Schlagwort: E3

Versprechen

Als Rafael Grossi, der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), vor etwa einem halben Jahr wieder einmal von ein Verhandlungen mit dem Regime in Teheran zurückkehrte, hatte er gute Nachrichten zu verkünden: Die Islamische Republik Iran habe einer intensivierten Überwachung durch seine Behörde zugestimmt, stillgelegte Kameras sollten wieder filmen dürfen, mehr Inspekteure ins Land kommen.

Sechs Monate später ist von den Zusagen der Mullahs nur wenig geblieben: »Der Chef der IAEA«, meldet der Deutschlandfunk, »teilte in Wien mit, die Regierung in Teheran verweigere den Zugang zu Aufzeichnungen von Überwachungskameras. [..] Außerdem habe der Iran Inspektoren der Behörde keine Visa ausgestellt, um ins Land einreisen zu können.« Zudem habe Teheran die verbotene Urananreicherung fortgesetzt.

Das islamistische Regime in Teheran kann sich immer wieder über den JCPOA, der geltendes Völkerrecht ist, hinwegsetzen, weil insbesondere seine westlichen Vertragspartner – die anderen, die Volksrepublik China und die Russische Föderation, sind ohnehin mehr oder minder enge Verbündete der Mullahs – sich bereits seit Jahren zuverlässig weigern, gegen iranische Vertrags- und Völkerrechtsverstöße vorzugehen.

Schlimmstenfalls »drohen« die »E3« – Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich – Teheran damit, »über den Umgang mit dieser fortdauernden Eskalation durch Iran [..] weiterhin mit unseren internationalen Partnern [zu] beraten«, wie es in einer Gemeinsamen Erklärung vom vergangenen November heißt. Zumindest Teheran hat die Zeit seither zu nutzen gewußt, wie Rafael Grossi erneut einräumen mußte.

Ausweichmanöver

Mit dem 18. Oktober 2023, in wenigen Wochen also, läuft ein von den Vereinten Nationen verhängtes Verbot aus, das der Islamischen Republik Iran den Kauf und den Verkauf von Komponenten für ballistische Raketen untersagt. Als »Unterstützung« des freilich gescheiterten Joint Comprehensive Plan of Action gedacht, teilt es allerdings das Schicksal des als Resolution 2231 vom UN-Sicherheitsrat geschlossenen Abkommens.

Teheran verfügt dank massiver Verstöße gegen das Verbot über ein ganzes Arsenal ballistischer Raketen, die es auch bereit ist, mit verbündeten Terrororganisationen zu teilen, und spätestens mit Beginn des 19. Oktober dürfte es für das islamistische Regime noch einfacher werden, sein bis dahin illegales Raketenprogramm voranzutreiben und auszubauen und damit völlig offen Träger auch für Atomsprengköpfe zu entwickeln.

Immerhin haben die »E3« – Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich, die drei europäischen Vertragspartner des JCPOA – sich darauf verständigen können, bis zum 18. Oktober geltende Sanktionen gegen das Raketenprogramm des islamistischen Regimes auch über dieses Datum hinaus aufrechterhalten zu wollen. Daß sie mit dem JCPOA allerdings über ein wirksameres Mittel verfügen, ignorieren sie derweil.

Wie so oft drücken die »E3« sich mit diesem Vorgehen vor wirklich konsequenten Entscheidungen, mit dem sie zudem riskieren, sich wegen der Verletzung des JCPOA selbst noch angreifbar zu machen, und ziehen so die für Teheran günstigere Variante einem tatsächlichem Engagement vor: Den »Snap back«-Mechanismus des JCPOA, der mit der Resolution 2231 völkerrechtlich abgesichert wäre, wollen sie auch jetzt nicht nutzen.

Mit dem könnten die »E3« – oder auch nur einer der drei beteiligten Staaten – im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Reaktivierung bisher ausgesetzter internationaler Sanktionen gegen das iranische Kernwaffenprogramm erzwingen, ohne sich dem Vorwurf auszusetzen, damit selbst das Abkommen zu verletzen. Das von den »E3« bevorzugte Vorgehen ist unter diesen Vorzeichen ein weiteres Geschenk Europas an die Mullahs.

Verhängnisvolle Naivität

Die Regierung in Washington hat eingeräumt, im Austausch mit dem Regime in Teheran zu stehen. Bei den Kontakte, die inzwischen auch von der Islamischen Republik Iran bestätigt werden, geht es um eine Wiederbelebung des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) oder ein neues Abkommen über das iranische Atomprogramm. Eine Einigung auf ein »Interimsabkommen« bestreiten beide Seiten derweil.

Waren die Vereinigten Staaten unter Präsident Donald J. Trump mit ihren Versuchen, den bereits damals von Teheran systematisch mißachteten Joint Comprehensive Plan of Action zu reformieren, vor allem am Widerstand ihrer »Verbündeten« gescheitert und in der Folge aus dem gescheiterten Abkommen ausgestiegen, hatte Präsident Joe Biden sich lange offen für eine Rückkehr Washingtons zum JCPOA gezeigt.

Von den zu diesem Zweck von der Europäischen Union vermittelten Gesprächen in der österreichischen Hauptstadt Wien, dem Amtssitz der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), ist freilich seit langem nur noch wenig zu hören. Im August des vergangenen Jahres legte Brüssel seinen »finalen Entwurf« für eine Abschlußerklärung vor, die derweil offenbar weder in Teheran noch in Washington zu überzeugen wußte.

Während das islamistische Regime sein Kernwaffenprogramm unter den Augen der IAEA mal mehr, mal weniger offen vorantreibt, wollen die Europäer ihr Scheitern so wenig eingestehen wie Washington die Vergeblichkeit seiner Kompromißbereitschaft. Teheran steht an der Schwelle zur Atommacht – und niemand, so »Revolutionsführer« Ayatollah Seyed Ali Khamenei, kann das Regime davon abhalten, sie zu überschreiten.

Es ist jedoch nicht bloß vor diesem Hintergrund verantwortungslos, noch immer auf Gespräche mit dem islamistischen Regime zu setzen. Immer mehr Menschen in der Islamischen Republik wagen es, sich dem Regime um Ayatollah Seyed Ali Khamenei und »Präsident« Ebrahim Raisi zu widersetzen, das jeden Protest blutig zu ersäufen sucht. Unter diesen Umständen kommt jeder Verhandlungsversuch ihrer Anerkennung gleich.

Armutszeugnis

Im österreichischen Wien berät in diesen Tagen der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Nachdem erst vor wenigen Tagen ein Bericht der IAEA trotz zurückhaltender Formulierungen nicht darüber hinwegtäuschen konnte, daß die Islamistische Republik ihren Weg zu Atommacht konsequent fortsetzt, dürfte die Befassung mit dem iranischen Kernwaffenprogramm erneut ein wichtiges Thema dabei sein.

Erneut hatte IAEA-Chef Rafael Grossi einräumen müssen, daß das Mullah-Regime frühere Zusagen nicht oder nur teilweise umsetzt: So hat die 2015 von den Vereinten Nationen mit der Überwachung der Umsetzung des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) durch Teheran beauftragte Behörde nach wie vor keinerlei Zugriff auf Daten ihrer Überwachungskameras, sofern die überhaupt noch Aufzeichnungen anfertigen.

Die IAEA ist deshalb in der Tat nicht erst seit gestern blind und kann in der Folge auch nur Vermutungen darüber anstellen, wie weit das Atomprogramm der Mullahs tatsächlich vorangeschritten ist. Daß es Fortschritte macht, steht freilich außer Zweifel, wie Proben von Uran mit einem Reinheitsgrad von bis zu 90 Prozent bereits belegen, selbst wenn die IAEA »Erklärungen« Teherans zu glauben scheint, dazu sei es »zufällig« gekommen.

Inzwischen verfügt das islamistische Regime über weit höhere Uranvorräte als ihm im JCPOA gestattet, und dieses Uran ist deutlich über die 3,67 Prozent angereichert, die das Abkommen gestattet. In den vergangenen drei Monaten hat die Islamische Republik Iran ihre Vorräte von Uran mit einer Reinheit von 60 Prozent um 27 Kilogramm auf 114 Kilogramm erhöht, Bestände, für die es keinerlei zivile Nutzungsmöglichkeiten gibt.

So richtig deshalb die Thematisierung des iranischen Atomprogramms ist, daß sie überhaupt noch nötig ist, ist ein weiteres Armutszeugnis insbesondere für die europäischen Vertragspartner Teherans im JCPOA, die »E3«. Es ist ihre fortgesetzte Weigerung, dem islamistischen Regime auch und gerade mit den Mitteln des Abkommens Grenzen aufzuzeigen, die längst dafür gesorgt hat, daß es die nur noch auf dem Papier gibt.

Klammheimliche Komplizen

Das islamistische Regime in Teheran hat in den vergangenen Monaten und Wochen seine Verstöße gegen den Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) weiter fortgesetzt. Wie die mit der Überwachung des Abkommens durch die Islamische Republik Iran beauftragte Internationale Atomenergiebhörde (IAEA) nach Medienangaben in einem neuen Bericht bestätigt, baut Teheran sein illegales Atomprogramm weiter aus.

Sollte der 2015 vorgestellte Joint Comprehensive Plan of Action, seinerzeit als ein bedeutender Erfolg der internationalen Diplomatie gefeiert, des Gottesstaates zur Atommacht zuverlässig verhindern, kommt das Mullah-Regime im Schutz des JCPOA der Verwirklichung seiner wahren Absichten immer näher, längst gelten die in dem ins Völkerrecht übernommenen Abkommen genannten Grenzwerte nichts mehr.

Wie die Internationale Atomenergiebehörde schätzt, verfügt das islamistische Regime mittlerweile über 4,74 Tonnen größtenteils auf waffenfähige Reinheitsgrade angereicherten Urans, das für mehrere Sprengköpfe ausreicht, das Wissen und die Technologie, diese auch tatsächlich herzustellen. Der JCPOA erlaubt Teheran lediglich den Besitz von bis zu 300 Kilogramm geringfügig angereicherten (bis höchstens 3,67 Prozent) Urans.

Gleichzeitig ist das iranische Raketenprogramm, das freilich kein Bestandteil des JCPOA ist, in der Lage, auch die passenden »Transportmittel« zu liefern. Derweil bleiben die westlichen Vertragsstaaten des JCPOA, das sind maßgeblich Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich, Antworten auf die Frage schuldig, ob und wie sie gegebenenfalls die Einhaltung des JCPOA durch Teheran durchsetzen wollen.

Während sich bereits das Auslaufen erster Regelungen des Abkommens abzeichnet, gilt für die »E3« nach wie vor, womit sie im November 2022 »drohten«: »Über den Umgang mit dieser fortdauernden Eskalation durch Iran werden wir weiterhin mit unseren internationalen Partnern beraten«. Es ist diese verläßliche Ignoranz in Berlin, Paris und London, die die »E3« zu Geburtshelfern einer offen atomar bewaffneten Islamischen Republik macht.

Verschmähte Liebe

Die Regierungen in Berlin, London und Paris haben die Auflösung von Instex bekanntgegeben, des von ihnen 2019 ins Leben gerufenen »Instruments zur Unterstützung von Handelsaktivitäten«, eines Mechanismus’, mit dem sie US-Sanktionen gegen das islamistische Regime in Teheran zu sabotieren suchten. Und noch ihre Gemeinsame Erklärung zum Ende von Instex ist ein Dokument der Anbiederung an Teheran.

Hatte die von Präsident Donald J. Trump geführte amerikanische Regierung zuvor vergeblich versucht, ihre »Verbündeten« von der Notwendigkeit einer Reform des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) zu überzeugen, trat Washington schließlich aus dem Abkommen aus und reaktivierte oder verhängte neue nationale Sanktionen, die sich gegen das iranische Kernwaffenprogramm richteten.

Die »E3«, die europäischen Vertragsländer, reagierten darauf mit Instex, das von den amerikanischen Sanktionen bedrohten Unternehmen bei der Weiterführung ihrer Geschäfte mit dem islamistischen Regime oder deren Neuanbahnung unterstützen sollte. Der antiamerikanische Versuch der Anbiederung an die Mullahs hatte dabei die gleichen Gründe, die nun zur Auflösung von Instex erneut zitiert werden.

»Diese Entscheidung«, heißt es in der am Donnerstag veröffentlichten Gemeinsamen Erklärung, wird »aus rein wirtschaftlichen Gründen getroffen«. Würde Teheran nur mitmachen, die »E3« – Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich – sind nach wie vor bereit, für Profite »andere Faktoren«, wie sie es nennen, zu übersehen. So begrüßenswert das Ende von Instex ist, so entlarvend seine Begründung.

Statt sich von ihrem »Instrument zur Unterstützung von Handelsaktivitäten« wenigstens rückwirkend zu distanzieren, versuchen Berlin, London und Paris es zu verharmlosen, wenn sie behaupten, über Instex sollten humanitäre Güter in die Islamische Republik gelangen. Solche Güter waren und sind nicht von Sanktionen betroffen, hinter Instex steckten nie humanitäre, sondern stets rein ökonomische Gründe.

»Instex soll Handel mit dem Iran ermöglichen, ohne dass dabei mit dem US-Finanzsystem verbundene Institute eingeschaltet werden müssen. Die allermeisten europäischen Banken lehnen aus Angst vor US-Sanktionen Geschäfte mit Iranbezug ab.«

Mit Bernd Erbel, zuvor deutscher Botschafter in der Islamischen Republik, sollte denn auch ein ausgewiesener Experte im Wegsehen bei »anderen Faktoren« die Leitung von Instex übernehmen. Leider schaute der Diplomat auch bei Einladungen zu Interviews nicht so genau hin, weshalb er »aus persönlichen Gründen« den Posten dann doch nicht antreten konnte. Sein Scheitern nahm das von Instex vorweg.

»Während der letzten vier Jahre war INSTEX durchgängig um eine Erleichterung des Handelsaustauschs zwischen Europa und Iran bemüht«, beschreibt die Gemeinsame Erklärung wohl durchaus zutreffend die Aktivitäten des »Instruments« auch noch in den vergangenen sechs Monaten, in denen selbst manchen europäischen Außenminister aufging, daß in Teheran ein Regime von »Monstern« herrscht.

Und dennoch war Instex den Europäern, den »E3« oder den immerhin 10 europäischen Gesellschaftern, auch im vergangenen halben Jahr nicht peinlich. »Aus politischen Gründen hat« vielmehr »Iran systematisch verhindert, dass INSTEX sein Mandat erfüllen kann«, und so für dessen Ende gesorgt, dafür, daß die Europäer nun »aus rein wirtschaftlichen Gründen« gar nicht mehr anders konnten. Welch ein Armutszeugnis.

Zuschauer

Die Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) hat seit einigen Tagen kursierende Meldungen bestätigt, nach denen Kontrolleure der Behörde in der Islamischen Republik Iran auf Uran gestoßen sind, das auf einen Reinheitsgrad von mehr als 83 Prozent angereichert wurde. Wie Rafael Grossi am Dienstag offiziell mitteilte, hatten Vertreter der IAEA das beinahe waffenfähige Uran im Januar in Fordo entdeckt.

Nach den Aussagen des IAEA-Chefs hätte Teheran den Reinheitsgrad des Urans als Ergebnis einer »unbeabsichtigten Fluktuation« bezeichnet. Noch vor wenigen Tagen hatte das islamistische Regime entsprechende Meldungen zurückgewiesen und sich lustig über sie gemacht, die dem »Außenministerium« des Regimes unterstehenden Tehran Times etwa hatten gehöhnt: »100 Prozent Lügen über 84 Prozent Anreicherung«.

»Der Iran«, hieß es in der Meldung, »hat Berichte über die Anreicherung von Uran auf einen Reinheitsgrad von mehr als 60 Prozent unmißverständlich dementiert und erklärt, daß die Atomanlagen des Landes diesen Wert nie überschritten haben«. Die offene Lüge, die Teheran auch noch als »die reine Wahrheit« bezeichnet hatte, bringt nun freilich vor allem die westlichen Vertragspartner im JCPOA in Bedrängnis.

Denn insbesondere die »E3«, Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich, haben bisher im Glauben an das Abkommen, das den Aufstieg der Islamischen Republik Iran zur Atommacht verhindern sollte, darauf verzichtet, wenigstens zu versuchen, Teheran zur Einhaltung des Joint Comprehensive Plan of Action zu bewegen. Das Scheitern ihrer Politik des bewußten Wegschauens ist nicht mehr zu leugnen.

Das islamistische Regime hat sie schon immer vorgeführt. Und es führt sie weiter vor, indem es behauptet, »unbeabsichtigt« in den Besitz des nahezu waffenfähigen Urans gelangt zu sein. Ist Teheran allenfalls der Besitz einer geringen Menge von Uran mit einer Reinheit von 3,67 Prozent erlaubt, ist schon das Bekenntnis zur Anreicherung auf 60 Prozent Beleg dafür, daß dem »Zufall« erheblich nachgeholfen wurde.

In einer ihrer letzten Gemeinsamen Erklärungen zu Verstößen Teherans gegen den JCPOA hatten die Regierungen der »E3« angekündigt, sie würden »weiterhin mit unseren internationalen Partnern« über »den Umgang mit dieser fortdauernden Eskalation durch Iran« beraten. Angesichts beinahe waffenfähigen Urans im Besitz der Mullahs scheint es angebracht, das Geheimnis um die Ergebnisse dieser Beratungen zu lüften.

Geständnis

Höhnte Teheran noch am vergangenen Montag über »100 Prozent Lügen über 84 Prozent Anreicherung« und wies Berichte zurück, nach denen Kontrolleure der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in der Islamischen Republik auf Uran gestoßen seien, das auf auf einen Reinheitsgrad von 84 Prozent angereichert wurde, heißt es nun, das Regime habe »eine Anreicherung von Uran auf 84 Prozent eingeräumt«.

Eine mit dem »Obersten Nationalen Sicherheitsrat« in Teheran verbundene Website, so meldet etwa der Deutschlandfunk in seinen Nachrichten, habe die Vorwürfe inzwischen bestätigt und zugleich die mit der Kontrolle der Umsetzung des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) durch die Islamische Republik beauftragte IAEA aufgefordert, »die friedliche Natur des iranischen Atomprogramms anzuerkennen«.

Sollte sich die Meldung bestätigen, wäre sie ein weiterer eindrücklicher Beleg für den fortgesetzten Konfrontationskurs, den das Mullah-Regime gegen »seine« Untertanen, aber eben auch und gerade außenpolitisch verfolgt. Für eine Anreicherung von Uran auf 84 Prozent gibt es keinerlei mit zivilen Absichten erklärbaren Gründe, zumal der JCPOA dem Regime jede Anreicherung über 3,67 Prozent hinaus untersagt.

Vor diesem Hintergrund angesichts von Funden beinahe waffenfähigen Urans noch eine Bewertung des iranischen Atomprogramms als »friedlich« zu fordern, ist ein Affront. Freilich darf sich Teheran dazu auch aufgefordert fühlen: Das Ausbleiben reaktivierte internationaler Sanktionen als Reaktion auf die offenen Vertragsverletzungen bisher, das Appeasement besonders der »E3«, haben den JCPOA zum schlechten Witz gemacht.

Europageschwindigkeit

Vor gut zwei Monaten, am 22. November 2022, veröffentlichten die Regierungen der »E3«, der europäischen Vertragsstaaten des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA), eine ihrer berüchtigten Gemeinsamen Erklärungen, mit denen sie seit Jahren auf immer massivere Verstöße des islamistischen Regimes in Teheran gegen das Abkommen, nun ja, antworten. Die Stellungnahme mündete in eine Drohung:

»Über den Umgang mit dieser fortdauernden Eskalation durch Iran werden wir weiterhin mit unseren internationalen Partnern beraten.«

Seither sind acht Wochen vergangen, zwei Monate, in denen die Islamische Republik Iran weder innenpolitisch noch außenpolitisch nennenswert an Ansehen und Legitimität gewinnen konnte. Jean Asselborn, der Außenminister der Steueroase Luxemburg, nannte in einem hellen Moment die islamistischen Herrscher in Teheran sogar die »Monster«, die die Blutsäufer um Ayatollah Seyed Ali Khamenei sind.

Die haben ihr Atomprogramm derweil nicht etwa abgebrochen oder eingefroren, sondern auch über den Jahreswechsel hinweg weiter vorangetrieben und ausgebaut. Mit fortschrittlichen Zentrifugen, die ihre Islamische Republik gar nicht betreiben dürfte, reichern sie Uran weit über die im JCPOA gestatteten Reinheitsgrade an, häufen Uran-Vorräte an, für die es keinerlei sinnvolle zivile Nutzungsmöglichkeit gibt.

Das, was der JCPOA verhindern sollte, der Aufstieg der Theokratie zur Atommacht, wird so immer wahrscheinlicher, unausweichlicher. Und es bedarf kaum prophetischer Talente, vorherzusagen, was im nächsten Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde zum iranischen Atomprogramm stehen wird. Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich beraten unterdessen weiter. Eilig scheinen sie es nicht zu haben.

Triumph des Bösen

Es ist noch nicht lange her, da dämmerte selbst einer Saskia Esken, »nun sei« gegenüber dem islamistischen Regime in Teheran »der Moment gekommen, zu sagen: ›bis hierher und nicht weiter‹«. Angesichts des immer brutalen Vorgehens der Mullahs gegen die anhaltenden Demonstrationen iranische Oppositioneller müßten auch »die Gespräche« über den Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) »enden«.

Ein Regime, das so gegen die »eigene« Bevölkerung vorgehe – der sozialdemokratische luxemburgische Außenminister Jean Asselborn sprach etwas später von »Monstern«, die in Teheran wüteten -, habe sich als Partner für Gespräche gründlich diskreditiert. Und dennoch heißt es aus Teheran triumphierend: »Irans Außenminister und EU-Außenpolitikchef führen Gespräche zur JCPOA-Wiederbelebung in Jordanien«.

Die europäische Außenpolitik hat kein Rückgrat, das sie verbiegen oder das ihr gebrochen werden müßte. Sie hat keine Prinzipien und kennt keine Haltung. Während der amerikanische Präsident Joe Biden, gewiß kein Falke, unwidersprochen mit den Worten zitiert wird, das Abkommen sei »tot«, fällt Europa der protestierenden iranischen Bevölkerung ebenso in den Rücken wie seinen amerikanischen Verbündeten.

Und selbstverständlich gibt es denn auch nichts außer der Tatsache der europäisch-iranischen Gespräche am Rand einer in Jordanien veranstalteten Konferenz zu melden: Ist sich die zivilisiertere Welt einig, daß das islamistische Regime isoliert und sanktioniert gehörte, erfährt es durch den europäischen »Außenminister« Josep Borrell Fontelles durchaus symbolträchtige Anerkennung und Respekt. Monströs.