Während politisch eine Einheitsregierung unter Premier Benjamin Netanjahu eine ausgemachte Sache scheint, haben vor dem Obersten Gerichtshof in der israelischen Hauptstadt Jerusalem auf zwei Tage angesetzte Anhörungen zu der Frage begonnen, ob ein Politiker, gegen den bereits ein Strafverfahren läuft, überhaupt vom Parlament, der Knesset, zum Regierungschef gewählt werden kann.
Man möchte nicht unbedingt mit den Richtern tauschen: Es liegt an ihnen, darüber zu entscheiden, ob die bisher dritte vorgezogene Parlamentswahl innerhalb von nur zwölf Monaten die vorerst letzte in Israel war, ob die Bemühungen des amtierenden Premierministers Benjamin Netanjahu und seines Herausforderers Benny Gantz, sich irgendwie zu verständigen, letztlich doch umsonst waren.
Einerseits wiegen die Korruptionsvorwürfe gegen den Amtsinhaber schwer. Sollten sie sich bestätigen, wäre Benjamin Netanjahu als Premier wohl kaum mehr zu halten. Andererseits muß aber die Unschuldsvermutung auch für den Likud-Politiker gelten. Benjamin Netanjahu ist noch nicht schuldig gesprochen. Zudem haben die gegen ihn vorgetragenen Vorwürfe seiner Beliebtheit nicht geschadet.
Der Souverän, in dessen Namen der Oberste Gerichtshof demnächst seine Entscheidung verkünden wird, scheint sein Urteil längst gefällt zu haben, ebenso die Koalitionspartner und insbesondere Benny Gantz, der angetreten war, Benjamin Netanjahu abzulösen, ihm aber nun zu einer neuen Amtszeit verhelfen will: Wer könnte da gegen diese doch recht eindeutige Willensbekundung entscheiden?