Rückkehr einer Krise

Nachdem ihr eine Mehrheit in der Knesset nicht mehr sicher ist, strebt die israelische Regierung die Auflösung des Parlaments in Jerusalem und damit vorgezogene Neuwahlen noch in diesem Jahr an. Die politische Krise, von der die letzten Jahre mit von Premierminister Benjamin Netanjahu geführten Regierungen geprägt waren, ist mit einer weiteren schneller als erwartet endenden Legislaturperiode wieder da.

Werden die 120 Abgeordneten des israelischen Parlaments in der Theorie für eine Zeit von vier Jahren gewählt, müssen sich die Parteien in Israel nun wohl auf Neuwahlen im Oktober vorbereiten. Fand die letzte Parlamentswahl am 23. März 2021 statt, dürfte die 24. Knesset in der nächsten Woche nach nichtmal eineinhalb Jahren ihre Auflösung beschließen. Immerhin dafür scheint eine Mehrheit sicher.

Nachdem vor wenigen Tagen die weitere Verlängerung der Geltungsdauer eines Gesetzes, nach dem das israelische Zivilrecht auch für »Siedler« in den Außenposten Anwendung findet, gescheitert war und seither weitere Abgeordnete ankündigten, nicht mehr im Sinne der gegenwärtig von Ministerpräsident Naftali Bennett geführten Regierung votieren zu wollen, ist der Wunsch nach Neuwahlen nachvollziehbar.

Dem Regierungsbündnis in Jerusalem gehören (noch) acht Parteien an, die mit 61 Sitzen im Parlament von Anfang an über eine denkbar knappe Mehrheit verfügten. Jeder Abgeordnete, der – aus welchen Gründen auch immer – »seiner« Regierung die Stimme verweigert, konnte damit eine Koalitions- und Regierungskrise auslösen. Vielleicht ist es daher bemerkenswert, daß das Bündnis immerhin über ein Jahr hielt.

Letztlich scheiterte die amtierende Regierung freilich nicht wirklich an der Uneinigkeit in den »eigenen« Reihen, sondern an einer Opposition, die in einer wichtigen Abstimmung ausdrücklich gegen die eigenen politischen Überzeugungen stimmte. Das Gesetz, das nun Ende Juni ausläuft, wurde zuvor alle fünf Jahre von einer Mehrheit der Abgeordneten der Knesset als eine Selbstverständlichkeit verlängert.

Zuletzt entschied sich die von Benjamin Netanjahu geführte konservative Opposition aber dagegen, um Premier Naftali Bennet vorzuführen. Daß sie damit riskierte, ausgerechnet die »Siedler«, als deren Vertretung sie sich fühlt, in weitreichende rechtliche Unsicherheiten zu stürzen, sollten die nicht vergessen – falls sie im Oktober überhaupt noch als Wähler an dem bevorstehenden Urnengang teilnehmen dürfen.