Sündenbock

Nach der für viele offenbar völlig überraschenden (Wieder-)Ausrufung des »Islamischen Kalifats Afghanistan« am Wochenende konnte in Deutschland wenigstens die Suche nach einem Sündenbock bereits abgeschlossen werden: Als »einer der schlechtesten Außenminister, die Deutschland je hatte«, haben Heiko Maas und sein Ministerium »die Lage wirklich falsch eingeschätzt«, heißt es aus der CDU.

So gering freilich die Neigung, dem Urteil zu widersprechen, so groß die Abneigung, ausgerechnet diesem Gericht zuzustimmen. Der sozialdemokratische Politiker Heiko Maas übernahm das Auswärtige Amt im März 2018 von seinem Vorgänger Sigmar Gabriel. Schon damals analysierte die Neue Zürcher Zeitung, »Maas fallen hohe Ämter zu, ohne dass er sich besonders verdient gemacht hätte«.

Andrea Nahles, die damalige Fraktionschefin der SPD im Bundestag, habe ihn für das Amt »vor allem« deshalb vorgeschlagen, weil er »ein Mann« sei, »der ihr voraussichtlich nicht in die Quere« kommen werde. Zum Außenminister ernannt hat ihn aber schließlich Bundeskanzlerin Angela Merkel, die seinerzeit zugleich noch als CDU-Vorsitzende im Amt war und Heiko Maas bis heute gewähren läßt.

Weder sie noch die Unionsfraktion im Deutschen Bundestag noch die CDU als Partei nahmen am Minister oder der Arbeit seines Auswärtigen Amts Anstoß, wenn diese (immer wieder) international Schlagzeilen machten. Zeigen nun also ausgerechnet Unionspolitiker, teils sogar Kabinettskollegen, mit dem Finger auf Heiko Maas, ist das durchaus einigermaßen bigott. Seine ist auch ihre Verantwortung.