Antisemitische Normalität

Jüdisches Leben in Europa gerät zunehmend unter Druck. Trauriger Alltag sind für viele Juden Anfeindungen und Ausgrenzung durch »Mitbürger«, aber auch staatlich institutionalisierter Antisemitismus nimmt zu in Europa. So gilt seit Anfang September beispielsweise in Teilen Belgiens ein Verbot des betäubungslosen Schlachtens von Tieren, das etwa Menachem Margolin deutlich kritisiert.

Von dem Verbot, so der Vorsitzende des Europäischen Jüdischen Kongresses, gehe die verheerende Botschaft aus, »daß die jüdische Gemeinschaft nicht wirklich willkommen ist«. Das Argument, das Verbot sei im Interesse des Tierschutzes, läßt Menachem Margolin nicht gelten. Bei der weiterhin als »Sport« anerkannten Jagd, würden jährlich mehr Tiere sterben als durch das rituelle Schächten.

»Einige Länder in Europa geben ihren jeweiligen jüdischen Gemeinden, ob mit Absicht oder nicht, das Gefühl, daß sie in ihrem eigenen Land nicht willkommen seien, als wären sie Bürger zweiter Klasse, als hätten sie weniger Rechte als andere Bürger«. Das sei »in der Tat eine Tragödie«. Auch in Deutschland feiert eine Partei, die sich für ein striktes Verbot des Schächtens einsetzt, Erfolge.

Bei den Landtagswahlen in Sachsen wurde die Alternative für Deutschland (AfD) am 1. September von mehr als einem Viertel der Wahlberechtigten den anderen Parteien vorgezogen. Und sie wählten die Partei gewiß nicht trotz, sondern auch weil sie »am generellen Verbot von Schächtungen« festzuhalten und »keine Ausnahmegenehmigungen [..] aus religiösen Gründen« zu wollen versprach.

Gleichzeitig setzte sich die AfD in Sachsen offensiv »für ein Verbot der religiösen Beschneidung an Minderjährigen ein«, ein Erfolgsrezept, das in wenigen Wochen der Partei in Thüringen Erfolge bescheren soll. Auch dort will die Partei laut Wahlprogramm »die Duldung der Verstümmelung von Neugeborenen aus religiösen Gründen oder das qualvolle Schächten von Tieren« alsbald beenden.

Die Bundestagsfraktion der AfD hält sich mit Beatrix von Storch eine »Berichterstatterin für Antisemitismus«, die einmal beschrieb, wie sich ihre Partei bemühe, »jüdisches Leben [..] zu verteidigen«: »Wenn bei uns antisemitische Äußerungen getätigt werden, dann folgen Parteiausschlussverfahren«. Man darf gespannt sein, wann die AfD sich von ihren Verbänden in Sachsen und Thüringen trennt.