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Süddeutsche Qualitätspropaganda

Es ist erstaunlich, wie viele Desinformationen sich in einem aus kaum einem Dutzend Sätzen bestehenden Kommentar nicht nur unterbringen, sondern auch noch von einer »Qualitätszeitung« veröffentlichen lassen, wenn es nur darum geht, Israel ins Unrecht zu setzen. Dessen Streitkräfte haben am Freitag bekanntlich unblutig den Versuch der aus rund 40 Booten bestehenden »Global Sumud Flotilla« vereitelt, unkontrolliert nach Gaza zu gelangen.

»Palästinensern« in Gaza dürfte das Ende auch dieses Versuchs Greta Thunbergs, die israelische »Blockade« Gazas auf dem Seeweg zu durchbrechen, reichlich gleichgültig sein. Um so größer ist der Ärger darüber etwa bei Ronen Steinke in der Süddeutschen Zeitung. Immerhin hält er einleitend fest, daß Israel das Recht habe »zu verhindern, dass über das Mittelmeer neue Waffen oder Rüstungsgüter in den Gazastreifen hineingeschmuggelt werden«.

Dann jedoch wird es schnell fragwürdig. »Bei der Durchsuchung« der aufgebrachten Boote, erklärt der Kommentator, habe sich »herausgestellt hat, dass sie tatsächlich keine Waffen an Bord haben, sondern nur: Reis, Konserven, Palästinaflaggen, Greta Thunberg und andere Europäer«. Von Reis und Konserven aber fanden weder israelische Streitkräfte noch die Polizei nach Auskunft ihres Außenministerium keine oder auch nur nennenswerten Spuren.

Freilich, die Boote der »Global Sumud Flotilla« wurden auch mit Lebensmitteln beladen, wie nicht zuletzt die »Aktivisten« selbst erklären und mit Bildern und Videos belegen. Doch 462 Passagiere, die bis zu ihrer Festsetzung teils 4 Wochen unterwegs waren, wollen während dieser Zeit eben auch verpflegt werden. Wer jedenfalls wie der Kommentator behauptet, es seien »Reis« sowie »Konserven« gefunden worden, ist das nach gegenwärtigem Stand reine Spekulation.

Die braucht Ronen Steinke indes, um zur nächsten fragwürdigen Behauptung überzuleiten: Die angeblich gefundenen Hilfsgüter könnte Israel »durch eine unabhängige humanitäre Organisation« nach Gaza bringen und dort verteilen lassen, das sei »völkerrechtlich erlaubt«. »Nur«, fügt er an, »in Wahrheit existiert eine solche unabhängige humanitäre Organisation gar nicht mehr, seit Israel die Verteilung von Nahrung komplett an sich gerissen [!]« habe.

Tatsächlich melden die Vereinten Nationen, daß noch im gesamten Monat September mehrere Organisationen neben der von Jerusalem und Washington unterstützten Gaza Humanitarian Foundation (GHF) Hilfsgüter in Gaza verteilt haben: Der Inhalt von 340 Paletten wurde durch die Global Empowerment Mission (GEM) in dem Gebiet ausgegeben, der von 540 Paletten durch das Internationale Rote Kreuz, jener von 634 durch den UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA).

Hilfsgüter von 3.724 Paletten verteilte UNICEF im gleichen Zeitraum in Gaza, das »Kinderhilfswerk« der Vereinten Nationen, die Ladung von 5.673 Paletten die Organisation World Central Kitchen (WCK), die von immerhin noch 1.245 die WHO, die Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen. Es ist möglich, daß sie alle zwischenzeitlich geräuschlos aus Gaza abgezogen sind, wahrscheinlicher, daß der Kommentator Fakten unterschlägt, so sie ihm nicht passen.

Propaganda

Mit einer Karikatur, die Felix Klein, den neuen Beauftragten der deutschen Regierung zur Bekämpfung des Antisemitismus, »an die unerträglichen Zeichnungen der nationalsozialistischen Propaganda« erinnerte, schaffte es die Süddeutsche Zeitung für einige Aufregung zu sorgen. Schon vor ihrer Veröffentlichung in der Redaktion umstritten, war die Zeichnung am Dienstag dennoch erschienen.

Beschämend fiel die erste Reaktion der Tageszeitung aus München auf Proteste aus, der nicht erst seit gestern ein gespanntes Verhältnis zum Judentum und Israel vorgeworfen wird: Chefredakteur Wolfgang Krach räumte ein, die Zeichnung könne möglicherweise antisemitisch aufgefaßt werden. Inzwischen beendete die Zeitung die Zusammenarbeit mit ihrem Karikaturisten Dieter Hanitzsch.

Der hatte bis zuletzt den Charakter seiner Zeichnung bestritten und wurde in dieser Ansicht etwa von Wolfgang Benz unterstützt, einem ehemaligen Antisemitismusforscher, der in der Zeichnung ebenfalls keinen Antisemitismus entdecken wollte, sondern eine unfreundliche Darstellung des israelischen Premiers Benjamin Netanjahu. Dieter Hanitzsch freilich ist ein Wiederholungstäter.

Schon 2010 zeichnete er für eine Karikatur verantwortlich, die nur schwerlich noch als Kritik israelischer Politik durchgehen kann. Diese Zeichnung, mit der er andeutete, der durch seine Flagge repräsentierte Staat Israel allein sei verantwortlich für Unfrieden und Krieg, zeigte er unwidersprochen als Stammgast und -zeichner der Sendung Sonntags-Stammtisch des Bayerischen Rundfunks.

Mit seiner jüngsten Karikatur zeigt Dieter Hanitzsch, wie verbreitet und zugleich tief verwurzelt antisemitische Vorstellungen in der »eingeborenen« deutschen Bevölkerung sind. Antisemitismus ist eben keineswegs ein allein auf Migration zurückzuführendes Phänomen, als das es einige Rechtsparteien so gern darstellen, um damit letztlich Ressentiments gegen Zuwanderer zu schüren.