Bundespräsidiale Gefühle

Das deutsche Staatsoberhaupt Frank-Walter Steinmeier hat am Freitag mit scheinbetroffener Miene seinen »Landsleuten« mitgeteilt, wie sie sich zu fühlen hätten: »Uns allen ist das Herz schwer in diesen Tagen«. Es sei nämlich »furchtbar, was die Menschen« in der Ukraine »jetzt durchleben« müßten, da der russische Präsident Wladimir Putin »das Blut jenes Volkes, das er eben noch Brudervolk nannte«, vergieße.

Wladimir Putin, so der Bundespräsident, sei verantwortlich für »Tod und Verwundung, Zerstörung, Vertreibung, vieltausendfaches Leid – ganz in unserer Nähe«. Daher würden »wir«, die lieben »Landsleute«, gegenwärtig »mit unseren Gefühlen und Gedanken bei den Menschen in der Ukraine« sein, »die Opfer dieses Krieges« seien. »Dieses Unrecht« aber werde »nicht ohne deutliche Antwort bleiben«.

Nur leider wird von dieser »deutliche[n] Antwort« die Ukraine, werden die Menschen, bei denen er eben »Gefühle und Gedanken« seiner Landsleute verortete, nicht viel haben. Denn »Deutschland wird seinen Teil dazu beitragen, um Putin von Gewalt gegen unsere Partner im Bündnis abzuschrecken und abzuhalten«. Und »unser Partner im Bündnis« ist die Ukraine leider, leider nicht. Da kann man nichts machen.

Was als empathische Solidaritätserklärung des deutschen Staatsoberhaupts daherkommt, ist tatsächlich eine weitere kaltschnäuzige Verweigerung tatsächlicher Unterstützung. Die Ukraine ist als souveräner Staat vielleicht in ein paar Tagen, womöglich auch nur Stunden Geschichte, ihre Bürger, so nicht geflüchtet oder tot der Willkür von Besatzern und Kollaborateuren ausgesetzt, die sich auf Nazijagd wähnen.

Es wird ihre Opfer aber sicherlich trösten, daß »uns allen« dann »das Herz« gewiß noch ein wenig »schwerer« sein wird ob dessen, was sie durchleben werden müssen. »Unsere Gefühle und Gedanken« immerhin sind ihnen sicher, und geteiltes ist ja bekanntlich nur noch halbes Leid. Wer Freunde hat wie das deutsche Staatsoberhaupt, lebt wahrscheinlich sehr viel besser, setzt sie oder er auf Wladimir Putin.