Hinhaltetaktik

Der Oberste Gerichtshof in Jerusalem hat einen Antrag der israelischen Regierung zurückgewiesen, die Verlegung der illegalen Siedlung Khan al-Ahmar aufzuschieben. Die Regierung in Jerusalem hatte in ihrem Antrag um einen weiteren viermonatigen Aufschub gebeten, um ihre Pläne zur Umsetzung der Räumungsentscheidung für die Beduinen-Siedlung zu vollenden, die freilich bereits aus dem Jahr 2018 stammt.

Damals hatte der Oberste Gerichtshof Jerusalem letztinstanzlich zur Evakuierung Khan al-Ahmars aufgefordert. Seither haben mehrere israelische Regierungen die Umsetzung des höchstrichterlichen Auftrags immer wieder aufgeschoben. In dem »Dorf« in den umstrittenen Gebieten lebten damals etwa 180 Beduinen in unmittelbarer Nähe einer Schnellstraße unter Bedingungen, die seither nicht zumutbarer geworden sind.

In dem Streit um Khan al-Ahmar sind freilich auch das Regime in Ramallah sowie die Europäische Union verwickelt, durch deren Einmischung eine Lösung auch und gerade im Sinn der Bewohner der Siedlung bisher ver- oder zumindest behindert wurde. Jerusalem bietet ihnen ein in der Nähe gelegenes und durch öffentliche Infrastruktur erschlossenes Ausweichquartier, das einen weit höheren Lebensstandard ermöglicht.

Und erst vor wenigen Tagen verirrten sich erneut leider nicht wenige Vertreter europäischer Staaten nach Khan al-Ahmar, um mit ihrem »Solidaritätsbesuch« deutlich zu machen, daß ihnen die elenden Lebensumstände der Menschen in Khan al-Ahmar in der Tat völlig gleichgültig sind. Die könnten nämlich längst umgezogen sein. Ramallah und Brüssel ist es wichtiger, die israelische Autorität im C-Gebiet zu untergraben.

Es ist gerade deshalb traurig, daß Jerusalem es bisher noch nicht geschafft haben will, seine Vorbereitungen zur Umsiedlung Khan al-Ahmars abzuschließen. Wird Jerusalem auch aus Europa gegenwärtig immer wieder eine Abkehr von rechtsstaatlichen Prinzipien vorgeworfen, könnte die dortige Regierung mit einer alsbaldigen Verlegung Khan al-Ahmars demonstrieren, wie bedeutsam ihr die israelische Justiz ist.