Schlagwort: Framing

Faule Ausreden

Mit seinen »herzlichen Glückwünschen« zum »Nationalfeiertag der Islamischen Republik«, die er »auch im Namen meiner Landsleute« nach Teheran schickte, stößt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier weiter auf Kritik. Am Montag erklärte Josef Schuster, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, »Routine-Diplomatie« scheine »das kritische Denken verdrängt zu haben«.

Das deutsche Staatsoberhaupt und die Regierung in Berlin zeigen sich zugleich unbeeindruckt von der wachsenden Kritik und verteidigen das Telegramm vom 11. Februar. Während es aus dem Bundespräsidialamt heißt, die Glückwünsche seien »jahrelange Staatspraxis«, sprach Niels Annen, der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, von »diplomatischen Gepflogenheiten«.

Die Bundesregierung versucht derweil, die Affäre zu einem »Mißverständnis« zu erklären. Rainer Breul, ein Sprecher des von Heiko Maas geführten Auswärtigen Amtes, gab vor Journalisten zu Protokoll, »nach unserem Kenntnisstand hat der Präsident keine Glückwünsche zum Jahrestag der Islamischen Revolution übermittelt«, sondern bloß »aus Anlaß des iranischen Nationalfeiertags«.

In der Tat sind beide »Argumente« nicht völlig falsch, überzeugen können sie aber kaum: Tatsächlich schickte Frank-Walter Steinmeier auch 2018 Glückwünsche nach Teheran. Die Tehran Times nennt den Bundespräsidenten am 11. Februar 2018 gleich nach (und in einer Reihe mit) Hamas-Führer Ismael Haniyeh als einen der Gratulanten – zum damaligen »39. Jahrestag der Islamischen Revolution«.

Damit jedoch fällt zugleich die »Argumentation« der Berliner Regierung in sich zusammen. Der 11. Februar ist der »Nationalfeiertag« des Mullah-Regimes. Sein Wesen aber ist es, an die Islamische Revolution zu erinnern, ohne die es ihn schließlich gar nicht geben würde. Glückwünsche zum »Nationalfeiertag« sind daher zwangsläufig solche zum »Erfolg« der Islamischen Revolution.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier selbst soll sich in einem Gespräch mit Josef Schuster damit gerechtfertigt haben, solche Botschaftene »würden tiefergehende und kritische Gesprächskontakte erst möglich machen«. Weshalb es dann aber nach seiner Gratulation im vergangenen Jahr nicht zur Verabredung deutsch-iranischer Konsultationen über Menschenrechte kam, verriet er nicht.

The Art of Framing

Als Framing, heißt es beim Nachschlagewerk Wikipedia, wird der »Prozess einer Einbettung von (politischen) Ereignissen und Themen in Deutungsraster« bezeichnet. »Komplexe Informationen werden dadurch selektiert und strukturiert aufbereitet, sodass eine bestimmte Problemdefinition, Ursachenzuschreibung, moralische Bewertung und/oder Handlungsempfehlung [..] betont wird.«

Zu Framing, das weniger freundlich gewiß auch Manipulation genannt werden kann, greifen deutsche Medien und ihre Zulieferer mit unschöner Regelmäßigkeit, wird ihnen bewußt, daß Israel, der Staat der Juden, sieben Jahrzehnte nach seiner (Wieder-)Gründung 1948 noch immer keine Anstalten macht, sich in absehbarer Zeit seinen darob freilich immer wütenderen Feinden zu ergeben.

Und so ist denn auf der Website eines einstigen Nachrichtenmagazins eine redaktionell bearbeitete Meldung der dpa zu lesen, in der von »Palästinensern« die Rede ist, die »ein Recht auf Rückkehr in ihre frühere Heimat oder die ihrer Eltern und Großeltern« fordern: »Sie beziehen sich dabei auf die Flucht und Vertreibung Hunderttausender Menschen im Zuge der israelischen Staatsgründung«.

»Im Zuge der israelischen Staatsgründung« – hier wurde so sehr »selektiert« und »strukturiert aufbereitet«, daß praktisch gar kein Kontext mehr vorhanden ist. Der arabische Antisemitismus, der in den 1940ern nicht zufällig das Bündnis mit den Deutschen suchte, die Weigerung arabischer Staaten, dem Teilungsplan der UNO zuzustimmen und ihr Überfall auf Israel werden weggefram(e)t.

Die (Wieder-)Gründung Israels soll so zur Ursache von Leid verklärt, Israel diskreditiert werden. Zu »Flucht und Vertreibung Hunderttausender Menschen« kam es danach nicht als Folge der als Vernichtungsfeldzug geplanten arabischen Aggression, sondern »im Zuge der israelischen Staatsgründung«. Der jüdische Staat wird als auf Unrecht gründend diffamiert. Das ist – Antisemitismus.