Schlagwort: BDS

Gerüchteküche

Woche um Woche behaupten die Macher des SPIEGEL auf dessen dritter Seite, es handele sich bei dem Blatt um »das deutsche Nachrichten-Magazin«. Deutsch ist das Blatt ohne jeden Zweifel, davon allerdings, Nachrichten zu bieten, also »Neuigkeit[en]« mitzuteilen, »die für den Nutzer von Interesse« sind oder es zumindest sein könnten, ist es nicht eben selten doch kilometerweit entfernt.

In seiner neuesten Ausgabe nun sorgt sich »das deutsche Nachrichten-Magazin« auf drei Seiten mit natürlich deutscher Gründlichkeit um die Unabhängigkeit des Deutschen Bundestages. Der hatte im Mai eine von den Fraktionen der Regierungsparteien denen der FDP und Bündnis 90/Die Grünen eingebrachte Resolution angenommen, die die BDS-Bewegung als klar antisemitisch charakterisiert.

Diese Resolution, glauben die gleich sechs Autorinnen und Autoren des Beitrags, sei das Ergebnis mehr oder minder intensiver Lobby-Tätigkeit proisraelischer und jüdischer Kreise, die im Auftrag von und finanziert durch Jerusalem in Deutschland aktiv sind und Parlamentarier beeinflußt hätten, wenn nicht gar unter Druck gesetzt oder gekauft. Zwar hat der SPIEGEL keinerlei Beweise.

Dafür aber gibt es allerlei rhetorische Kniffe, um aus eigentlich völlig normalen Vorgängen in einer Demokratie doch noch eine verdächtige Verschwörung zu konstruieren. Mal ist es ein »auffallend ähnlicher Wortlaut«, mal sind es »Positionen, die denen von Ministerpräsident Netanyahu verblüffend ähnlich sind«, die einen »Verdacht nahe[legen]«. Wer jedoch Belege sucht, sucht vergeblich.

Der SPIEGEL hat mit einigem personellen Aufwand aus faktenfreiem Geraune eine krudeste antisemitische Klischees bedienende Geschichte zusammengerührt, die, ginge es nicht irgendwie um Juden oder Israel, wahrscheinlich kaum die Planungsphase überstanden hätte. In Zeiten, in denen der Haß auf Juden längst wieder salonfähig ist, ist das allerdings nicht einmal mehr besonders originell.

McCarthyismus

Während in Deutschland Kritikern der antisemitischen BDS-Bewegung vorgeworfen wird, sie seien verantwortlich für eine »Neugeburt einer spezifischen Form des McCarthyismus« und ebneten den Weg in eine »illiberale Demokratie«, wird anderswo gefeiert, weil und wie »BDS wirkt«: »Europäische akademische Vereinigung sagt geplante Konferenz in Israel ab«, meldete Haaretz kürzlich.

Danach hat das European Network For Mental Health Service Evaluation (ENMESH), ein 1991 unter der Schirmherrschaft des europäischen Büros der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gegründeter Zusammenschluß von etwa 400 Wissenschaftlern aus ganz Europa, die im Bereich der psychischen Gesundheitsforschung tätig sind, sein für 2021 in Israel geplantes Treffen nicht durchzuführen.

In einer kurzen Mitteilung auf ihrer Website erklärt die Organisation die Absage mit fehlenden Ressourcen für eine öffentliche Diskussion ihrer ursprünglichen Entscheidung für die Zusammenkunft in Israel. Die Wissenschaftler fürchten ausdrücklich den Druck einer von der BDS-Bewegung organisierten Kampagne gegen ihre Konferenz und zogen deshalb vorsorglich ihren Entschluß zurück.

Hier zeigt sich anschaulich, daß das, was die Verteidiger der internationalen Boykott-Bewegung ihren Kritikern unterstellen, tatsächlich von ihr ausgeht. Wissenschaftler fühlen sich und werden eingeschüchtert, ihr Austausch untereinander über Fachthemen be- oder verhindert, während die Kritik an der BDS-Bewegung als Angriff auf Meinungsfreiheit und sogar Demokratie diskreditiert wird.

Und natürlich sind jene, die noch eben meinten, vor einer »spezifischen Form des McCarthyismus« warnen zu müssen, nun stumm. Kein Offener Brief fordert Solidarität mit ENMESH, keine Unterschriftensammlung wird veranstaltet, die Freiheit der Wissenschaft zu verteidigen. BDS wirkt offenbar auch unter den nützlichen Idioten der Bewegung disziplinierend, die ihr Schweigen entlarvt.

Verwandte

Juden sind, Anti- wie Philosemiten werden es kaum glauben können, nur Menschen. Und weil Irren menschlich ist, gibt es auch unter Juden Irre. Manche von ihnen sind auf interessante, liebenswürdige Weise verrückt, andere gefährlich verblendet. Zu letzteren zählen ohne Frage jene Juden, die sich in diesen Tagen in Aufrufen im Namen der Meinungsfreiheit für die BDS-Bewegung einsetzen.

Ihnen stehen in Deutschland Juden gegenüber, die sich politisch in der AfD daheim fühlen oder die »Alternative für Deutschland« genannte Partei als Nichtmitglieder öffentlich unterstützen. Beide Gruppen, die BDS-Anhänger wie die AfD-Fans, eint, daß sie – wenn auch verschiedene Spielarten des – Antisemitismus verharmlosen und damit gleichzeitig salon- und gesellschaftsfähig machen.

Ist es bei den einen der als »Israelkritik« camouflierte Judenhaß, dem ihr Engagement gilt, sind die anderen Wegbereiter eines Antisemitismus, der endlich stolz sein will auf »Leistungen« der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg, der von deutscher Seite als Vernichtungskrieg geführt wurde und den Weg ebnete für den Versuch, das europäische Judentum durch massenhaften Mord auszulöschen.

Räumen die einen antisemitische Tendenzen allenfalls in der BDS-Bewegung ein, die keinesfalls repräsentativ seien, applaudieren die anderen der AfD, die »trotz der mega-dummen rückwärtsgerichteten nationalen Überhöhungen und intolerablen antijüdischen Stereotype einiger ihrer Funktionäre und nicht weniger ihrer Mitglieder« die »einzige wirkliche Oppositionspartei in diesem Lande« sei.

Soll da ein bißchen Antisemitismus geduldet werden, weil sonst Joseph McCarthy in Deutschland wiederauferstehe, muß dort über ihn hinweggesehen werden, um dem »unverantwortlich suizidale[n] Strukturauflösungs-Kurs unseres Rechtstaates« Einhalt zu gebieten. So finden die einen wie die andern sich ab mit Antisemitismus. »This is what we got – mehr haben wir nicht.« Wie peinlich.

Dissident

»Mit der Berliner Mauer«, schrieb Eike Geisel einst, »fiel nicht nur die Begrenzung eines von Deutschen erstmals für die eigene Bevölkerung errichteten Ghettos. Mit jedem Stein, der aus der Mauer gehämmert wurde, fiel den Deutschen vor allem eine Zentnerlast vom Herzen. Denn es verschwand ein markantes Erinnerungszeichen an die selbstverschuldeten Gründe für die Teilung des Landes.«

Drei Jahrzehnte nach der »friedlichen Revolution« in und dem ihr folgenden Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes ist es in Deutschland wieder en vogue, über Antisemitismus als Frage der Meinungsfreiheit zu debattieren und all die, die das widerwärtig finden, als »Sprachpolizei« zu beschimpfen, wie der Blick in die Zeitung für Deutschland vom vergangenen Sonntag zeigt.

An einem Wochenende, an dem rechter Terror Schlagzeilen und Talkshows dominiert, jammert Patrick Bahners, Kulturkorrespondent der FAZ, nicht mehr Herr im Haus zu sein: »Die israelische Regierung und ihre publizistischen Helfer in Deutschland drängen auf ein strafbewehrtes Regime kleinteiliger Sprachregelungen«, mit denen sie »die Zahl der Antisemiten ständig« anwachsen ließen.

Nachdem er wenige Zeilen zuvor für Toleranz für die BDS-Bewegung als »Notbehelf eines Volkes ohne Staat« geworben hat, ist die These durchaus gewagt, schon »ein fehlendes Satzzeichen oder ein falscher Modus kann zum Ausschluss aus dem Diskurs führen«. Tatsächlich indes belegt Patrick Bahners’ Text das Gegenteil: Antisemitismus ist längst daheim in der »Mitte der Gesellschaft«.

Und das kann die FAZ – das A stand freilich nie für überbordenden Antifaschismus – nicht einfach ignorieren. In Zeiten, in denen auch der Zeitung für Deutschland die zahlenden Abonnenten davonlaufen, will der Rest der Leser zielgruppengerecht bedient werden, von den Umtrieben der »israelische[n] Regierung und ihre[r] publizistischen Helfer in Deutschland« lesen, was er immer ahnte.

Peinliches Pamphlet

Im Berliner Tagesspiegel haben am letzten Donnerstag Moshe Zimmermann und Shimon Stein unter der Überschrift »Wer bestimmt, was jüdisch ist?« den Rücktritt Peter Schäfers als Leiter des Jüdischen Museums in Berlin kommentiert. In ihrem Text warnen der Historiker und der Ex-Diplomat vor einer »Gefahr für die Meinungsfreiheit«, die vom Einfluß Jerusalems in Deutschland ausgehe.

Seien in Israel unter der Herrschaft Benjamin Netanjahus politischer Diskurs und Streit längst verstummt, versuche der Premierminister, dem es freilich nach den Knessetwahlen im April nicht gelungen ist, eine regierungsfähige Koalition zu schmieden, nun auch in Deutschland das politische Klima zu vergiften: »Deutsche Politiker wirken eingeschüchtert«, beklagen die beiden Autoren.

Der Wille Benjamin Netanjahus wird danach vom Zentralrat der Juden in Deutschland. Und hinzu komme quasi als philosemitische SA noch die AfD, die Jerusalem zwar schneide, mit demonstrativ proisraelischen Initiativen aber erst recht um dessen Anerkennung buhle. Doch »statt sich zu wundern über die Absurdität dieser AfD-Israel-Liebesbeziehung, lenken Politik und Medien meist ein«.

Mit ihrem »Diskussionsbeitrag« schaffen Moshe Zimmermann und Shimon Stein es mühelos, sich als völlig realitätsferne Alibijuden bei all jenen anzudienen, die schon immer wußten, daß – von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen – alle Juden die Regierung in Jerusalem vertreten, ihre Loyalität erst Israel gilt und, wenn überhaupt, erst dann dem Staat, dessen Bürger sie ihrem Paß nach sind.

Daß den sich als Streiter für Meinungsfreiheit inszenierenden Autoren in ihrer Verteidigung insbesondere der BDS-Bewegung nur der Rückgriff auf antisemitische Klischees einfällt, ist ein bezeichnendes Armutszeugnis. Ihr mit falschen Behauptungen gespickter Text verharmlost Antisemitismus, dämonisiert die demokratische Gesellschaft Israels und beleidigt all jene, die sich für sie einsetzen.

Strategische Partner

Im vergangenen Jahr entschied sich das amerikanische Unternehmen Airbnb, keine Unterkünfte jüdischer Anbieter in den umstrittenen Gebieten mehr vermitteln zu wollen. Der im Frühjahr 2019 freilich wieder aufgehobene antijüdische Boykott ging auf eine Beschwerde Saeb Erekats bei dem Vermittlungsportal zurück, des Generalsekretärs der »palästinensischen« Terrororganisation PLO.

Dennoch traf sich Niels Annen, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, am Sonntag mit dem für seine antisemitischen Lügen nicht eben unbekannten »Funktionär« des Regimes in Ramallah zu treffen und vor einem Porträt des Terroristenführers Yassir Arafat ablichten zu lassen. »Hatte ein gutes Treffen mit Niels Annen«, zwitscherte Saeb Erekat danach, und das dürfte keine Lüge gewesen sein.

Nach mehreren Parlamentsabgeordneten demonstrierten am Sonntag auch Niels Annen und dessen Begleiter, darunter Christian Clages, Heiko Maas’ Statthalter in Ramallah, und Christian Buck, der Weihnachtsmärchenonkel des AA, mit ihrer Visite in Ramallah, daß das politische Deutschland im Nahen Osten auf der falschen Seite steht, fest zu Kräften hält, von denen keinerlei Frieden ausgeht.

Neben Saeb Erekat trafen die Deutschen »Premierminister« Mohammad Shtayeh und Nabil Shaath, einen hochrangigen Berater »Präsident« Abu Mazens, allesamt Repräsentanten eines Regimes, das seinen letzten Cent lieber in antisemitischen Terror inverstieren würde als in zivile Infrastruktur und alles unternimmt, jede nur erdenkliche Friedensinitiative zu sabotieren oder ganz zu verhindern.

Während Christian Buck vom »herrlichen Morgen in Ramallah« schwärmte, feierte »Präsidentensprecher« Nabil Abu Rudeineh Abu Mazen und die PA dafür, den »Deal des Jahrhunderts« des amerikanischen Präsidenten Donald J. Trump zu Fall gebracht zu haben. Zwar mag die Freude darüber verfrüht sein, sie zeigt aber, daß Frieden nicht zu den Prioritäten der »Palästinenserführung« zählt.

Die darf aber weiter mit der »unveränderten Unterstützung Deutschlands« rechnen, wie Niels Annen wiederum via Twitter verkündete. Es ist eine Unterstützung für ein so tyrannisches wie korruptes Regime, dessen feste Basis der Antisemitismus ist. Am Montag wollen die Deutschen in Yad Vashem Trauer um ermordete Juden heucheln. Die Gedenkstättenleitung sollte sie davonjagen.

Entschiedener Auftritt

Zum Wochenbeginn gaben sich mehrere Parlamentarier aus Deutschland in Ramallah die Klinke zu Treffen mit »Premierminister« Mohammad Shtayeh und »Ministern« seiner »Regierung« in die Hand. Ganz offenbar wollen die Abgeordneten sich die sitzungsfreie Zeit des Deutschen Bundestags mit Gedanken über eine Lösung des Konflikts zwischen »Palästinensern« und Israel vertreiben.

Am Dienstag etwa trafen sich der ehemalige deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt, der heute dem Auswärtigen Ausschuß des Parlaments in Berlin angehört, und Christian Clages, der deutsche Repräsentant bei der PA, mit Hanan Ashrawi, die die »Abteilung für Kultur und Information« der PLO leitet, zu Gesprächen im Hauptquartier der »palästinensischen« Terrororganisation.

Hatte sich der Bundestag auf Betreiben der Regierungsfraktionen kürzlich noch darauf verständigt, der BDS-Bewegung »entschlossen entgegentreten« zu wollen, um »Antisemitismus [zu] bekämpfen«, ließen sich die Deutschen bereitwillig gemeinsam mit der für ihre antisemitische Hetze und ihre Unterstützung der BDS-Bewegung berüchtigten Vertreterin des Regimes von Ramallah ablichten.

So führten der Diplomat und der Parlamentarier einmal mehr vor, was deutsche Bekenntnisse zum Kampf gegen Antisemitismus tatsächlich dort wert sind, wo statt wohlfeiler Worte aktives Handeln gefragt ist. Hatte Hanan Ashrawi kurz zuvor noch in Wien auf Einladung dortiger Sozialdemokraten gegen den jüdischen Staat gehetzt, dürfte sie sich durch ihre deutschen Besucher bestätigt fühlen.

Bekennerschreiben

In den vergangenen Tagen sind mehrere von zahlreichen mehr oder minder berüchtigten »Experten« und Wissenschaftlern unterzeichnete Aufrufe erschienen, die den Deutschen Bundestag dafür kritisieren, die BDS-Bewegung als antisemitisch charakterisiert zu haben. Die BDS-Bewegung, glauben die Unterzeichner, sei nicht in ihrer Gesamtheit antisemitisch und werde deshalb grundlos geächtet.

»Angesichts der bundesdeutschen Realität«, argumentiert eine der Stellungnahmen weiter, die etwa Muriel Asseburg, Helga Baumgarten und Gudrun Krämer unterschrieben haben, »wäre eine andere Stoßrichtung zielführender im Kampf gegen Antisemitismus gewesen«. Antisemitische Straftaten gingen bei steigender Tendenz nämlich »ganz überwiegend auf das Konto von Rechtsextremen«.

Ein weiterer Aufruf, ihn haben neben anderen Avraham Burg, Judith Butler und Brian Klug unterzeichnet, behauptet, den deutschen Parlamentariern sei es bei ihrem Beschluß gegen BDS gar nicht um Antisemitismus gegangen, sie seien vielmehr »von den politischen Interessen und der Politik der am stärksten rechtsgerichteten Regierung Israels in der Geschichte des Landes angetrieben«.

Mit ihren »Argumenten« vermögen die »Experten« und Wissenschaftler freilich nur zu belegen, daß auch akademische Karrieren vor Blödheit nicht schützen. Whataboutism (Was ist mit rechtem Antisemitimus?) entlastet die BDS-Bewegung so wenig wie die – wohl zumindest antisemitismusverdächtige – Behauptung, das Parlament in Berlin ließe sich seine Beschlüsse von Jerusalem diktieren.

Tatsächlich taugen die Aufrufe allenfalls dazu, die ganze Zahnlosigkeit des Bundestagsbeschlusses unter Beweis zu stellen. Denn viele derer, die sie unterschrieben haben, sind an Institutionen beschäftigt oder für Projekte tätig, die auch mit deutschen öffentlichen Geldern finanziert werden. Von Sanktionen gegen diese Verharmloser und Leugner des Antisemitismus hörte man (noch) nichts.

Feine Gesellschaft

»Hunderte Menschen« haben am Mittwoch nach »palästinensischen« Angaben in Ramallah gegen eine Resolution des Deutschen Bundestags protestiert, mit der der BDS-Bewegung antisemitische Methoden und Argumentationsmuster bescheinigt worden waren. Die Demonstranten forderten vor der deutschen Vertretung in Ramallah die Regierung in Berlin auf, gegen den Beschluß vorzugehen.

Der Deutsche Bundestag habe sich, erklärte Omar Barghouti, einer der Initiatoren der Bewegung, mit seiner Entscheidung dem Druck einer »zionistischen Lobby« gebeugt, der er vorwarf, für eine zunehmend »faschistische Verhältnisse« in Deutschland verantwortlich zu sein. Er betonte, die BDS-Bewegung genieße die Unterstützung der PLO und »aller Palästinenser«, die für Freiheit kämpften.

Jamal Muheisen, ein ranghohes Mitglied der in Ramallah herrschenden Fatah, erklärte, die BDS-Bewegung könne gar nicht antisemitisch sein, seien doch die »Palästinenser« und »das gesamte arabische Volk« Semiten. Andere Demonstranten, zu sehen sind auf Aufnahmen tatsächlich nahezu ausschließlich Männer, warfen auf Transparenten dem deutschen Parlament vor, über BDS zu lügen.

Was sich da in Ramallah zusammenfand, um mit antisemitischen Parolen die antisemitische BDS-Bewegung zu verteidigen, war jene »palästinensische Zivilgesellschaft«, mit der »NGO« und parteinahe deutsche Stiftungen so gern zusammenarbeiten, da »sie sich für einen friedlichen und gewaltlosen Widerstand entschlossen« hätten, wie Barbara Unmüßig für ihre Heinrich-Böll-Stiftung behauptete.

Gaben Befürworter der am vergangenen Freitag mit großer Mehrheit angenommenen Resolution zu Protokoll, »es muss sichergestellt sein, dass sie ihre Arbeit weiterhin ungehindert ausüben können«, so offenbart der Aufmarsch in Ramallah am Mittwoch, wie sehr dadurch der Beschluß entwertet wurde und wird. Antisemitismus kann man nicht dadurch bekämpfen, daß man ihn gewähren läßt.

Und auch einer Zwei-Staaten-Lösung, die ja das Ziel der deutschen Politik in der Region sein soll, kommt man dadurch keinen Schritt näher: Ein »Palästina«, das auf Antisemitismus aufgebaut wird, wird Israel kein friedlicher Nachbar sein. Bleibt die Bundestagsresolution vom Freitag also tatsächlich für Stiftungen und »NGO« folgenlos, ist sie nichts anderes als wertlos. Ein Täuschungsversuch.

Lippenbekenntnis

Am Freitag haben die Abgeordneten des Deutsche Bundestags mit breiter Mehrheit der weltweit aktiven BDS-Bewegung bescheinigt, sich antisemitischer Argumentationsmuster und Methoden zu bedienen, und ihr daher die Unterstützung zu verweigern. »Es gibt«, erklärten die Abgeordneten, »keine legitime Rechtfertigung für antisemitische Haltungen«, die auch die BDS-Bewegung prägten.

Ein »Meilenstein«, als der die Resolution mancherorts gefeiert wurde, ist sie freilich nicht. Tatsächlich könnte sie als eines von vielen Lippenbekenntnissen der deutschen Politik gegen Antisemitismus bald in Vergessenheit geraten. Mit zahlreichen Einschränkungen nämlich, die sie in schriftlichen Erklärungen zu Protokoll gaben, haben die Abgeordneten ihre eigene Resolution entschärft.

So betonen zahlreiche Volksvertreter, ihr Beschluß dürfe sich nicht auf die ihren Parteien nahestehenden politischen Stiftungen auswirken, die im Nahen Osten tätig sind. »Wir dürfen den Freiraum unserer Stiftungen dabei nicht einschränken«, heißt es etwa in einer Protokollnotiz von Unionsabgeordneten. »Es muss sichergestellt sein, dass sie ihre Arbeit weiterhin ungehindert ausüben können.«

Nachdem diese Stiftungen zuvor unterstrichen hatten, sie könnten, wollten sie in Gaza und den umstrittenen Gebieten tätig sein, gar nicht anders, als mit Kräften zusammenzuarbeiten, die die BDS-Bewegung unterstützen, kommt das Bekenntnis der Abgeordneten zu ihnen einer Absage an ihre Resolution gleich. Sie wollen Antisemitismus offenbar bekämpfen, indem sie ihn gewähren lassen.

Damit allerdings bleibt von der Entschlossenheit des Deutschen Bundestags wenig übrig. »Das entschiedene, unbedingte Nein zum Hass auf Jüdinnen und Juden gleich welcher Staatsangehörigkeit ist Teil der deutschen Staatsräson«, heißt es in der am Freitag beschlossenen Resolution. Doch wenn dieses Nein in Ramallah und Gaza, in Beirut und Amman keine Bedeutung mehr hat, ist es keins.