Schlagwort: Albrecht Schröter

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Als Albrecht Schröter noch Oberbürgermeister der Stadt Jena war, kannte sein politisches Engagement kaum Grenzen. Mit den Geschäften der Stadt nicht ausgelastet, wollte der protestantische Sozialdemokrat durch einen Boykott jüdischer Waren aus den umstrittenen Gebieten den »palästinensisch«-israelischen Konflikt lösen. Kritikern daran hielt er entgegen, »ich habe Freunde in Israel«.

»Die völkerrechtswidrigen Siedlungen sind ein Hindernis für den Frieden«, rechtfertigte er seine Unterschrift unter einen antisemitischen Boykottaufruf der katholischen Bewegung pax christi und setzte »palästinensischen« Terrorismus gegen Israel – zusammen mit anderen besonders hellen Köpfen aus Thüringen – auch mal munter gleich mit dem Bau von Unterkünften (auch) für Juden.

»Deshalb stehen Gewalt – wie der Beschuss israelischer Siedlungen – als auch der Verstoß gegen internationales Recht – wie die Errichtung illegaler Siedlungen – dem Frieden und einer Zwei-Staaten-Lösung entgegen.«

Die Islamisten der Hamas, die den jüdischen Staat immer wieder mit Raketen attackieren, fand Albrecht Schröter gleichzeitig seltsamerweise vermutlich etwas sympathischer: Gegen sie jedenfalls wollte er keinen Boykott verhängen, sondern sogar einmal mit einem von ihnen in Bad Boll konferieren. »Ich bin hier, um mit dem Schiff Bad Boll die Denkblockade nach Gaza zu durchbrechen.«

Mit seinem Engagement verdiente der Denkblokadebrecher, der verlangte, Deutschland müsse »aus seiner vornehmen Zurückhaltung gegenüber Israel als Besatzerstaat heraustreten«, sich zwar nicht den »Stern von Jerusalem«, einen Orden des Regimes in Ramallah, aber immerhin schließlich den so wohlwollenden wie bloßstellenden Applaus der in der NPD organisierten lokalen Nazis:

»Mit einem Schmunzeln nahmen die Anwesenden die Kritik an Oberbürgermeister Albrecht Schröter zur Kenntnis, die dieser sich durch seine Unterstützung des Boykott-Aufrufes der Organisation ›pax christi‹ einhandelte – kann dieser doch damit am eigenen Leib einmal deutlich erfahren, was es bedeutet, von der Antisemitismus-Keule getroffen zu werden.«

Heute ist Albrecht Schröter nicht mehr OB und dort angekommen, wo nichts mehr hilft: »Wie kann der Einfluss der Israellobby gestoppt werden?« überschrieb er einen »Gastbeitrag« für das Portal Der Semit, in dem er »Freundinnen und Freunde« über Hintergründe seiner Kündigung als Geschäftsführer einer Stiftung »informiert«: »Ich denke, jeder von Euch weiß, wer hier die Feder geführt hat.«

Voller Einsatz

Beim Thema Antisemitismus geben sich die größeren deutschen Parteien gern entschlossen. Im vergangenen September etwa teilte die SPD mit, die »Bekämpfung des Antisemitismus« bleibe eine – oder: die? – »zentrale Aufgabe« und sicherte »jüdischen Bürgerinnen und Bürger« ihre »Solidarität« auch im Jahr 5778 zu. Auch die Unionsparteien sind nicht verlegen um entschiedene Worte.

»Der einzige Platz, den Antisemitismus in unserem Land verdient, ist auf dem Schutthaufen der Geschichte«, fiel ihrer Bundestagsfraktion aus Anlaß des Internationalen Holocaust-Gedenktags ein, der in Deutschland freilich als »Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus« begangen wird. Wird es jedoch konkret, versagen die wohl auch zukünftigen Regierungsparteien kläglich.

Schon seit Jahren beispielsweise betätigt sich der von der SPD gestellte Oberbürgermeister der in Thüringen gelegenen Stadt Jena, der ehemalige Pfarrer Albrecht Schröter, als »Israelkritiker«, der zwar antijüdischen Boykottaufruf der katholischen Organisation pax christi unterstützte, aber ein Gegner der BDS-Bewegung sein will. Vor nicht allzu langer Zeit gab er diesen Satz von sich:

»Aber eins lasse ich mir nicht mehr sagen, ich lasse mich nicht mehr mit dem Argument, wir Deutschen hätten die Klappe zu halten wegen des Holocaust, den Mund verbieten. Das mach ich nicht mehr.«

Am 19. Januar wurde Albrecht Schröter mit 91 Prozent der Stimmen bei einer Wahlkreiskonferenz seiner Partei zum Spitzenkandidaten der SPD für die Oberbürgermeisterwahl in Jena im April nominiert. Wo die SPD wahrlich nicht nur in der Provinz an ihren eigenen Ansprüchen scheitert, schafft es bei den Unionsparteien die amtierende Kanzlerin Angela Merkel, sie und sich zu blamieren.

Mit ihrer »Holocaust-Gesetzgebung« löste die nationalistische Regierung in Warschau jüngst eine neue Welle antisemitischer Vorfälle in Polen aus, wie die Wissenschafterin Aleksandra Gliszczynska-Grabias erklärt. Doch was fiel der CDU-Vorsitzenden dazu ein? Sie wolle sich da nicht einmischen, antwortete sie auf eine entsprechende Frage in ihrem Video-Podcast »Die Kanzlerin direkt«.

Während in Polen lebende Überlebende des von Deutschen zu verantwortenden Holocaust Geld- oder Haftstrafen fürchten, berichten sie vom Verhalten ihrer polnischen Nachbarn während der Besetzung des Landes durch die Wehrmacht, läßt die amtierende deutsche Kanzlerin sie wissen, daß sie auf ihre Unterstützung nicht zählen könnten – Angela Merkel beim Beseitigen von Müll.