Schlagwort: UNRWA

Anspruch und Wirklichkeit

Während die deutsche Sozialdemokratie noch damit beschäftigt ist, das Ende ihrer Mitgliederbefragung zum Koalitionsvertrag mit den Unionsparteien abzuwarten, hat der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz die aus seiner Partei stammenden Kandidaten für sein Kabinett vorgestellt, sollte er vom Bundestag zum Kanzler gewählt werden. Im Auswärtige Amt soll danach Johann Wadephul Annalena Baerbock beerben.

Hat die selbsterklärte Repräsentantin einer »feministischen Außenpolitik« viel dafür getan, die bilateralen Beziehungen zu Israel, dem jüdischen Staat, nachhaltig zu ruinieren, und mit einigem Erfolg versucht, dessen Erzfeind, die Islamische Republik Iran, vor möglicherweise tatsächlich wirksamen europäischen Sanktionen zu bewahren, stand Johann Wadephul – in der Opposition – für eine anders ausgerichtete Außenpolitik.

So verlangte Johann Wadephul, »dass die Bundesregierung ihre finanzielle Unterstützung für UNRWA komplett suspendiert und die Mittelzuflüsse umgehend stoppt«, nachdem einmal mehr die engen Bande zwischen dem »Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten« und der Hamas aufgeflogen waren, während die Amtsinhaberin Berlins Ruf als größter Geber der Organisation verteidigte.

Hätte Annalena Baerbock nach wiederholter eigener Auskunft eine europäische Ächtung der iranischen Pasdaran (IRGC) zwar durchaus begrüßt, verweigerte sich ihr Auswärtiges Amt tatsächlich unter Berufung auf ein als Verschlußsache behandeltes Rechtsgutachten entsprechenden Bemühungen. Ausgerechnet die taz deckte allerdings auf, daß das Geheimgutachten die Darstellung des Außenamts keineswegs stützt.

»Warum«, fragte Johann Wadephul Ende 2022 im Bundestag, gibt es in der EU »keine vollständige Sanktionierung der Garden? Warum ist es immer noch möglich, dass die Kinder der Mitglieder der Revolutionsgarden in Eliteschulen in Europa zur Schule gehen [..] und diese Schicht ein Leben in Saus und Braus führt?« Im Koalitionsvertrag heißt es nun, »wir [..] setzen uns weiterhin entschieden dafür ein, die Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste zu setzen«.

Und auch zur Frage der Finanzierung der berüchtigten UNRWA durch Berlin kündigt das Papier eine Fortsetzung der bisherigen Politik an. Von einem Ende der deutschen Unterstützung des »Hilfswerks« ist dort jedenfalls nichts zu lesen, allein deren Umfang wird von nicht näher beschriebenen »Reformen« abhängig gemacht. Johann Wadephul wird sich anstrengen müssen, unter diesen Voraussetzungen seine Glaubwürdigkeit zu bewahren.

Rechtsstaat

Mitarbeiter der UNRWA, des berüchtigten »Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge«, waren aktiv am Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 beteiligt. Beschäftigte des von Philippe Lazzarini geleiteten »Hilfswerks« hielten während des bösartigsten antisemitischen Pogroms seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nach Gaza verschleppte jüdische Geiseln der islamistischen Terrororganisation gefangen.

Im Libanon führte ein als »Schuldirektor« und »Lehrer« von der UNRWA bezahlter »palästinensischer« Terrorist die dortige Hamas. Doch es sind nicht bloß Beschäftigte des nach Auskunft des ehemaligen deutschen Ministers Dirk Niebel »mit den islamistischen Mördern unauflöslich verbunden[en]« angeblichen »Hilfswerks«, die die UNRWA zu einem Arm der Hamas machen. Bereits ihr Mandat ist durch und durch israelfeindlich.

Das »Hilfswerk«, das nach eigenen Angaben allein in Gaza 30.000 »Palästinenser« beschäftigt – die UNHCR, die in mehr als 130 Ländern tätige Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen hat 18.000 Mitarbeiter -, propagiert und steht für ein »Recht auf Rückkehr«, das Israels Existenz als jüdischer Staat unmittelbar bedroht, seine »Schulen« sind bekannt als Kaderschmieden des Antisemitismus und der Glorifizierung antijüdischen Terrors.

Doch trotz – oder wegen – all der Verbrechen, in die ihre Beschäftigten und die UNRWA als Organisation verwickelt sind, glaubten die Vereinten Nationen bisher, die Organisation und die, die sie bezahlt, seien vor Strafverfolgung geschützt. Die Regierung unter Präsident Joe Biden teilte diese Ansicht, die alle Opfer islamistisch-»palästinensischen« Terrors und das Recht an sich verhöhnt. Jetzt hat das US-Justizministerium diese Bewertung geändert.

In einem von der NGO UN Watch veröffentlichten Schreiben an ein Gericht in New York, das eine Klage Angehöriger von Opfern des bestialischen Überfalls der Hamas auf den jüdischen Staat verhandelt, stellen die Juristen des Department of Justice (DOJ) fest, daß die UNRWA und keine Immunität vor Strafverfolgung genießt und damit weder ihre Führung noch ihre »gewöhnlichen« Mitarbeiter vor einer Verurteilung sicher sind.

Das US-Justizministerium stellt mit dieser Stellungnahme das Recht wieder vom Kopf auf die Füße und stellt Verkommenheit und Hybris einer Weltorganisation bloß, die sich über dem Recht stehend wähnt. Gut möglich, daß Philippe Lazzarini sich bald nicht mehr nach New York traut. Der Blick wäre freilich auch auf die Entscheidungsträger zu werfen, die das Friedenshindernis UNRWA durch immer neue Millionenzuwendungen legitimieren und finanzieren.

Großzügigkeit und Transparenz

Das Transparenzportal des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) soll nach eigenen Angaben darüber informieren, »in welche Projekte« das noch von der Sozialdemokratin Svenja Schulze geführte Ministerium, »in welchem Umfang investiert und welche Ziele diese verfolgen«. Diese Transparenz soll es ermöglichen, »politische Entscheidungen nach[zu]vollziehen«.

Laut Transparenzportal lief bereits vor einem Jahr eine Fördermaßnahme mit dem Titel »UNRWA Rehabilitierung von Wohnraum in Gaza« aus. Sie hatte nach den Angaben ein Finanzierungsvolumen von 11 Millionen Euro. Am 31. Januar 2024 stellte der Unions-Abgeordnete Wolfgang Stefinger im Bundestag der Regierung in Berlin einige Fragen. Darin ging es etwa darum, weshalb das Vorhaben nicht evaluiert wurde bzw. werde.

Gleichzeitig wollte der Volksvertreter wissen, »mit welchen konkreten Maßnahmen« das federführende BMZ habe sicherstellen können, daß die zu diesem Zeitpunkt »bereits zu 100 Prozent« ausgezahlten Mittel »nicht direkt oder indirekt an die Hamas oder andere terroristische Organisationen gelangten«. So richtig mit der doch so wichtigen Transparenz hatte es in seiner Erwiderung Staatssekretär Niels Annen nicht.

Demnächst ein Koalitionspartner von Wolfgang Stefinger, verwies der Sozialdemokrat auf »mehrstufige Kontrollsysteme«, die eine »Mittelfehlverwendung zugunsten der Hamas oder anderer militanter Gruppierungen« ausschließen würden. Und eine »Evaluierung von Vorhaben«, erklärte er, werde »erst nach Projektende vorgenommen«. Sie blieb freilich bis heute aus. Dafür aber floß noch einmal Geld: Der Auszahlungsfortschritt stieg bis Mai 2024 auf »200 %«.

Koalition des Versagens

Nachdem die Unionsparteien und die deutsche Sozialdemokratie sich in ihrem Koalitionsvertrag zu der deutschen Unterstützung der berüchtigten UNRWA bekennen und ankündigen, lediglich deren »Umfang« von freilich nicht näher beschriebenen »Reformen« abhängig machen zu wollen, übt nun Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Kritik an diesem Vorhaben der wahrscheinlich künftigen deutschen Regierung.

Gegenüber der Tageszeitung Die Welt erklärte er, das »Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten« dürfe »in seiner derzeitigen Form keine Zukunft haben«, und betonte, es sei »fahrlässig« zu riskieren, daß »deutsche Steuergelder in Strukturen versickern, die am Ende bei islamistischen Terroristen enden könnten«. Zugleich äußerte Josef Schuster Zweifel daran, daß das »Hilfswerk« überhaupt reformierbar sei.

Es ist in der Tat skandalös und ein Affront gegenüber Jerusalem, daß auch eine von Friedrich Merz geführte Koalition der UNRWA die Treue halten will. Denn selbst wer die UNRWA für eine nützliche Einrichtung hält, kommt an der Tatsache nicht vorbei, daß Israel das »Hilfswerk« auf seinem Gebiet illegalisiert hat und jede Zusammenarbeit mit ihm ablehnt – und ohne Koordination mit Jerusalem ist es nach eigener Auskunft arbeitsunfähig.

Zwar scheint die israelische Regierung das »Hilfswerk« noch zu dulden, das aber kann sich jederzeit (und sollte sich schnellstmöglich) ändern. Als größter Geber dieser Organisation ist es deshalb wohl sogar mehr als »nur« fahrlässig, sich durch neue Zusagen weiter an sie zu binden. Wer sich der Erkenntnis verweigert, daß das »Hilfswerk« Teil des Problems ist und nicht von dessen Lösung, negiert jedes Bekenntnis zur deutschen »Staatsräson«.

Unerschütterlicher Antisemitismus

Die Europäische Kommission hat am Montag weitere finanzielle Unterstützung für die »Palästinenser« angekündigt. Von dem Paket, das einen Umfang von 1,6 Milliarden Euro hat, sollen vor allem das PLO-Regime in Ramallah, aber mit 82 Millionen jährlich auch die UNRWA profitieren, deren »entscheidende Rolle sowohl als humanitärer als auch als entwicklungspolitischer Akteur« damit anerkannt und weiter gestärkt werden soll.

Wie Kaja Kallas, die Hohe Außenbeauftragte der EU und Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, erklärte, bringt ihr Europa mit dem auf drei Jahre angelegten Hilfsprogramm seine »unerschütterliche Unterstützung« für das »palästinensische Volk« zum Ausdruck. Und, muß ergänzt werden, für antisemitischen Terrorismus, denn daß insbesondere die UNRWA »komplett von der Hamas durchseucht« ist, ist selbst in Brüssel bekannt.

Mindestens so »unerschütterlich« wie ihre Solidarität mit barbarischen Babyschlächtern und Vergewaltigern ist die Bereitschaft der EUropäer, sich von der »Palästinenserführung« um »Präsident« Abu Mazen belügen und betrügen zu lassen. Denn ihre neuesten Geldzusagen knüpfen unmittelbar an ein Unterstützungspaket an, durch das den »Palästinensern« bereits im vergangenen Jahr mindestens 400 Millionen Euro überlassen wurden.

Und so wie diese Finanztransfers von »Reformfortschritten« abhängig gemacht wurden, sollen auch die jetzt zugesagten 1,6 Milliarden Euro an den Fortgang von »Reformen« gebunden werden. Das Geld ist im vergangenen Jahr in Ramallah angekommen, die zugesagten Veränderungen etwa in Lehrplänen und Lehrbüchern für den Unterricht an »palästinensischen« und UNRWA-Schulen aber blieben aus. Antisemitische und terroristische Gewalt gegen Juden glorifizierende Inhalte gehören weiter fest zum »palästinensischen« Curriculum.

Wollte sie, könnte die Europäische Union gewiß einen Beitrag zum Ende des »palästinensisch«-israelischen Konflikts leisten. Mit haltlosen Vorwürfen, die darauf abzielen, den jüdischen Staat und dessen Kampf gegen die Hamas und zur Befreiung jüdischer Geiseln aus ihrer Gewalt zu diskreditieren, tut sie das ganz sicher so wenig wie mit Milliardeninvestitionen in Antisemitismus und Millionen, von denen absehbar Terroristen profitieren.

Affront

In den vergangenen Tagen haben CDU, CSU und die SPD sich auf einen Koalitionsvertrag verständigt, der die Grundlage bilden soll auch für außenpolitische Entscheidungen der künftigen Regierung in Berlin. Bemühte sich die Regierung unter Kanzler Olaf Scholz, das deutsch-israelische Verhältnis möglichst nachhaltig zu ruinieren, deutet auch im neuen Koalitionsvertrag nichts auf eine nennenswerte Kursänderung hin.

Zwar ist es gelungen, offen antiisraelische Aussagen, die von den Unterhändlern der SPD vorgelegt worden waren, abzuschwächen oder ganz zu streichen. Gleichwohl wollen die Koalitionäre sich weder von der illusionären »Zwei-Staaten-Lösung« verabschieden – allerdings soll diese immerhin eine »verhandelte« sein, womit Berlin sich der jüngsten französischen Initiative verweigern müßte – noch die berüchtigte UNRWA auflösen.

Dabei hatte Michael Brand, der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Menschenrechte und humanitäre Hilfe derUnionsfraktion, Anfang 2024 erklärt, »nicht erst seit dem barbarischen Massaker vom 7. Oktober« sei bekannt, »dass in Schulen und Einrichtungen der UN-Organisation in Gaza seit Jahren blinder Hass und die Vernichtung der Juden propagiert« werde, und verlangt, humanitäre Hilfe »mit moderaten arabischen Partnern neu [zu] organisieren«.

Nun, da das Auswärtige Amt von der Union übernommen werden soll, ist von einer Neuorganisation der Hilfen für »Palästinenser« ohne das »Hilfswerk«, das »sich antiisraelisch und antisemitisch« zeigt und das »eng mit der palästinensischen Terrororganisation Hamas verstrickt« ist, nicht mehr die Rede: »Den Umfang unserer zukünftigen Unterstützung des VN-Hilfswerks UNRWA machen wir von umfassenden Reformen abhängig«.

Die UNRWA soll also im Grundsatz auch weiterhin von und aus Deutschland finanziert werden, allein um die Höhe künftiger deutscher Zuwendungen geht es noch. Dieser Koalitionsvertrag legitimiert wissentlich und willentlich eine Organisation, die »schon Kinder [..] einer Gehirnwäsche« unterzieht, »damit sie Juden hassen lernen oder gar töten«. Die »deutsche Staatsräson«, die auch dieses Papier zitiert, war, ist und bleibt eine hohle Phrase.

Eigentor

António Guterres, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, während eines Pressetermins einmal mehr sein gestörtes Verhältnis zur Wahrheit unter Beweis gestellt. Trotz wiederholter gegenteiliger Beteuerungen aus Jerusalem wie auch aus Washington meinte der portugiesische Diplomat, erklären zu dürfen, die gewaltsame Vertreibung von »Palästinensern« verstoße gegen Völkerrecht. »Palästinenser« müßten »das Recht [haben], in Palästina zu leben«.

Es ist noch keinen ganzen Monat her, da hatte US-Präsident Donald J. Trump unzweideutig erklärt, »niemand vertreibt irgendwelche Palästinenser«, und erst ein paar Tage, daß Israel die Einrichtung einer Behörde verkündete, die »Palästinenser« unterstützen soll, die Gaza auf eigenen Wunsch verlassen wollen. »Vertreibungen« aus Gaza sind ein Hirngespinst, ein »Verbrechen«, das es nicht gibt und das daher auch keiner »Kritik« bedarf.

Dennoch sind die Ausführungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, »Palästinenser« hätten »das Recht, in Palästina zu leben, in einem palästinensischen Staat, Seite an Seite mit Israel«, auch recht bemerkenswert: Denn nimmt man António Guterres beim Wort, hat er damit das bisher von seiner Organisation und insbesondere durch ihre berüchtigte UNRWA vertretene und propagierte »Recht auf Rückkehr« für »Palästinenser« beerdigt.

Etwa 8 von 10 »Palästinensern« in Gaza sind nach den Statuten des »Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten« dort nämlich nicht heimisch, sondern werden bloß »betreut«, um dereinst »zurückkehren« zu können – nach Israel, das ihre Vorfahren nach dem arabischen Überfall auf den eben wiedergegründeten jüdischen Staat verlassen haben oder mußten; manch »Flüchtling« ist das auch durch Heirat geworden.

Die »UNRWA« hat nach eigener Auskunft »kein Mandat dafür, nach dauerhaften Lösungen wie die [sic!] Integration in Aufnahmegemeinschaften [..] zu suchen«. Sie hat lediglich die Aufgabe, »Palästina-Flüchtlinge« zu betreuen, bis die ihr angebliches »Recht auf Rückkehr« ausüben (können). Damit freilich sind es die Vereinten Nationen selbst, die die allermeisten »Palästinenser« in Gaza zu zumindest potentiell »Ausreisepflichtigen« erklären.

Wenn aber nun Gaza das Zuhause auch und gerade dieser »Palästinenser« sein soll, aus der sie eben deshalb nicht vertrieben werden dürften, wäre es nur angemessen, António Guterres ergriffe die Initiative und sorgte dafür, daß die UN-Vollversammlung das »Recht auf Rückkehr« für »Palästina-Flüchtlinge« abschafft, das nämlich auch Maßnahmen verhindert, diese etwa in Gaza dauerhaft anzusiedeln, dort überhaupt erst heimisch werden zu lassen.

Alter Wein in alten Schläuchen

In einem Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen, das in dieser Woche veröffentlicht wurde, stellte Dirk Niebel, von 2009 bis 2013 deutscher Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, der berüchtigten UNRWA rückblickend ein beeindruckend schlechtes Zeugnis aus: Das »Palästinenserhilfswerk«, erklärte er, sei »mit den islamistischen Mördern« der Hamas »unauflöslich verbunden« und »teilweise personenidentisch«.

Und dennoch war Deutschland in den vergangenen Jahren einer der größten, teils sogar größter Geber des »Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten«.Versucht Dirk Niebel auch sein Versagen damit zu rechtfertigen, daß man seinerzeit ja nicht hätte ahnen können, wie tief die Bande zwischen Hamas und UNRWA tatsächlich seien, taugt spätestens seit diesem Interview Ahnungslosigkeit nicht mehr als Entschuldigung.

Politiker die heute der UNRWA Millionen zukommen lassen wollen, müssen wissen, daß sie damit auch die Hamas unterstützen. Das gilt erst recht, wenn sie wie Johann Wadephul und Florian Hahn selbst eine Einstellung der deutschen Finanzierung des Terroristen-Hilfswerks gefordert haben. Und dennoch findet sich im von den beiden Unionspolitikern mitverhandelten Vorschlag für einen Koalitionsvertrag keine entsprechende Formulierung.

Statt jede Zusammenarbeit UNRWA kategorisch auszuschließen, findet sich im Papier der Arbeitsgruppe 12 der blau gekennzeichnete und in Klammern gesetzte Satz: »Ohne umfassende Reform wird Deutschland die UNRWA nicht weiter finanzieren«, der damit den Unionsparteien zuzuordnen ist. Für die SPD stand derweil Svenja Schulze der Arbeitsgruppe vor, die offenbar keinerlei Änderungsbedarf bei der deutschen Haltung zur UNRWA sieht.

Angesichts dessen, was alles über das unheilvolle Wirken des UN-»Hilfswerks« bekannt ist, fällt es schwer zu sagen, welche Position skandalöser ist. Die SPD, die sich einmal stolz zu ihren auch jüdischen Wurzeln bekannte, tut so, als sei am und seit dem 7. Oktober 2023 nichts geschehen, was Zweifel an dem »Hilfswerk« wecken könnte, die Union hingegen weiß darum, beschränkt sich aber auf die Forderung nach »umfassenden Reformen«.

Darauf freilich hatten sich die Unionsparteien und die SPD übrigens bereits in ihrem Koalitionsvertrag vom 12. März 2018 einmal verständigt: »Wir werden in der EU eine Initiative sowohl zur ausreichenden und nachhaltigen Finanzierung als auch der Reform des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) ergreifen«. Was danach geschah, auch wegen der UNRWA geschehen konnte, ist bekannt.

Einsicht

Von 2005 bis 2009 Generalsekretär der FDP, wechselte Dirk Niebel anschließend als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in das zweite von Angela Merkel als Kanzlerin geleitete Kabinett und blieb bis Dezember 2013 in dem Amt. Während seiner Zeit als Minister schaffte der liberale Politiker es, sich den Respekt des SPIEGEL zu erwerben, weil er sich durchaus häufiger »mit Israel« anlegte.

Kurz nach Amtsantritt hatte das Wochenblatt Dirk Niebel vieldeutig nachgesagt, er »bringe noch eine ganz persönliche Agenda mit, die nicht nur mit entwicklungspolitischen Zielen zu tun hat: Der Liberale hat ein Jahr in einem Kibbuz in Israel verbracht«. Spätestens im Juni 2010, da hatte der Minister »die israelische Regierung [angegriffen]«, »weil sie ihm die Einreise in den Gaza-Streifen verweigert[e]«, wurde er rehabilitiert.

Jetzt, mehr als ein Jahrzehnt später, hat sich Dirk Niebel erneut zu Wort gemeldet. Im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen räumt er auch eigene Irrtümer bei der Bewertung der berüchtigten UNRWA in Gaza ein und kritisiert die geschäftsführende deutsche Außenministerin Annalena Baerbock wegen ihrer ungbrochenen Unterstützung des »Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten« deutlich.

»Uns war schon klar, dass die UNRWA in Gaza auch mit der Hamas kommunizieren muss«, gibt er zu Protokoll, »doch dass sie mit den islamistischen Mördern unauflöslich verbunden ist, dass sie teilweise personenidentisch ist, das hätten wir niemals gedacht.« Spätestens seit dem 7. Oktober 2023 gebe es jedoch »unzählige Beweise«, die diese Verstrickungen belegen. Das Festhalten Berlins an der UNRWA sei daher nicht zu rechtfertigen.

Eine mögliche Erklärung dafür sieht Dirk Niebel freilich im geplanten Karrieresprung Annalena Baerbocks zu den Vereinten Nationen. Die Außenministerin habe »ja presseöffentlich erklärt, eher würde sie zurücktreten, als die Mittel für die UNRWA einzustellen. Vielleicht geschah das damals schon in dem Wissen, dass sie künftig die Generalversammlung der Vereinten Nationen als Präsidentin leiten soll?« Das allerdings wäre »schäbig«. In der Tat.

Verhandlungssache

In der vergangenen Woche haben in Berlin Koalitionsverhandlungen zwischen den Unionsparteien und der SPD begonnen. In 16 Arbeitsgruppen sollen sich dabei insgesamt 256 Politiker bis Ostern auf einen Koalitionsvertrag einigen. In einer Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Johann Wadephul (CDU), Florian Hahn (CSU) und Svenja Schulze (SPD) soll über die Außenpolitik der künftigen deutschen Regierung beraten werden.

Ein wichtiges Thema sollte bei den Gesprächen auch die Haltung Berlins zur berüchtigten UNRWA sein. Gegenwärtig ist Deutschland größter Geber des »Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten«. Wegen ihrer engen Verbindungen zur Hamas, die nicht erst seit dem 7. Oktober 2023 ein offenes Geheimnis sind, hat Israel die UNRWA auf seinem Territorium verboten und arbeitet nicht mehr mit ihr zusammen.

Emily Damari, die am 19. Januar nach 471 Tagen in der Gewalt ihrer islamistischen Entführer freigekommen war, berichtete nach ihrer Rückkehr, sie sei von der Hamas in Einrichtungen der UNRWA festgehalten und gequält worden. Angehörige anderer jüdischer Geiseln erklärten, selbst »Lehrer« des »Hilfswerks« seien an dem barbarischen Überfall auf Israel beteiligt gewesen oder hätten Geiseln danach in Gaza gefangengehalten.

Doch für Philippe Lazzarini, den Chef dieses ganz maßgeblich von Deutschland finanzierten »Hilfswerks«, sind selbst diese Zeugenaussagen lediglich Teil einer »massiven Desinformationkampagne«, wie er erst in der vergangenen Woche wieder einmal vor Medienvertretern auf erschreckende Weise demonstrierte. In seiner Stellungnahme kam die Hamas nicht vor, von Empathie mit Opfern Beschäftigter seines »Hilfswerks« ganz zu schweigen.

Ist die amtierende Regierung in Berlin außenpolitisch völlig damit ausgelastet, Jerusalem öffentlich anzugreifen und ins Unrecht zu setzen, scheint leider auch von ihren angehenden Nachfolgern keine wesentliche Änderung zu erwarten. Vor der Bundestagswahl jedenfalls war ein freilich längst überfälliges Ende der deutschen Finanzierung für die UNRWA weder für die Unionsparteien ein Thema noch für die deutsche Sozialdemokratie.

Die Sozialdemokratin Svenja Schulze ist als amtierende Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mitverantwortlich für die fortgesetzten deutschen Finanzflüsse an das »Hilfswerk«. Johann Wadephul und Florian Hahn haben sich zwar in der Vergangenheit für ein Ende der deutschen Finanzierung der UNRWA ausgesprochen, auf entsprechende parlamentarische Initiativen jedoch verzichteten sie.

So ist nicht auszuschließen, daß die UNRWA demnächst »blinde[n] Hass und die Vernichtung der Juden propagier[en]« oder ihr Chef ehemalige Geiseln der Hamas zumindest indirekt der Lüge bezichtigen wird, ohne dafür mit Zuwendungen aus Deutschland rechnen zu können. Wahrscheinlich ist das aber nicht. Jürgen Hardt nämlich, der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, meinte kurz vor der Wahl, die UNRWA werde »weiter gebraucht«.