Schlagwort: Deutsche Welle

Qualitätsmedium

Es ist kein Geheimnis mehr, daß die Deutsche Welle ein Problem hat mit antisemitischen Einstellungen ihrer Beschäftigten, die sich auch auf deren Arbeit auswirken. Während man sich bei dem deutschen Staatssender deshalb zumindest problembewußt gibt, machen weitere Sender, die mit ihr zum Verbund der ARD gehören, routiniert da weiter, wo die Deutsche Welle Verbesserungsversuche gelobte.

Der Kölner Deutschlandfunk etwa läßt in seinen »Nachrichten« am Sonntag verlesen, »in der Jerusalemer Altstadt« hätten »israelische Sicherheitskräfte einen neunzehnjährigen Palästinenser erschossen«: »Nach den Angaben der Polizei hatte der Mann die Sicherheitskräfte mit einem Messer angegriffen. Sie eröffneten das Feuer und trafen den Palästinenser tödlich. Zwei Polizisten wurden verletzt.«

Während anderswo in der Reihenfolge der Ereignisse berichtet wird, läßt der Sender aus Köln seine »Nachricht« mit einer Andeutung des auslösenden Geschehens enden, die freilich so formuliert ist, daß Spekulationen möglich werden: Wurden beide Sicherheitskräfte durch den »Palästinenser« verletzt oder durch »friendly fire«? Eine Frage, die bei seriöserer redaktioneller Arbeit nicht gestellt werden müßte.

Doch wenn die von Ressentiments geprägt wird, werden eben erst ein »Palästinenser« durch »israelische Sicherheitskräfte erschossen« und im Anschluß daran »zwei Polizisten [..] verletzt«. Leider kann dem Deutschlandfunk nicht vorgeworfen werden, seine Arbeit werde von Moskau finanziert. Eine allein der Wahrheit verpflichtete Europäische Kommission hätte längst für einen Lizenzentzug gesorgt.

Kölner Wahrnehmungsstörung

Wie sehr sich die Schilderungen des gleichen Sachverhalts doch unterscheiden können: Nachrichtet der Deutschlandfunk, »ein Gutachten entlastet die arabische Redaktion der Deutschen Welle vom Vorwurf des strukturellen Antisemitismus«, ist bei der FAZ von einem »gravierenden Befund« zu lesen: »Der Sender hat ein Problem«. Denn das Gutachten bestätige Vorwürfe und gehe »noch darüber hinaus«.

Erweckt man bei dem Kölner Sender den Eindruck, die Deutsche Welle sei von allen Vorwürfen, die im vergangenen Herbst die Süddeutsche Zeitung und das Online-Medium Vice und in der Folge etwa auch Die Welt gegen den aus dem Haushalt des Bundeskanzleramts finanzierten deutschen Auslandssender erhoben hatten, freigesprochen, räumt selbst dessen Führung Fehler und Handlungsbedarf ein.

So veröffentlichte der Sender, der im übrigen wie der Deutschlandfunk zur ARD gehört, einen »10-Punkte-Maßnahmenplan«, während die mit der Untersuchung beauftragten Experten einen »Neuanfang« jedenfalls »in der arabischen Redaktion« der Deutschen Welle empfehlen und die Berufung eines Wertebeauftragten, der die Arbeit des Senders eine stetigen Evaluierung unterziehen soll, anregen.

Auch im Deutschen Bundestag sollen die Vorwürfe gegen den Sender noch einmal thematisiert werden, die von antisemitischen Äußerungen einzelner Mitarbeiter bis hin zur Zusammenarbeit mit arabischen Medien reichen, deren Programme von Antisemitismus geprägt seien. Dabei könnte auch gleich der Versuch des DLF debattiert werden, immerhin »berechtigte Antisemitismusvorwürfe« zu verharmlosen.

Sender Zeesen

Die Deutsche Welle hat am Sonntag mitgeteilt, ihre Zusammenarbeit »mit ihrem jordanischen Medienpartner Roya TV« auszusetzen. »Anlass ist das Bekanntwerden [!] von antiisraelischen und antisemitischen Kommentaren und Karikaturen in den Sozialen Medien«, heißt es in einer Stellungnahme des Senders, der sich »die Förderung einer friedlichen, stabilen Weltgemeinschaft« zum Ziel gesetzt hat.

Damit hat sich über das Wochenende der Antisemitismusskandal um den maßgeblich aus dem Budget des Bundeskanzleramts finanzierten deutschen Auslandssender noch einmal zugespitzt, nachdem bereits in der vergangenen Woche die Süddeutsche Zeitung unter der Überschrift »Ein Sender schaut weg« schwere Vorwürfe gegen zahlreiche arabische Mitarbeiter der Deutschen Welle erhoben hatte.

Ein Trainer der DW-Akademie soll danach etwa den Holocaust öffentlich als »Lüge« bezeichnet, ein Redakteur des Senders sich damit gebrüstet haben, »ein Gespräch in einem Café mit einer Dame abgebrochen zu haben, als er von ihrem jüdischen Glauben erfuhr«. Der für Beirut zuständige Korrespondent des Senders soll offen mit der islamistischen Terrororganisation Hisbollah sympathisiert haben.

Dazu beschreibt die Zeitung ein Klima der Angst, das in dem Sender herrsche, vor allem in dessen arabischer Redaktion. »Kollegen, die Missstände intern angesprochen haben oder in den vergangenen Jahren mit anderen Medien geredet hätten [..] seien als Querulanten gebrandmarkt und geschnitten worden, sagen sie.« Ihren Vorwürfen sei derweil die DW-Führung günstigenfalls halbherzig nachgegangen.

In dieses Bild paßt denn auch dem Umgang des Senders mit Roya TV. Noch am Freitag ließen die »Vertriebs- und Programmverantwortlichen« der Deutschen Welle der Plattform Vice erklären, sie hielten ihren jordanischen Kooperationspartner, den DW-Intendant Peter Limbourg im Mai 2020 mit dem »Freedom of Speech Award« seines Senders ausgezeichnet hatte, »definitiv nicht für israelfeindlich«.

»Israelische Staatsbürger, die bei Raketenangriffen der Terrororganisation Hamas sterben, nennt Roya auf Instagram ›Siedler der israelischen Besatzung‹, ihr Tod wird dadurch indirekt legitimiert. Opfer auf palästinensischer Seite hingegen werden als ›Märtyrer‹ bezeichnet. Die israelische Armee, die Israel Defense Force, nennt man bei Roya TV nur ›Israel Occupation Force‹. Auf Instagram teilt Roya TV mehrmals antisemitische Karikaturen von Landkarten, auf denen Israel ausgelöscht ist.«

Ist es nur eine »unglückliche« Formulierung, daß der Deutschen Welle nach eigener Auskunft nur »das Bekanntwerden von antiisraelischen und antisemitischen Kommentaren und Karikaturen« peinlich ist, nicht diese aber selbst? Bei der Antwort mag ein Blick auf die DW-Website helfen: Dort ist noch immer ein Kommentar zu finden, der Terrorismus als »im Völkerrecht verbriefte[n] Widerstand« legitimiert.

Stimme Deutschlands

Nachdem der Völkische Beobachter, das »Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands«, am 1. September 1939 geklagt hatte, »Polen verweigert Verhandlungen«, meldete es einen Tag später: »Der deutsche Gegenschlag hat eingesetzt«. Glaubt die Lüge vom Verteidigungsfall und vom »Gegenschlag« heute kaum mehr jemand, wird sie in anderer Form doch noch gepflegt.

Bei der Deutschen Welle, dem deutschen Staatsfunk, klingt das beispielsweise so: »Russlands Präsident hat in einem Aufsatz zum 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges die Verantwortung der UdSSR für den Kriegsausbruch relativiert. Historiker und Russland-Experten erkennen darin uralte Lügen.« War 1939 Polen verantwortlich für den Kriegsbeginn, ist es heute also die Sowjetunion.

Für die Deutsche Welle, die aus dem Haushalt des Kanzlerinnenamts in Berlin finanziert wird, trägt ganz offenbar nicht Deutschland die Verantwortung für den Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen, mit dem vor gut acht Jahrzehnten der Zweite Weltkrieg begann, sondern wohl ganz allein die UdSSR. Das heutige Rußland wolle davon nichts wissen, Präsident Wladimir Putin relativiere daher.

In ihrer als »Richtigstellung« camouflierten Propaganda erwähnt die Deutsche Welle Berlins Rolle im Zweiten Weltkrieg allenfalls am Rande. Es gibt nur »die Verantwortung der UdSSR für den Kriegsausbruch«, nicht etwa eine Mitverantwortung, was ebenfalls ein Versuch wäre, Deutschlands Schuld zu leugnen. Der Gegenschlag Deutschlands gegen die Geschichte ist so total wie sein Krieg es war.

Stimme Deutschlands

Am Freitag berichtete das deutsche Boulevardblatt BILD, daß Bernd Erbel, der ehemalige deutsche Botschafter in Teheran, nicht die Führung der gemeinsam von Deutschland, Frankreich und dem Vereinigten Königreich gegründeten Instex übernehmen wird, einer »Tauschbörse«, mit der die E3-Staaten amerikanische Handelssanktionen gegen die Islamische Republik Iran sabotieren wollen.

Nach einer Anfrage von BILD-Journalisten, in der der deutsche Diplomat wohl mit Äußerungen zitiert wurde, die ihn nicht mehr öffentlich vorzeigbar erscheinen lassen – außer, selbstverständlich, in Teheran -, entschied das Auswärtige Amt, Bernd Erbel werde seinen Posten aus »persönlichen Gründen« nicht antreten. Am Tag darauf machte die Deutsche Welle daraus einen interessanten Artikel.

Die aktuelle Version des Beitrags ist freilich eine modifizierte. Zählt die Textverarbeitung in ihr 256 Worte, hatte eine früher publizierte Fassung noch über 470. Rund 45 Prozent des ursprünglichen Texts sind also – im übrigen ohne weitere Begründung – verschwunden. Dabei verrät das, was nicht mehr da ist, wie es in Mitarbeitern des aus dem Budget des Kanzleramts finanzierten Senders tickt.

Vier Absätze lang nämlich übt die Deutsche Welle da eine ganz besondere Quellenkritik. Können ihre Autoren BILD in der Sache keine Fehler, falsche Zitate beispielsweise, nachweisen, versuchen sie, Zweifel an der Integrität der Journalistin Antje Schippmann zu säen, die bei der israelischen Botschaft in Berlin gearbeitet und aktiv gewesen sei für eine »proisraelische Lobby-Organisation«.

Und als krönenden Abschluß ihres Versuchs, BILD und ihre Journalistin zu diskreditieren, zitieren die Deutsche Welle-Autoren auch noch einen Berater eines prominenten amerikanischen demokratischen Politikers, der Aktivisten gegen Antisemitismus einmal vorgeworfen habe, diese betrachteten es als ihre »Hauptaufgabe, die schlimmsten Aspekte muslimischer Gesellschaften herauszustellen«.

Darf man BILD gewiß aus allerlei Gründen nicht mögen, stellt sich die Deutsche Welle, »die mediale Stimme Deutschlands«, mit ihrer »Quellenkritik« und dem Versuch, sie wieder verschwinden zu lassen, ein Armutszeugnis aus. »Stolpert« ein deutscher Diplomat über seine große Nähe zu einem antisemitischen Regime, kann dafür nicht er, sondern nur »die jüdische Lobby« verantwortlich sein.

Hat der deutsche Außenminister Heiko Maas gerade wieder einmal behauptet, »Antisemitismus hat bei uns keinen Platz«, demonstriert die Deutsche Welle, auf die noch am ehesten die Bezeichnung »Staatssender« zutrifft, wie gesellschaftsfähig er in Deutschland tatsächlich ist. Und fällt er auf, versucht selbst die Deutsche Welle, die als Nestbeschmutzer in Mißkredit zu bringen, die ihn thematisieren.

Stimme Deutschlands

In dieser Woche haben die Vereinten Nationen in ihrer Vollversammlung mit allzu großer Mehrheit eine von Algerien, der Türkei und dem »Staat Palästina« eingebrachten Resolutionsentwurf angenommen, der unter der Überschrift »Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung« Israel das Recht streitig machen will, sich nicht zuletzt militärisch gegen terroristische Angriffe zu verteidigen.

Trotzdem also damit einmal mehr deutlich wurde, wie die Sympathien in der Weltgemeinschaft verteilt sind, behauptet Bettina Marx, die es nach einer Karriere bei dem Berliner Staatssender zur Leiterin des in Ramallah betriebenen Büros der Heinrich Böll Stiftung gebracht hat, in einem Kommentar für die Deutsche Welle ernsthaft, »die Palästinenser haben längst jeden Fürsprecher verloren«.

Doch das ist nur die erste von zahlreichen Falschdarstellungen in ihrem Meinungsbeitrag, auch mit dessen Veröffentlichung der Sender offenbar »das Verständnis zwischen den Kulturen und Völkern« fördern will, wie es in seiner Selbstdarstellung heißt. Tatsächlich allerdings wird etwa die kühne These, Terrorismus sei »im Völkerrecht verbriefter Widerstand«, eher das Gegenteil bewirken.

Bettina Marx verschweigt, manipuliert, lügt und hetzt, ihr Antisemitismus ist unübersehbar. Es ist daher richtig, fordert die WerteInitiative, ein Verein jüdischer Deutscher, die Bündnis 90/Die Grünen nahestehende Heinrich Böll Stiftung auf, sich von Bettina Marx zu trennen. Diese Forderung geht indes noch nicht weit genug. Auch für die Deutsche Welle sollte dieser Kommentar Folgen haben.