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Normalzustand

Eine Woche ist es inzwischen her, daß im Kanzleramt in Berlin der führende Repräsentant eines seit Jahrzehnten ganz wesentlich aus Deutschland finanzierten Regimes in Anwesenheit des von der Sozialdemokratie gestellten Hausherrn unwidersprochen den Holocaust trivialisieren und leugnen, Israel, den jüdischen Staat, auf übelste Weise als weit, weit schlimmer als die Nazi-Barbarei verleumden durfte.

Hatte Bundeskanzler Olaf Scholz noch kurz zuvor noch mit seinem »effizienten Stil der Kommunikation« kokettiert, für den er »mitunter wortreich kritisiert« werde, ist gewiß auch für das, was sein Schweigen vor einer Woche und der Handschlag für seinen Gast darauf über ihn aussagen, über das von ihm regierte Deutschland, der von ihm in letzter Zeit so gern verwendete Begriff Zeitenwende angemessen.

Und daran kann auch die erst nach Stunden nachgeschobene »Empörung« wenig ändern, zumal bereits ein erster Versuch, sich auf Nachfrage gegenüber BILD zu erklären, zu einem kommunikativen Desaster führte: »Gerade für uns Deutsche ist jegliche Relativierung des Holocaust unerträglich und inakzeptabel«. Weil in der Einbildung eines Olaf Scholz’ dem Holocaust vor allem Deutsche zum Opfer fielen.

Unterdessen hat sich, und das ist vor diesem Hintergrund erst recht entlarvend, im Berliner Verhältnis zum antisemitischen PLO-Regime so wenig geändert wie am blamablen Zustand der deutsch-israelischen Beziehungen. Während Abu Mazen in Ramallah als Held empfangen und sogar von Hamas und Islamic Jihad mit Beifall gewürdigt wurde, fließt das Geld weiter ungebremst aus Berlin nach Ramallah.

Und Jerusalem, das sein Vorgehen gegen den »palästinensischen« Terrorismus, der von »Präsident« Abu Mazen als »Kampf für Frieden und Freiheit« glorifiziert und durch sein Regime mit Millionen unterstützt wird, auf dessen »zivile« Arme ausdehnt, wird aus Berlin deshalb einer »beunruhigenden Beschneidung des Handlungsspielraums der Zivilgesellschaft in den besetzten palästinensischen Gebieten« beschuldigt.

Bigotterie

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier soll erwägen, kurzfristig zu einem Besuch Israels aufzubrechen. Das deutsche Staatsoberhaupt könnte nach Spekulationen israelischer Medien damit versuchen, Angehörige von Opfern des Überfalls »palästinensischer« Terroristen auf die Olympischen Spiele in München 1972 doch noch zur Teilnahme an den in Bayern geplanten Gedenkveranstaltungen zu bewegen.

Fünf Jahrzehnte nach dem Angriff »palästinensischer« Terroristen auf die israelischen Teilnehmer der Olympiade in München und dem mit der Ermordung aller 11 als Geiseln genommenen Sportler gescheiterten Befreiungsversuch durch die deutschen Behörden, wollte Berlin sich Anfang September mit einem offiziellen Gedenken als Nation inszenieren, der in dieser Disziplin niemand das Wasser reichen kann.

Nicht vorgesehen waren dabei freilich die Weigerung der Angehörigen der Opfer, sich zu billigen Statisten der Veranstaltungen herabwürdigen zu lassen, und die so eindrucksvoll vorgetragene Ablehnung jeder Reuebekundung des im Kanzleramt in Berlin gastierenden »Palästinenserpräsidenten« Abu Mazen, daß dem Hausherrn Olaf Scholz erst Stunden später und auf Nachfrage eine Reaktion darauf einfiel.

Doch die Hoffnung darauf, daß Frank-Walter Steinmeier noch etwas retten könnte, dürfte allerdings vergeblich sein. Ausgerechnet er, der – als Gast des als ein Drahtzieher des Massakers in München geltenden Abu Mazen – für Deutschland einen Kranz am Grab des Terroristenführers Yassir Arafat ablegte und Kritik daran zurückwies, er sei doch bloß dem »palästinensischen Protokoll« gefolgt, soll irgendwie überzeugen?

Überzeugender wäre es, das deutsche Staatsoberhaupt drängte Ramallah seine Visite auf und verkündete dort das Aussetzen aller deutschen Unterstützung für »Palästina« – bis dort ein »Präsident«, der den Holocaust verharmlost und leugnet, nicht mehr gefeiert und umjubelt wird, bis dort Kritik daran nicht mehr offiziell als »Hetze« denunziert wird. Das wäre endlich ein würdiger Auftritt gegen Antisemitismus.

Komplizenschaft

»Palästinenserpräsident« Abu Mazen ist nach Angaben der zu den Sprachrohren seines Regimes gehörenden »Nachrichtenagentur« Wafa bei der Rückkehr von seinem Deutschlandbesuch mit einiger Begeisterung in Ramallah empfangen worden. »Palästinensischen Massen« säumten danach die Straßen und solidarisierten sich jubelnd mit ihrem »Präsidenten« und dessen abscheulichen Äußerungen im Berliner Kanzleramt.

Es ist schon einige Jahre her, daß die Anti Defamation League (ADL), eine amerikanische Nichtregierungsorganisation, die Ergebnisse weltweit durchgeführter Befragungen zum Thema Antisemitismus veröffentlichte und damit vergleichende Aussagen über den Grad der Verbreitung antisemitischer Ansichten in verschiedenen Gegenden der Welt ermöglichte. »Palästina« positionierte sich dabei weit, weit vorn.

Deutschland ist seit Jahrzehnten führend in »Palästina« engagiert. Egal, ob die CDU den Kanzler oder die Kanzlerin stellte oder die SPD, gleichgültig, welche weiteren Parteien ihr oder ihm ins Amt verhalfen, die staatliche »Entwicklungs-« und »humanitäre Unterstützung« für »Palästina« aus Deutschland wuchs Jahr um Jahr. Zahllos die deutschen »NGO«, Stiftungen und andere Institutionen, die »Palästina aufbauen«.

Hätte Berlin nicht zuletzt durch den 2014 erstmals veröffentlichten ADL Global 100 Index gewarnt sein und nachdenklich werden können, ließ es sich auch durch zahlreiche weitere Untersuchungen seither nicht von seiner finanziellen Unterstützung »Palästinas« abbringen, die für Ramallah durchaus sehr bedeutsam sind. Eine temporäre Kürzung oder Aussetzung der deutschen Transfers wäre in Ramallah spürbar.

Und dennoch tun die deutschen Helfer »Palästinas«, als hätten sie dort nicht den geringsten Einfluß. Dabei ist der Jubel, mit dem die auch und gerade in Deutschland immer wieder beschworene »palästinensische Zivilgesellschaft« Abu Mazen begrüßt und dessen antisemitische Entgleisungen feiert, eben auch das Ergebnis des großzügigen deutschen Engagements in »Palästina«, in Gaza und in den umstrittenen Gebieten.

Erklärt Kanzler Olaf Scholz, »zutiefst empört« zu sein über »Präsident« Abu Mazens »unsägliche Aussagen«, ruft er sogar in Jerusalem – Weshalb eigentlich nicht in Ramallah? – an, um dem israelischen Ministerpräsidenten Yair Lepid zu versichern, »dass er jeden Versuch, den Holocaust zu leugnen oder zu relativieren, scharf verurteilt«, hat Berlin nicht die Absicht, sein Engagement in »Palästina« einzuschränken.

Deutschland dementiert damit wissent- und willentlich, was die amtierende Regierung in Berlin behauptet, was ihre Vorgängerinnen. Die deutsche »Empörung« über Antisemitismus ist nicht erst seit gestern untrennbar mit jährlich mindestens dreistelligen Finanztransfers an das offen antisemitische Regime in Ramallah und an die »palästinensische Zivilgesellschaft«. Die angebliche »Empörung« war, sie ist eine Lüge.

Deutsche Routine

Die von Bundeskanzler Olaf Scholz geführte deutsche Regierung bemüht sich weiter, den außenpolitischen Schaden, den das laute Schweigen des Sozialdemokraten zu antisemitischen Ausfällen des »Palästinenserpräsidenten« Abu Mazen angerichtet hat, gleichermaßen zu leugnen wie zu minimieren. Daß die Führung in Berlin dabei nicht bereit ist, eigene Fehler einzugestehen, macht diese Bemühungen bizarr.

So entschuldigt etwa Felix Klein, der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Olaf Scholz’ noch von einem Handschlag gekröntes Schweigen ob der ungeheuerlichen Aussagen seines Gasts als bloße »Kommunikationspanne«. Der Kanzler selbst hat derweil den Sonntagsredenmodus aktiviert, der wieder behauptet, was sein (Nicht-)Verhalten dementiert.

Berlins Versuche zur Gesichtswahrung werden unterdessen auch in Ramallah bereits wieder untergraben und dadurch als solche bloßgestellt: Während in Berlin, gegenüber Medien oder dem israelischen Premier Yair Lapid längst die üblichen Phrasen gedroschen werden, feiert die deutsche Vertretung in Ramallah die finanzielle Großzügigkeit Deutschlands und Europas gegenüber den »Palästinensern«.

Angesichts der traurigen Tatsache, daß Abu Mazens Antisemitismus durchaus repräsentativ für den der »Palästinenser« steht – seine Äußerungen stoßen in Ramallah nämlich nicht etwa auf breite Ablehnung, sondern werden teils sogar noch mit Beifall bedacht -, widerlegt jeder Cent, der aus Berlin direkt oder über Umwege nach Ramallah transferiert wird, das Geschwätz Olaf Scholz’ et al. als dreiste Heuchelei.

In Berlin leugnet »Präsident« Abu Mazen keineswegs überraschend den Holocaust, in Ramallah wird er gefeiert – und alles, was der offiziellen Vertretung Deutschlands vor Ort dazu einfällt, sind Meldungen über die finanzielle Unterstützung »Palästinas«, die auch Deutschland ermöglicht. Seit Jahrzehnten finanzieren vor allem Deutschland und Europa Abu Mazens Antisemitismus und den »seiner« Untertanen.

Und während Kanzler Olaf Scholz sich irgendwie zerknirscht gibt, sich dabei gleichzeitig auf peinlich-entlarvende Weise hinter (s)einem Sprecher versteckt, jedenfalls keinerlei Fehlverhalten einräumt, signalisiert die deutsche »Botschaft« beim Regime um »Präsident« Abu Mazen, daß dessen Entgleisungen zumindest keine negativen finanziellen Folgen haben werden, daß Antisemitismus sich eben doch lohnt.

Die Stimme Deutschlands

Was macht eigentlich Annalena Baerbock, die deutsche Außenministerin, an einem Tag, an dem die Regierung in Berlin bemüht ist, das Totalversagen ihres Chefs angesichts antisemitischer Ausfälle in seiner Anwesenheit zu erklären, irgendwie zu rechtfertigen, um noch zu retten, was nicht mehr zu retten ist? Hat sie ihre Botschafter angewiesen, sich an den Versuchen zur Rettung deutschen Ansehens zu beteiligen?

Oliver Owcza, der Berlin in Ramallah vertritt, jenem Ort, an dem »Palästinenserpräsident« Abu Mazen seinen Amtssitz hat, jedenfalls scheint nicht vorzuhaben, sich Olaf Scholz’ freilich zu spät gezwitscherter Botschaft anzuschließen, er sei »zu tiefst empört«, wie das etwa Steffen Seibert tat, der Deutschland in Israel repräsentiert. Nein, »Germany in Ramallah« verbreitet eine Nachricht der EU-Vertretung in Ramallah weiter.

»Nach der jüngsten militärischen Eskalation besuchten Vertreter der EU und ihrer Mitgliedstaaten« danach »den Gazastreifen, um sich ein Bild von den humanitären Folgen zu machen, trafen Opfer im Shifa-Krankenhaus und informierten sich über die Nothilfeaktivitäten des Palästinensischen Roten Halbmonds«. »Präsident« Abu Mazen würde wohl sagen, sie besuchten den Schauplatz des »51. israelischen Holocaust«.

Und natürlich ist im Tweet der EU-Vertretung beim PLO-Regime keine Rede vom »palästinensischen« Terror, von den Raketen des Islamic Jihad. Die »Palästinenser« werden als schuldlose Opfer dargestellt, die unter Israel zu leiden hätten. Oliver Owcza, die deutsche Stimme in Ramallah, sagt nichts zu Abu Mazens Auftritt in Berlin. Und doch sagt seine heutige Twitter-Aktivität alles zum Zustand deutscher Diplomatie.

Strategische Partner

»Palästinenserpräsident« Abu Mazen hat bei einer Visite im Kanzleramt in Berlin in Anwesenheit des Hausherrn Olaf Scholz Israel »Apartheid« gegenüber den »Palästinensern« vorgeworfen und den jüdischen Staat beschuldigt, »seit 1947 [..] 50 Holocausts« an ihnen verübt zu haben. Lehnte der deutsche Kanzler den Begriff Apartheid »ausdrücklich« ab, schwieg er zum Holocaust-Vorwurf zunächst.

Olaf Scholz, Mahmoud Abbas, Abu Mazen

»Sichtlich verärgert«: Bundeskanzler Olaf Scholz zeigt Zivilcourage

Nach späteren Angaben aus Berlin zwar »sichtlich verärgert«, schüttelte Olaf Scholz zum Abschluß der gemeinsamen Pressekonferenz dennoch die Hand des »Palästinenserpräsidenten«, ganz so, als sei Augenblicke zuvor nichts geschehen. Erst auf Anfrage der Boulevardzeitung BILD verlautete aus Berlin, »gerade für uns Deutsche [sic!]« sei »jegliche Relativierung des Holocaust unerträglich und inakzeptabel«.

Freilich wirkt die nachgeschobene Empörung der deutschen Regierung wenig glaubwürdig. Ist nicht »nur« die Behauptung ziemlich anmaßend, »gerade« Deutsche fühlten sich von der Verharmlosung und Leugnung des Holocaust getroffen, hatte der deutsche Kanzler Olaf Scholz doch zu Beginn der Pressekonferenz noch die deutsch-»palästinensischen« Beziehungen gelobt und hervorgehoben, wie eng sie seien.

Mit mindestens zweistelligen Millionenbeträgen unterstützt Deutschland Jahr um Jahr das Regime um »Präsident« Abu Mazen bilateral, über die Europäischen Union und im Rahmen der Vereinten Nationen. Noch nicht lange ist es her, da kündigte die Präsidentin der Europäischen Kommission, die deutsche Politikerin Ursula von der Leyen, in Ramallah über 100 Millionen Euro Unterstützung aus Brüssel an.

Im Kanzleramt war nun zu hören, was dabei herauskommt. Überraschen kann es kaum, denn Abu Mazen ist ein Wiederholungstäter: Dem applaudierenden EU-Parlament tischte er antisemitische Lügen auf, in der UN-Vollversammlung feierte er unter Beifall antisemitische Terroristen. Bleibt seine jüngste Entgleisung folgenlos für die deutsch-»palästinensischen« Beziehungen, ist die Empörung verlogen.

Während Steffen Seibert, der neue deutsche Botschafter in Israel, in der Nacht via Twitter erklärte, die Aussagen Abu Mazens seien »falsch« und »inakzeptabel«, hat Oliver Owcza, der deutsche Vertreter in Ramallah, von den zwischenzeitlich zu »unverschämten Aussagen« erklärten Äußerungen nichts gehört. Kommentiert hat die deutsche Repräsentanz beim Regime Abu Mazens sie zur Stunde jedenfalls nicht.

Münchner Klarheit

Vor zwischenzeitlich einigen ereignisreichen Wochen wollte es Dieter Reiter, von der SPD gestellter Oberbürgermeister der bayerischen Landeshauptstadt, genau wissen: Wie hält es Valery Gergiev, damals noch als Chefdirigent bei den Münchner Philharmonikern beschäftigt, mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, der gerade die Armee seines Landes in die Ukraine hatte einmarschieren lassen?

Die Antwort, die Valery Gergiev nicht gab, kostete den Russen die Arbeitsstelle. »Valery Gergiev hat sich trotz meiner Aufforderung, ›sich eindeutig und unmissverständlich von dem brutalen Angriffskrieg zu distanzieren [..]‹, nicht geäußert«. Da aber ein »klares Signal« Valery Gergieva »unabdingbar gewesen« sei, um »weiter zusammenarbeiten zu können«, sei »nur eine sofortige Trennung« geblieben.

Und auch Katrin Habenschaden, Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen und Zweite Bürgermeisterin Münchens, äußerte sich recht präzise dazu, was Valery Gergiev zur Last gelegt wurde: »Man kann gar nicht anders, als Gergievs Schweigen als Zustimmung zum Krieg [..] zu verstehen«. In der Folge warfen auch weitere Häuser Valery Gergiev sein Schweigen vor und beendeten ihre Zusammenarbeit mit ihm.

Dieter Reiter hatte unterdessen viel zu tun, so ließ sich der sozialdemokratische Politiker, wie etwa die Tageszeitung Die Welt berichtet, »im Rahmen von Besuchen türkischer Unternehmer in München mit mehreren Führungsfiguren der Grauen Wölfe ablichten«. Bei den »Grauen Wölfen« handelt es sich um türkische Rechtsextremisten, Nationalisten, zu deren Weltbild ein ausgeprägter Antisemitismus zählt.

Befragt zu den Fotos gibt sich Dieter Reiter jetzt recht wortkarg. Nach Angaben der Welt erklärte er lediglich, daß »es zu seinem Job gehöre, Wünschen nach Selfies nachzukommen«. Ist das für einen Politiker, der doch »klare Signale« liebt, eine angemessene Auskunft? Oder kann seine fehlende Distanzierung von den »Grauen Wölfen« gar nicht anders als als Zustimmung zu ihrer Ideologie gewertet werden?

Friedensnobelpreiskandidat

In der Nacht zum 30. September 1938 unterzeichneten der damalige deutsche Kanzler Adolf Hitler, sein italienischer Verbündeter Benito Mussolini, der französische Premierminister Édouard Daladier und sein britischer Amtskollege Neville Chamberlain in München das später nach der bayerischen Hauptstadt benannte Abkommen, mit dem die zuvor von Berlin provozierte »Sudetenkrise« beendet wurde.

Von der Reichshauptstadt aus orchestriert, betrieben die als Minderheit in der Tschechoslowakei lebenden Sudeten unter der Führung Konrad Henleins die Loslösung weiter Teile Böhmens und Mährens von Prag und deren »Anschluß« an das Deutsche Reich. Um einen Krieg um die Tschechoslowakei zu vermeiden, wurde Prag mit dem Münchner Abkommen zur Abtretung Böhmens und Mährens gezwungen.

Verteidigten Édouard Daladier und Neville Chamberlain ihre Unterschrift unter das Abkommen, bei dessen Zustandekommen Prag nicht mitreden durfte und das zugleich das Ende Tschechoslowakei bedeutete, mit der Behauptung, dadurch einen militärischen Konflikt verhindert zu haben, dürfte ihr alle Warnungen ignorierender Verrat an Prag zumindest zu dem beigetragen haben, was wenig später folgen sollte.

Kein Jahr nach Édouard Daladiers und Neville Chamberlains Unterschrift unter das Münchner Abkommen begann mit dem deutschen Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg, der erst im Mai 1945 in Europa mit der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht und im September des gleichen Jahres mit jener Japans enden und bis dahin unermeßliches Leid über die Menschheit gebracht haben sollte.

Keine achteinhalb Jahrzehnte nach dem Abkommen rechtfertigt ein deutscher Kanzler unter Berufung auf »das Wissen um die dramatischen Konsequenzen zweier von Deutschland ausgehender Weltkriege« seine zurückhaltende Politik angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine mit der Begründung, er »tue« damit »alles, um eine Eskalation zu verhindern, die zu einem dritten Weltkrieg führt«.

Verfolgte Unschuld

Die Führung in Kiew hat am Dienstag das deutsche Staatsoberhaupt Frank-Walter Steinmeier ziemlich unsanft öffentlich blamiert. Hatte der Sozialdemokrat wohl geplant, am Mittwoch in der Gesellschaft des polnischen Präsidenten Andrzej Duda und seiner Amtskollegen aus den drei baltischen Staaten in die Hauptstadt der Ukraine zu reisen, richtete Kiew ihm aus, er sei in dem Land nicht willkommen.

Und natürlich schäumt die SPD prompt ob des »unfassbare[n] Affront[s] gegenüber dem deutschen Staatsoberhaupt«, statt für einen Moment darüber nachzudenken, ob nicht vielleicht umgekehrt ein Besuch ausgerechnet Frank-Walter Steinmeiers in Kiew ein Affront gegenüber der Ukraine wäre. Kiew jedenfalls hat gute Gründe, dem deutschen Staatsoberhaupt den Terminplan durcheinanderzubringen.

In der Tat trifft das, wie ein ansonsten irrender Jacques Schuster in der Welt, anmerkt, nicht die Privatperson Frank-Walter Steinmeier, sondern, da er dessen Staatsoberhaupt ist, Deutschland. Wie Frank-Walter Steinmeier in jeweils herausgehobener Position die deutsche Politik gegenüber Rußland und den osteuropäischen Staaten prägte, muß er nun für deren Folgen, zu denen auch dieser Krieg zählt, einstehen.

Arrogant setzten er und seine Partei sich immer wieder über Warnungen vor dem Kreml hinweg und propagierten selbst noch nach dem Fall der Krim die ungebremste Annäherung an Moskau, die in eine Abhängigkeit mündete, die Berlin auch heute noch an Wladimir Putin bindet, so laut selbst das deutsche Staatsoberhaupt heute – mit »schwerem Herzen« – über diesen Ausverkauf an Moskau klagen mag.

Kennt Rolf Mützenich, der Fraktionsvorsitzende der SPD im Deutschen Bundestag, keine (demokratischen) Parteien mehr, indem er von eben jenen fordert, Frank-Walter Steinmeier geschlossen »vor ungerechtfertigten Angriffen [zu] schützen«, und der ukrainischen Führung im gleichen Atemzug unterstellt, sich »ungebührlich in die Innenpolitik unseres Landes ein[zu]mischen«, kann das Kiew nur bestätigen.