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Wäre Yair Netanjahu nicht vor allem der Sohn des israelischen Premiers, er und seine häufigen verbalen Ausrutscher würden – verdient – erst ignoriert und dann hoffentlich bald vergessen, statt Schlagzeilen zu machen. Nun hat er der Europäischen Union Heuchelei vorgeworfen und ihr einen baldigen Untergang prophezeit, nach dem »Europa wieder frei« sein werde, »demokratisch und christlich«.

Anlaß der jüngsten Angriffe Yair Netanjahus auf die EU war ein Tweet ihrer Vertreter in Israel, mit dem sie über ihre Teilnahme an einer »palästinensisch«-israelischen Gedenkveranstaltung berichtete, in deren Rahmen die Eltern getöteter »Palästinenser« und Eltern getöteter israelischer Bürger gemeinsam an die »Opfer des Konflikts« erinnerten, eine Veranstaltung, die durchaus kritikwürdig ist.

Und auch die Teilnahme von EU-Vertretern an einem solchen Event – in diesem Jahr im Internet abhalten – verdiente in vielerlei Hinsicht Kritik. Immerhin ist Brüssel und sind zahlreiche Mitgliedsstaaten der EU als größte Unterstützer des Regimes in Ramallah oder etwa der UNRWA mitverantwortlich für jenen Terror, dessen Opfer sie im Rahmen dieses »Gedenkens« vorgaben zu betrauern.

Europa deshalb jedoch eine Re-Christianisierung zu wünschen, diese mit Begriffen wie Freiheit und Demokratie in Zusammenhang zu bringen, verrät neben fehlender Kinderstube eine gehörige Ahnungslosigkeit über das, wofür Christentum in Europa eben auch steht: den barbarischen deutschen Antisemitismus, der in der Auslöschung beinahe des gesamten europäischen Judentums gipfelte.

Und das ist dann eine Vorstellung, neben der die existierende Europäische Union, so beklagenswert ihre Verfassung und so verheerend ihr Einfluß nicht zuletzt im »palästinensisch«-israelischen Konflikt auch sein mögen, das doch etwas zivilisiertere Übel sein dürfte. Yair Netanjahu täte die eine oder andere Denkpause gut, dann könnte ihm aus richtigem Anlaß noch die richtige Kritik gelingen.