Kollektiventgleisung

In dieser Woche haben sich die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten der EU zum Europäischen Rat getroffen, um ich in diesem Rahmen auch »über die Entwicklung im Nahen Osten [zu] unterhalten«, wie der deutsche Kanzler Olaf Scholz im Anschluß in einer Pressekonferenz berichtete. Herausgekommen ist dabei ein Abschlußdokument, das da, wo es nicht peinlich ist, eine indiskutable Verneigung vor den Feinden Israels darstellt.

Wird in der deutschen Version der »Schlussfolgerungen« Reem Alsalem zu einem »Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen« erklärt, wird das die jordanische »Spezialistin für Menschenrechte« sicher verschmerzen können. Auf sie im gleichen Atemzug wie auf Pramila Patten zu »verweisen«, stellt freilich schon eine dreiste Gleichstellung von Belegen für systematische sexualisierte Gewalt mit bloß angeblichen einzelnen Übergriffen dar.

Doch selbst das wirkt noch harmlos ob der folgenden Kollektiventgleisung: »Der Europäische Rat betont, dass die Dienste, die das UNRWA im Gazastreifen und in der gesamten Region bereitstellt, unerlässlich sind«. Vorwürfe, Mitarbeiter des UN-»Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten« seien am Pogrom vom 7. Oktober 2023 beteiligt gewesen, sind bisher nicht ausgeräumt, weitere Kritikpunkte sind ebenfalls längst nicht widerlegt.

Zivilisatorische Grundwerte, die die Europas sein sollten, vor allem aber die Opfer von Antisemitismus, Islamismus und Terrorismus verhöhnt, wer einer Organisation, von der bekannt ist, daß in ihren Einrichtungen »seit Jahren blinder Hass und die Vernichtung der Juden propagiert« werden, zu bescheinigen, sie sei »unerlässlich«. Es überrascht vor diesem Hintergrund kaum, daß auch dieses Gremium der Hamas in Rafah einen sicheren Rückzugsraum wünscht.

Es gibt innerhalb der Europäischen Union Bestrebungen, als weitere Verneigung vor der Hamas das Assoziationsabkommen EU-Israel einseitig aufzukündigen. Die Regierung in Jerusalem sollte nicht abwarten, bis sich die offen israelfeindlichen Regierungen durchsetzen können, sondern ihnen zuvorkommen. Ein Europa mit einem Europäischen Rat an seiner Spitze, der Antisemitismus und Haß auf Israel legitimiert und verbreitet, braucht niemand.