viele Menschen gegen Benjamin Netanjahu protestiert, den amtierenden und – womöglich – nächsten Ministerpräsidenten Israels, dem die Demonstrierenden vorwarfen, das demokratische System ihres Staates zu gefährden. Derzeit bemühen der einstige Oppositionsführer Benny Gantz und der Likud-Politiker sich um die Bildung einer »Einheitsregierung«.

Im Zentrum der Verhandlungen der beiden Politiker steht dabei die Forderung Benjamin Netanjahus nach Zusicherungen, trotz des gegen ihn laufenden Verfahrens, in dem ihm Korruption vorgeworfen wird, im Amt bleiben zu können. Um diese Forderung des langjährigen israelischen Premiers drehten sich in der Hauptsache denn auch die Proteste, die deshalb durchaus einige Berechtigung hatten.

Denn in der Tat wäre es kaum zu rechtfertigen ließe Benny Gantz, der zudem einst angetreten war, den amtierenden israelischen Ministerpräsidenten abzulösen, nicht aber ihm zum Amtserhalt zu verhelfen, sich darauf ein, Benjamin Netanjahu eine weitgehende Immunität vor Strafverfolgung zuzusichern. Zur Demokratie gehört der Rechtsstaat, dessen Regeln selbst für Regierungsmitglieder gelten.

Die Möglichkeit, daß Benny Gantz in dieser Frage zu Zugeständnissen bereit sein könnte, ist ein anschaulicher Beleg dafür, wie wichtig gerade in Krisenzeiten ein demokratisches Grundrecht wie die Versammlungsfreiheit ist. Damit, daß seine Regierung den Protest zuließ, zeigte indes auch Benjamin Netanjahu, daß er zumindest kein ausgemachter Feind des demokratischen Systems Israels ist.