Fragwürdiges Bündnis

Nachdem er vor nicht ganz zwei Wochen von Präsident Reuven Rivlin beauftragt worden war, eine neue israelische Regierung zu bilden, versprach Benny Gantz, der als Spitzenkandidat des Parteienbündnisses Blue and White zur Parlamentswahl Anfang März angetreten war, Amtsinhaber Benjamin Netanjahu abzulösen, er werde bereits binnen weniger Tage sein Kabinett vorstellen können.

Und tatsächlich steht nun fest, wer Israels neuer Ministerpräsident sein wird. Er heißt nicht Benny Gantz, sondern Benjamin Netanjahu. Dafür allerdings hat Benny Gantz gesorgt: Er sagte dem Amtsinhaber seine Unterstützung bei der Bildung einer »Einheitsregierung« zu, der er als Außenminister angehören wird, und ließ sich auch von Likud-Abgeordneten zum neuen Knesset-Sprecher wählen.

In 18 Monaten will Benjamin Netanjahu den Posten als Regierungschef aufgeben und Platz machen für Benny Gantz, der dann freilich ohne die Unterstützung durch Blue and White auskommen muß. Das Parteienbündnis nämlich zerbrach als Folge der Einigung zwischen Benjamin Netanjahu und Benny Gantz: Israel hat einen neuen alten Premier, die (bisherige) Opposition ist zerstrittener als zuvor.

Vielleicht braucht Israel in diesen Tagen wirklich nichts dringender als eine handlungsfähige »Einheitsregierung« mit breiter Parlamentsmehrheit hinter sich. Benny Gantz’ Entscheidung für das Bündnis mit Benjamin Netanjahu, der immerhin unter Korruptionsverdacht steht, und einem Likud, der in den letzten Tagen durch ein eher seltsames Demokratieverständnis auffiel, ist dennoch fragwürdig.