Schlagwort: Reporter ohne Grenzen

Verächter der Freiheit

Am Montag beteiligten sich zahlreiche Medien in etwa 70 Ländern am von der Lobbyorganisation Reporters sans frontières (RSF) und der »Kampagnenplattform« ausgerufenen »Internationalen Aktionstag für Pressfreiheit in Gaza«. Zeitungen erschienen mit geschwärzten Titeln oder machten mit großformatigen Beiträgen über ein angeblich gezieltes Vorgehen der israelischen Streitkräfte auf »Journalisten« in Gaza auf, Websites widmeten dem Thema breiten Raum.

In Deutschland verdienten sich die taz und die Frankfurter Rundschau eine lobende Erwähnung durch die Tehran Times, aber auch das neue deutschland (nd) und Der Freitag beteiligten sich an dem »Protest«, während in »Israel/Palästina« das Portal +972 Magazine und dessen hebräischer Ableger ihn unterstützten und damit ebenfalls und aus eigenem Antrieb den Anspruch aufgaben, je wieder als auch bloß ansatzweise objektiv wahrgenommen zu werden.

Doch selbst wer diese Art »Aktivismus« als ein grenzüberschreitendes Plädoyer für Pressefreiheit verstehen will, irrt gewaltig. Denn mit ihrer Beteiligung machten sich Dutzende Medien in demokratisch verfaßten Staaten wissentlich und offenbar zugleich willentlich gemein auch und gerade mit Verlautbarungsorganen nicht eben appetitlicher Regimes: Das Lob der islamistischen Blutsäufer in Teheran für den »Internationalen Aktionstag« ist in jeder Hinsicht angemessen.

So ist in der Liste der beteiligten Medien Al Jazeera nicht zu übersehen, ein vom Emirat Katar betriebener Hetzsender, der aus guten Gründen nicht bloß in Israel keine Niederlassung betreiben darf, sondern selbst vom Regime in Ramallah mit Sanktionen belegt wurde. Mitgemacht haben aber auch mehrere Medien etwa aus der Venezuela. Die Reporter ohne Gewissen selbst bescheinigen der bolivarischen Hungerdiktatur die weitgehende Abwesenheit von Pressefreiheit.

Wer allerdings gemeinsame Sache macht mit den medialen Stützen eines Regimes, dem die eigene Lobbyorganisation »eine Rekordzahl von willkürlichen Verhaftungen und Gewalttaten gegenüber Reporter*innen durch Polizei und Geheimdienst« nachsagt, und den Lautsprechern mindestens bedeutsamer staatlicher Sponsoren der Hamas, sollte vorsichtiger sein mit an Israel gerichteten Forderungen nach »Pressfreiheit in Gaza«. Deren Verlogenheit nämlich ist evident.

Nebelmaschine

Die Organisation »Reporter ohne Grenzen (RSF)« prangert in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht eine deutliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für Journalisten in Deutschland im vergangenen Jahr an. Mit »89 Attacken auf Medienschaffende und Medienhäuser«, von denen 75 als »körperliche Gewalttaten« einzustufen seien, beklagt die Organisation mehr als eine Verdoppelung solche Übergriffe im Vergleich zum Vorjahr.

Die meisten Angriffe verzeichnen die »Reporter ohne Grenzen« dabei im Umfeld von »Nahostdemonstrationen in Berlin«, wie es in dem Bericht heißt. Allein »38 Fälle körperlicher Gewalt ereigneten [!] sich« den Angaben zufolge während dieser »Demonstrationen« in der deutschen Hauptstadt, die die RSF auf ihrer Website zumindest ab und an noch weniger vernebelnd als »Pro-Palästina-Demonstrationen« zu bezeichnen wissen.

Auch den »brutalsten Angriff« auf Journalisten in Deutschland im vergangenen Jahr verzeichneten die »Reporter ohne Grenzen« im Anschluß an eine »pro-palästinensische Demonstration«, einen Aufzug in Leipzig, an dem auch die zur antisemitischen Hetzerin heruntergekommene »Klimaaktivistin« Greta Thunberg teilgenommen hatte. Auf »rechtsextremen und verschwörungstheoretischen Versammlungen« zählten die RSF 21 Übergriffe.

Es ist bemerkenswert: Während die von den »Reportern ohne Grenzen« selbst vorgelegten Zahlen belegen, von wem die meisten und die brutalsten Angriffe auf Journalisten und Mitarbeiter von Medien ausgehen, versucht die Organisation noch, diese Tatsache zu verwischen. Da werden aus »pro-palästinensischen« Zusammenrottungen »Nahostdemonstrationen«, nicht »Demonstranten« greifen Reporter an, sondern Übergriffe »ereignen sich«.

Sind die »Reporters sans frontières« gewiß nicht eben ob ihrer Neutralität gegenüber Israel berüchtigt, überraschen diese Versuche, »pro-palästinensische« Gewalt auf deutschen Straßen zu verschleiern, freilich wenig. Am Ende jedoch kann die bemüht wirkende Wortwahl die bezeichnenden Fakten doch nicht verschleiern. Diese blamieren die Vernebelungsversuche erst recht. Die RSF stellen mit ihrem Bericht auch sich selbst bloß.

Hetzer ohne Grenzen

Nach einem »Staatsbegräbnis« am Donnerstag in Ramallah ist die am Mittwoch in Jenin unter umstrittenen Umständen getötete Journalistin Shireen Abu Akleh am Freitag in Jerusalem beigesetzt worden. Erste Untersuchungen des Vorfalls durch die israelischen Streitkräfte konnten die Frage nicht klären, ob die Journalistin durch eine »palästinensische« Kugel getötet wurde oder durch israelisches Feuer.

Das Regime in Ramallah konnte seine Behauptung, für den Tod Shireen Abu Aklehs seien die israelischen Streitkräfte verantwortlich, denn zwischenzeitlich so wenig belegen wie Al Jazeera, der Sender im Besitz des Regimes in Doha, für den die Journalistin tätig war, Beweise für seine Darstellung vorlegte, Shireen Abu Akleh sei Opfer eines »kalblütigen Mordes« durch israelische Schützen geworden.

Während die »Palästinenserführung« um »Präsident« Abu Mazen gemeinsame Untersuchungen des Geschehens ebenso verweigert wie »unabhängige«, die derweil verschiedene Regierungen verlangten, und damit ein nicht eben überbordendes Interesse an der Wahrheit offenbart, lassen auch als einigermaßen »renommiert« geltende Journalistenverbände die Gelegenheit nicht aus, sich bloßzustellen.

Die »Reporter ohne Grenzen« etwa entblöden sich nicht, ohne jeden weiteren Beweis festzustellen, »dass die israelische Armee mutmaßlich palästinensische Berichterstattende ins Visier genommen hat«. Wie entsteht wohl die »Rangliste der Pressefreiheit«, die die Organisation jährlich vorstellt? Wie glaubwürdig ist nach einer solchen Behauptung die Forderung nach einer »unabhängige[n] Untersuchung«?

Die »Reporter ohne Grenzen« sind nur eine von zahlreichen Interessenvertretungen von Journalisten, die sich mit ganz ähnlich klingenden Statements blamieren und bloßstellen. Sie tragen damit nicht nur dazu bei, Antisemitismus zu verbreiten. Vor allem wecken sie so Zweifel an ihrer eigenen Professionalität, auf deren Annahme der besondere Schutz, den Medien in Konflikten beanspruchen, beruht.