Schlagwort: Yoav Gallant

No go area Berlin

Seit der Internationale Strafgerichtshof in der vergangenen Woche seinen infamen Haftbefehl gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und dessen ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant veröffentlicht hat, vermeidet die Regierung in Berlin es beharrlich, sich unzweideutig entweder an die Seite des jüdischen Staates zu stellen oder gegen ihn. Einmal mehr »enthält« sich Deutschland ganz entschieden.

Während die amtierende Regierung in Washington die Haftbefehle als »empörend« zurückweist, haben republikanische Politiker bereits Sanktionen gegen den Gerichtshof in Den Haag angekündigt. Allerdings erkennen die Vereinigten Staaten – wie Israel und im übrigen wenigstens 70 weitere Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen – den Internationalen Strafgerichtshof (ICC), der deshalb so international gar nicht ist, nicht an.

Die kanadische Regierung andererseits verkündete eilig, sie werde selbstverständlich »internationales Recht achten«, eine Formulierung, bei der sich Justin Trudeau womöglich von London inspirieren ließ, wenngleich man dort »Spekulationen über hypothetische Fälle« ablehnte. Der niederländische Außenminister Caspar Veldkamp wiederum will die Haftbefehle vollstrecken, sagte vorerst aber nur eine geplante Reise nach Jerusalem ab.

Dekretierte Josep Borrell Fontelles, der antisemitische Chef des Auswärtigen Diensts der Europäischen Union (EEAS), die Entscheidung Den Haags sei für alle Mitgliedsstaaten der EU »bindend«, nannte der ungarische Regierungschef Viktor Orbán sie »dreist, zynisch und völlig inakzeptabel« und lud Benjamin Netanjahu zu einem Besuch nach Budapest ein. Er garantiere, daß die Haftbefehle des ICC in Ungarn »keine Wirkung« hätten.

Und Deutschland? Berlin, heißt es in einer Mitteilung der Bundesregierung, sei »einer der größten Unterstützer des IStGH«, was »auch Ergebnis der deutschen Geschichte« sei. »Gleichzeitig« sei eine ihrer »Konsequenz[en]«, dass uns einzigartige Beziehungen und eine große Verantwortung mit Israel verbinden«. Weitere Entscheidungen »stünde[n] erst dann an, wenn ein Aufenthalt von Premierminister Benjamin Netanjahu [..] absehbar ist«.

Rechtsbeugung

Am 7. Oktober 2023 fiel die Hamas in Israel ein mit der erklärten Absicht, den jüdischen Staat und dessen Bevölkerungsmehrheit auszulöschen. In einem bestialischen Pogrom, dem bösartigsten seit Ende des Zweiten Weltkriegs, vergewaltigten und massakrierten die islamistischen Barbaren und ihre Komplizen mindestens 1.200 Menschen, schlachteten selbst Kleinkinder grausam ab. Über 250 Menschen wurden nach Gaza verschleppt.

Dreizehn Monate später schließt sich der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag mit einem Haftbefehl gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und den ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant dem Angriff der Terrororganisation auf die einzige Demokratie im Nahen Osten an, selbst wenn das »Gericht« mit einem Haftbefehl gegen Mohammed Diab Ibrahim Al-Masri darüber hinwegzutäuschen versucht.

Von einem »Chefankläger« initiiert, gegen den gegenwärtig selbst ermittelt wird, stellen die Haftbefehle gegen zwei demokratisch legitimierte Politiker einen Angriff auf Israel dar, weil sie dessen Rechtssystem und eine Justiz übergehen, die ihre Schlagkräftigkeit bereits mehrfach unter Beweis gestellt hat. Der Internationale Strafgerichtshof soll aber erst dann tätig werden, wenn die nationale Justiz nicht handelt oder handlungsunfähig ist.

Das Gericht untergräbt damit eine ganz wesentliche Säule der israelischen Demokratie, potentiell letztlich eines jeden demokratisch verfaßten Staates auf der Basis konstruierter Vorwürfe, die den menschenverachtenden Charakter der Kriegführung der Hamas – die sich bewußt hinter der »eigenen« Bevölkerung versteckt und sie so in Gefahr bringt – bagatellisiert oder leugnet. Deshalb weist selbst die Opposition in Israel die Haftbefehle zurück.

Nicht zuletzt bestreitet der Internationale Strafgerichtshof mit seinen Haftbefehlen gegen Benjamin Netanjahu und Yoav Gallant das Recht des jüdischen Staates, sich gegen terroristische Bedrohungen zu verteidigen, liefert es mit ihnen doch all den »Kritikern« Israels Vorwände dafür, Waffenlieferungen an den angegriffenen Staat auszusetzen. Mit seiner anmaßenden Perversion von Recht stärkt das Gericht nur die Hamas und deren Verbündete.

Fortschritt

Nach Angaben des israelischen Verteidigungsministers Yoav Gallant ist die Hamas in Gaza als »militärische Formation« zerschlagen. Auch wenn das natürlich nicht bedeutet, daß die islamistische Terrororganisation besiegt ist, zeigt sich das in ihrer veränderten Kampftaktik ebenso wie jener der israelischen Armee. Noch verbliebene Terroristen müssen den Angaben zufolge zunehmend improvisieren und können nur noch unkoordiniert handeln.

Auf den Guerillaterror reagieren die israelischen Einheiten in Gaza mit immer gezielteren Einsätzen gegen Terroristenzellen, die freilich nicht davon ablassen, sich hinter und unter Zivilisten zu verstecken. Je kleiner die Terroristengruppen sind, desto leichter dürfte ihnen das sogar fallen, zumal angesichts einer antisemitisch zugerichteten Bevölkerung oder notorisch antiisraelisch eingestellter internationaler Organisationen mit ihren Strukturen in Gaza.

Beschwerten besonders Vertreter der Vereinten Nationen sich schon zu einem Zeitpunkt, da gerade ihre »Schulen« und »Lagerhäuser« noch vergleichsweise zuverlässige Unterkünfte für Hamas- und andere islamistische Terroristen darstellten, es sei »nirgends« in Gaza »sicher«, könnte ein solcher Zustand bald tatsächlich erreicht sein: Wo Terroristen in Gaza sind, gibt es für sie und ihre Komplizen keine Sicherheit vor Einsätzen der israelischen Armee.

Suchen – und bekommen – Terroristen den »Schutz« eines UN-Transports, wird der aufgehalten und kontrolliert, mißbrauchen Islamisten eine »huminatäre Zone« als Unterschlupf, wird unter Beachtung lokaler Gegebenheiten gezielt gegen sie vorgegangen. Gaza war ein auch von den Vereinten Nationen betriebener safe haven für die Hamas und ihre Verbündeten. Gilt dies immer weniger, ist das den israelischen Streitkräften zu verdanken, nicht ihren Verleumdern.

Der Bankrott Europas

In dieser Woche machte (vor allem West-)Europa seine Bereitschaft deutlich, Israel, das Opfer eines islamistisch motivierten antisemitischen Vernichtungsfeldzugs, auf alle nur erdenkliche Weise auszugrenzen und dafür zu bestrafen, daß es sich gegen sie verteidigt. Mehrere europäische Staaten kündigten an, als »Antwort« auf den Krieg Israels zur Zerschlagung der Hamas und der Befreiung ihrer Geiseln »Palästina« als Staat anerkennen zu wollen.

Und die Regierung in Berlin signalisierte, Benjamin Netanjahu, den demokratisch legitimierten Ministerpräsidenten Israels, und Verteidigungsminister Yoav Gallant festnehmen und ausliefern zu wollen, sollte der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen die beiden Mitglieder der Regierung in Jerusalem erlassen, den dessen Chefankläger Karim Khan vor wenigen Tagen mit fadenscheinigen »Argumenten« beantragt und begründet hat.

Waren Angela Merkels »Staatsräson« und Olaf Scholz’ »volle Solidarität« nie mehr als Phrasen, die freilich in Sonntagsreden gut klangen, sind sie spätestens seit dieser Woche als völlig wertlos und vielleicht sogar als Drohung entlarvt: Das offizielle Berlin trauert mit »der Regierung der Islamischen Republik Iran« um einen »Präsidenten«, den selbst die Vereinten Nationen einen Massenmörder schimpften und der ein glühender Feind Israels war.

Und während es keine Distanz zu den erklärten Erzfeinden Israels in Teheran zeigt, die der Hamas tatkräftig halfen, den 7. Oktober 2023 vorzubereiten, das größte antisemitische Pogrom seit 1945, erklärt Berlin Deutschland zur No-Go-Area für zwei Repräsentanten der um ihre Existenz ringenden jüdischen Demokratie. Berlin ist mit seiner Haltung, die nebenher auch die eben noch gelobte israelische Justiz diskreditiert, Komplize der Islamisten.

Nichts anderes gilt für jene Länder, die demnächst »Palästina« als Staat anerkennen wollen. Auch sie beteiligen sich an der Ausgrenzung Israels, der Delegitimierung jüdischer Souveränität. Behaupten sie, einem Frieden in der Region eine Perspektive zu geben, erreichen sie doch bloß das Gegenteil. Ihre Verbeugung von den »palästinensischen« Vergewaltigern und Babyschlächtern können die doch gar nicht als Einladung zur Mäßigung deuten.

Die Regierung in Washington ist gegenüber der in Jerusalem alles andere als unkritisch. Im Gegensatz zu den Europäern hat Washington aber immerhin noch so etwas wie einen einigermaßen funktionierenden moralischen Kompaß: Als »empörend« bezeichnete das Weiße Haus Karim Khans Entscheidung; mit der Erinnerung, eine »Zwei-Staaten-Lösung« könne nur gemeinsam mit Jerusalem erreicht werden, stellt es sich gegen dessen Marginalisierung und Kriminalisierung.

Vorurteil

Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag (ICC) hat am Montag Haftbefehle für mehrere israelische Politiker sowie Anführer der islamistischen Hamas beantragt. In einer Stellungnahme wirft Karim Khan den Hamas-Kadern Yahya Sinwar, Mohammed Diab Ibrahim Al-Masri und Ismail Haniyeh richtigerweise vor, mit ihrer Hamas am 7. Oktober 2023 bei ihrem Überfall auf Israel Kriegsverbrechen begangen zu haben.

Dabei allerdings hätte es Karim Khan auch belassen sollen. Denn mit seinen Vorwürfen gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Yoav Gallant, denen er gleichfalls Kriegsverbrechen nachsagt, darunter etwa die »Verwendung von Hunger als Methode der Kriegführung«, stellt er die israelische Regierung nicht bloß auf eine Stufe mit den Terroristen, er delegitimiert auch die Selbstverteidigung Israels.

Er verwischt auf höchst unredliche Weise die Unterschiede zwischen Tätern und Opfern des barbarischen Pogroms vom vergangenen Oktober, mit dem die Hamas bewußt auch die Folgen für die »palästinensische« Bevölkerung in Gaza, die ihr verbrecherisches Handeln haben würde, heraufbeschwor, von denen er sie aber mit seinen Vorwürfen gegen die israelische Führung freispricht: Er versucht, den Kampf gegen die Hamas zu kriminalisieren.

Selbst wenn die Beantragung von Haftbefehlen, die den israelischen Politikern Auslandsreisen nahezu unmöglich machen würden, da sie ihre Festsetzung und Auslieferung fürchten müßten, nicht heißt, daß sie auch tatsächlich erlassen werden, hat der Chefankläger des ICC mit ihr bereits schweren Schaden angerichtet, denn er beschädigt mit seinem Gesuch den Ruf der jüdischen Demokratie und bestreitet die Legitimität ihres Existenzkampfs.

Wenn die Regierung in Washington den Schritt Karim Khans mit aller Entschiedenheit zurückweist, Präsident Joe Biden nennt ihn gar »unverschämt«, ist das die einzig angemessene Reaktion. Wer dagegen wie das Auswärtige Amt in Berlin sich davor drückt, eine klare Position zu dieser Zumutung zu äußern, die internationales Recht auf den Kopf stellt und letztlich eine Einladung an Aggressoren aller Art darstellt, gibt sich der Lächerlichkeit preis.

Hybris

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat am Sonntag Verteidigungsminister Yoav Gallant entlassen, nachdem der sich zuvor öffentlich für eine Aussetzung der zunehmend umstrittenen Justizreform der Koalition in Jerusalem geäußert hatte. Mit der Entlassung des Ministers, die er mit fehlendem Vertrauen begründete, löste Benjamin Netanjahu noch in der Nacht Massenproteste im ganzen Land aus.

An den Demonstration in Tel Aviv und weiteren Städten Israels beteiligten sich einige Zehntausend Menschen, womöglich deutlich mehr, wobei es auch zu Zusammenstößen mit Sicherheitskräften kam. Der Gewerkschaftsdachverband Histadrut rief zu einem Generalstreik auf, zahlreiche Hochschulen kündigten an, den Lehrbetrieb aus Protest gegen die Reformpläne der Regierung in Jerusalem ruhen zu lassen.

Und auch im Kabinett des Likud-Politikers mehrten sich am Abend und in der Nacht die Stimmen, die sich gegen die Durchsetzung der Reformpläne aussprachen, während andere Minister ihren weiteren Verbleib im Kabinett von deren rascher Umsetzung abhängig machten. Benjamin Netanjahu soll nun eine »Rede an die Nation« planen, in der er vermutlich den vorläufigen Verzicht auf die Reform ankündigen wird.

In einer außenpolitisch nicht eben entspannten Lage – das islamistische Regime in Teheran steht näher an der Schwelle zur Atommacht als je zuvor, gleichzeitig nähert es sich wieder an Riyadh an, »palästinensische« Terrororganisationen wollen Ramadan zu einem besonders blutigen Monat machen – haben der israelische Regierungschef und die ihn noch stützenden Parteien Israel ohne Not in eine tiefe Krise gestürzt.

Drei Monate ist der Likud-Politiker derzeit im Amt, und das Land ist in einem Zustand, in dem seine Verteidigungsfähigkeit offenbar enrsthaft gefährdet ist, weil immer mehr Reservisten jedenfalls dieser Regierung Entscheidungen über ihr Leben nicht mehr anvertrauen wollen, gleichzeitig drohen die wachsenden Proteste das öffentliche Leben im Land lahmzulegen, spekuliert wird gar über Bürgerkriegsszenarien.

Die Zuspitzung der Krise, in die Benjamin Netanjahu und seine Regierung Israel mit ihrem unreflektierten Festhalten an einer Justizreform gestürzt haben, die eher sehr persönlichen Interessen von Kabinettsmitgliedern dienen dürfte und weniger denen des Landes, war dabei durchaus absehbar. Daß sich nun weite Teile der Gesellschaft Israels im Ausstand befinden, ist ein Armutszeugnis für den Ministerpräsidenten.

Nur drei Monate nach Amtsantritt dürften nur noch wenige Menschen in Israel sich einen Premier Benjamin Netanjahu wünschen. Ob ein bloßes Aussetzen der Justizreform seine Regierung retten wird können, muß daher bezweifelt werden. Die Gräben, die in den vergangenen Wochen aufgerissen wurden, sind tief und breit. Benjamin Netanjahu täte wohl gut daran, über die Ermöglichung von Neuwahlen nachzudenken.