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Juden auf dem Tempelberg: Berlin »lehnt ganz klar ab«

Die Regierung in Berlin hat Itamar Ben-Gvirs Visite auf dem Tempelberg am Dienstag scharf »kritisiert«, wie die dpa meldet. Ein Sprecher des von Außenministerin Annalena Baerbock geführten Auswärtigen Amts nannte danach den gestrigen Besuch des israelischen Sicherheitsministers auf dem in den monotheistischen Religionen als »heilig« geltenden Tempelberg in Jerusalem »eine Provokation«.

»Und deshalb«, zitiert die Nachrichtenagentur den Sprecher des Außenministeriums weiter, »lehnen wir dieses Vorgehen ganz klar ab«. Mit ihren »klaren« Worten schließt sich die deutsche Regierung mit ihrer »wertegeleiteten Außenpolitik« der international geübten maßlosen »Kritik« an der neuen israelischen Regierung an, die Itamar Ben-Gvir dafür verurteilt, daß er geltendes Recht für sich in Anspruch nahm.

Denn in der Tat hat der durchaus nicht sonderlich sympathische Politiker nicht nur das Recht, den Tempelberg zu betreten, in seinem Amt hat er darüber hinaus auch die Pflicht, jene Abmachung mit der »muslimischen Verwaltung« des Tempelbergs durchzusetzen, nach der, wiederum in den Worten der dpa, »Juden die Anlage besuchen [..] dürfen«. Nicht weniger und nicht mehr hat Itamar Ben-Gvir gestern getan.

Wer das »klar« als »eine Provokation« denunziert, legitimiert damit in der Tat den Antisemitismus terroristischer Organisationen und deren antisemitisch begründete Gewalt. Wenn »Juden die Anlage besuchen« dürfen, muß das selbst für einen Itamar Ben-Gvir gelten, zumal der sich auf dem »heiligen« Tempelberg weit zivilisierter zu benehmen wußte als die, die ihn als Haram al-Sharif exklusiv für sich beanspruchen.

Berlin gehört zu jenen deutschen Metropolen, in denen vor wenigen Tagen die Vertreter der Staatsgewalt auf offener Straße von Gewalttätern attackiert wurden. Wer auf die Idee käme, deshalb Sicherheitskräften vorzuwerfen, sie hätten ihre Angreifer doch erst »provoziert«, machte sich damit – zurecht – einigermaßen lächerlich. Und doch erdreistet sich Berlin, Jerusalem genau diesen Vorwurf zu machen.

Nicht Itamar Ben-Gvirs viel zu kurze Visite auf dem Tempelberg war eine Provokation, sondern die dauernde antisemitische Anmaßung islamistischer und »palästinensischer« Kriegsverbrecher, der in Gaza herrschenden Hamas und ihrer insbesondere auch von Deutschland aus großzügig finanzierten »Konkurrenz« von der PLO, Juden das Recht verwehren zu wollen, den ihnen heiligen Tempelberg zu besuchen.

Und spätestens mit dem von der Hamas speziell an Itamar Ben-Gvir gerichteten »Verbot«, dem Tempelberg zu nahe zu kommen, konnte der – zumal als Minister – gar nicht mehr anders: Hätte er sich von Drohungen beeindrucken lassen, es wäre ein Einknicken vor Terroristen gewesen. Wenn Berlin seinen Sicherheitskräften bescheinigt, »gezündelt« und »provoziert« zu haben, dann dürfte es auch Itamar Ben-Gvir eine »Provokation« vorwerfen.

Multilaterale Gesichtswahrung

Die Außenminister der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben bei ihrem jüngsten Treffen am Montag weitere Sanktionen gegen das Regime in Teheran beschlossen. Der Außenministerrat reagiert mit den Strafmaßnahmen auf die »inakzeptable Unterdrückung der anhaltenden Proteste« in der Islamischen Republik Iran. Die Mullahs hatten zuvor einen weiteren Demonstranten hinrichten lassen.

Die neuen Sanktionen richten sich, wie es in einer Mitteilung der Europäischen Union heißt, gegen 20 Personen und eine Organisation, die eine wichtige Rolle bei den immer brutaleren Versuchen Teherans spielen sollen, die Proteste in dem Land zu ersticken. Ob Einreisesperren und das Einfrieren europäischer Konten der Sanktionierten das islamistische Regime ernsthaft treffen, ist derweil zu bezweifeln.

Die Sanktionen sind erneut Sanktiönchen. Die deutsch-iranischen Handelsbeziehungen florieren unterdessen weiter, wie die FAZ meldet, wenn auch auf einem vergleichsweise niedrigem Niveau. Dennoch ist Deutschland damit noch »der größte Handelspartner des Iran in Europa«. Vor diesem Hintergrund sollte man denn auch einige markige Formulierungen der deutschen Außenministerin nicht überbewerten.

Deutet Annalena Baerbock ein gewisses Umdenken Berlins mit Blick auf die (derzeit nicht stattfindenden, aber offiziell auch nicht für gescheitert erklärten) Gespräche um den Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) an, jenes törichte Abkommen, das den Aufstieg der Islamischen Republik zur Atommacht verhindern sollte, ist es wohl zu früh, hier die – längst überfällige – Kehrtwende zu konstatieren.

Nach wie vor nämlich scheint das islamistische Regime in Teheran über einigen Rückhalt unter den europäischen Außenministern zu verfügen. Spricht zwar beispielsweise ein Jean Asselborn, der Außenminister der Steueroase Luxemburg, inzwischen von »Monstern«, die in Teheran herrschten, vermied es der Außenministerrat der EU erneut, etwa deren Pasdaran als die Terrororganisation zu ächten, die sie sind.

So bleiben die europäischen Außenminister einmal mehr hinter dem zurück, was notwendig und gewiß möglich gewesen wäre. Während das islamistische Regime seine Position immer aggressiver zu halten versucht und sich darüber innen- wie außenpolitisch nur weiter diskreditiert, können die Europäer sich doch nicht durchringen, ihm wirksam in den Arm zu fallen. Sie betreiben statt dessen Gesichtswahrung.

Widersprüchliche Signale

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat »harte Maßnahmen« der EU gegen Teheran angekündigt. Europa reagiert damit auf die Hinrichtung eines Mannes, der zuvor in »einem perfiden Schnellverfahren« der »Kriegsführung gegen Allah« für schuldig befunden worden war. Mit der Hinrichtung wurde das erste Todesurteil gegen einen Teilnehmer der Proteste gegen das islamistische Regime vollstreckt.

Die Europäische Union hatte zuletzt vor gut drei Wochen Sanktionen gegen Teheran verhängt, um, wie die Ministerin Mitte November formulierte, damit »ein erneutes und zwar unmißverständliches Signal an das iranische Regime« zu schicken: »Menschenrechte sind unteilbar«. Das »unmißverständliche Signal«, in der Tat freilich eher Sanktiönchen denn Sanktionen, wurde in Teheran wohl entsprechend interpretiert.

Während Deutschland und die Europäische Union sich im Bereich der Menschenrechte derweil wenigstens noch bemühen, den Schein zu wahren, bleiben sie mit Blick auf das iranische Kernwaffenprogramm selbst ähnlich »unmißverständliche« Signale schuldig. Dabei warnte erst vor wenigen Tagen die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) erneut vor Verstößen Teherans gegen den Joint Comprehensive Plan of Action.

Statt die Islamische Republik Iran dafür zu sanktionieren, daß sie ihr Atomprogramm immer weiter vorantreibt – darüber steht das Land längst an der Schwelle zur Atommacht -, sucht Europa weiter das Gespräch mit den Mullas: Am vergangenen Sonntag telefonierte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell Fontelles noch mit Hossein Amir-Aabdollahian, dem »Außenminister« des derweil gründlich diskreditierten Regimes.

Die »schärfste« Antwort der »E3«, der drei europäischen Vertragsstaaten des JCPOA, auf das iranische Streben nach Kernwaffen sind »Drohungen«, »weiterhin mit unseren internationalen Partnern beraten« zu wollen, wie es zuletzt in einer Gemeinsamen Erklärung der »E3« vom 22. November hieß. Wer solche »unmißverständlichen Signale« sendet, sollte sich vernünftigerweise nicht über »perfide Schnellverfahren« wundern.

Zu Gast bei Freunden

In der deutschen Hauptstadt Berlin hat ein internationaler Kongreß gegen die Todesstrafe begonnen. Eröffnet von Annalena Baerbock, der gastgebenden deutschen Außenministerin, wollen die Teilnehmer der Zusammenkunft nach ihrer Auskunft »das Leben [..] feiern« und für eine weltweite Abschaffung dieser Form der Strafe werben, die »unserem festen Glauben an die Würde des Lebens [..] widerspricht«.

Zu klären wäre angesichts der hehren Worte der Politikerin die Frage, was etwa ein Riyad al-Malki auf einem solchen Kongreß zu suchen hat, der »Außenminister« des antisemitischen Regimes in Ramallah. Und noch dringliche ist die Frage, weshalb Annalena Baerbock ihm die Gelegenheit gab, sich mit ihr über »die neuesten politischen Entwicklungen« auszutauschen, wie die regimeeigene Agentur Wafa meldet.

Ein Termin mit der demokratisch legitimierten Außenministerin wertet den »Außenminister« des PLO-Regimes unnötig auf, dessen tiefe Verstrickungen in Terrorismus niemand leugnen kann, der seine Sinne noch halbwegs beisammen hat. Zudem sollte sich längst bis nach Berlin herumgesprochen haben, daß in dem »Palästina« genannten Gebilde offiziell der Tod auf wohl jede Art zivilisierter Beziehungen zu Juden steht.

Widerspricht Antisemitismus, der Menschen allein deshalb bedroht, ausgrenzt, verletzt und massakriert, weil sie Juden sind oder sein sollen, etwa nicht »unserem festen Glauben an die Würde des Lebens«, ist zu »Kampf für Frieden [sic!] und Freiheit« hochgestapelter und glorifizierter Terror kein Angriff auf » die Grundwerte, an die wir glauben«? Mit Riyad al-Malki gibt Annalena Baerbock eine entlarvende Antwort.

Denunzianten

Das Auswärtige Amt zu Berlin hat sich einer Erklärung der Außenministerien Frankreichs, Italiens und Spaniens angeschlossen, mit der sie ihre Besorgnis über »anhaltende Spannungen in den besetzten palästinensischen Gebieten einschließlich Ostjerusalem« kundtun wollen. Man sei ob der Situation »außerordentlich alarmiert« und rufe daher »alle Parteien« auf, »Spannungen aktiv abzubauen und die Ruhe wiederherzustellen«.

Hatte Annalena Baerbocks Vorgänger im Amt des Außenministers angekündigt, Deutschland wolle sich auf der internationalen Bühne gegen die dort übliche ausgrenzende und unfaire Behandlung Israels einsetzen, ist die aktuelle Erklärung der vier mitteleuropäischen Außenministerien ein Beleg dafür, daß der Befund zwar nach wie vor gültig ist, den Worten Heiko Maas’ entsprechende Taten aber ebenfalls noch ausstehen.

Selbst wenn sich die Diplomaten diesen Eindruck erwecken wollen, gelingt es ihnen nicht, als unbeteiligte und daher äquidistante Dritte zu überzeugen. Ist bereits ihr indifferenter body count dreist, stellt er doch Opfer »palästinensischen« Terrors gleich mit getöteten und verletzten Terroristen, ist die Formulierung »alle Parteien« beleidigend, stellt auch sie Sicherheitskräfte eines Staates und gesetzlose Terroristen auf eine Stufe.

Ihre Maske lassen Berlin und Paris, Rom und Madrid aber fallen, wenn sie zwar einräumen, daß Israel »das Recht« habe, »sich gegen bewaffnete Angriffe zu verteidigen und die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen«, dann allerdings völlig belegfrei und damit vorverurteilend folgen lassen, »dies« müsse »jedoch unter Achtung der Prinzipien des Völkerrechts und des humanitären Völkerrechts geschehen«.

Können die hier doch so entlarvend offenen Europäer sich zugleich nicht dazu durchringen, »palästinensischen« Terrorismus auch als solchen zu benennen, beseitigt ihre ausdrückliche und stigmatisierende Erwähnung von »Siedlern«, von denen Gewalt ausgehe, alle Zweifel daran, wo Deutschland und Frankreich, Italien und Spanien oder ihre Außenministerien stehen. Die Seite des Staates Israel jedenfalls ist es gewiß nicht.

Vertrauensbeweis

Als Deutschland im Oktober 2019 für die Jahre 2020 bis 2022 in den »Menschenrechtsrat« der Vereinten Nationen (UNHRC) gewählt wurde, lobte das seinerzeit von Heiko Maas geführte Auswärtige Amt in Berlin das in Genf tagende Gremium als »die zentrale Institution, die sich weltweit für Schutz und Weiterentwicklung der Menschenrechte engagiert«, und der Minister selbst freute sich über einen »Vertrauensbeweis«.

Zu den bleibenden Leistungen dieser famosen Organisation gehört die Einsetzung einer »Unabhängigen internationalen Untersuchungskommission zu den besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich Ost-Jerusalem, und Israel (CoI)« im Mai 2021. In diesen Tagen macht die von der einschlägig berüchtigten Navanethem »Navi« Pillay geleitete CoI mit einem »Bericht« die einmal mehr erwartbaren Schlagzeilen.

Damit beauftragt, den Konflikt zwischen der in Gaza herrschenden islamistischen Hamas und den israelischen Streitkräften im April 2021 sowie die Umstände, die zu ihm geführt haben könnten, zu untersuchen, kommt die dreiköpfige Kommission zu dem wenig überraschenden Schluß, daß »die illegale Besatzung« angeblich »palästinensischer Gebiete« durch Israel der nahezu alleinige Grund für die Auseinandersetzungen sei.

Beauftragt ein sich obsessiv mit dem jüdischen Staat beschäftigendes UN-Gremium bewährte Antisemiten mit einer »unabhängigen« Untersuchung »israelischer Verbrechen«, kann nichts anderes herauskommen als ein antisemitisches Pamphlet, das sich nicht einmal bemüht, den Schein zu wahren: Worte wie »Terrorismus« sucht man in dem »Bericht« so vergeblich wie Erwähnungen der mit Teheran verbündeten Hamas.

Anfang Oktober wurde Deutschland erneut zum Mitglied des »Menschenrechtsrats« der Vereinten Nationen gewählt. Nach dem Ende der laufenden Mitgliedschaft folgt damit ein weiteres dreijähriges Engagement Berlins in dem Gremium, das Heiko Maas’ Nachfolgerin als »das zentrale Forum der Vereinten Nationen für Menschenrechte« ansieht. Mit gewohnter Konsequenz bekämpft Berlin weiter jede Form von Antisemitismus.

Feministische Außenpolitik

Vier Wochen ist es inzwischen her, daß Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich, die »E3«, die europäischen Vertragsstaaten des Joint Comprehensive Plan of Action, in einer Gemeinsamen Erklärung »ernsthafte Zweifel an Irans Absichten und seinem Bekenntnis« zu einer Einigung bei den Wiener Verhandlungen über das Abkommen äußerten, mit dem sie Teherans Aufstieg zur Atommacht verhindern wollen.

Weitere vier Wochen, insgesamt also bereits zwei Monate, ist es her, daß Josep Borrell Fontelles, der Hohe Außenbeauftragte der Europäischen Union, die Gespräche in der österreichischen Hauptstadt nach einer seit dem Frühjahr andauernden Pause für abgeschlossen erklärt hatte: »Was ausgehandelt werden konnte, ist ausgehandelt und in einem endgültigen Text festgehalten«, der nur noch unterschrieben werden müsse.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bekräftigte zwischenzeitlich, sie könne dem islamistischen Regime in Teheran ganz ausdrücklich nicht bescheinigen, es verfolge mit seinem Atomprogramm allein friedliche Zwecke. Ganz im Gegenteil: Die Islamische Republik Iran, warnt die UN-Behörde, verfüge über eine »signifikante Menge« Uran, das auf einen Reinheitsgrad von mindestens 60 Prozent angereichert wurde.

Zudem weigert sich das Mullah-Regime weiter, Fragen der mit der Überwachung der Umsetzung des JCPOA durch Teheran beauftragten IAEA zu Funden strahlender Spuren in dem Land zu beantworten, dessen Herrscher ihr Kernwaffenprogramm derweil ausbauen und immer schneller vorantreiben. Dennoch scheinen ihre seit einem Monat anhaltenden »ernsthaften Zweifel« die »E3« nicht allzu sehr zu bekümmern.

Von den in ihrer Gemeinsamen Erklärung Anfang September angekündigten Beratungen »mit unseren internationalen Partnern darüber«, »wie wir mit Irans fortgesetzter nuklearer Eskalation und seinem Mangel an Kooperationsbereitschaft [..] umgehen«, ist seither nichts mehr zu hören gewesen. Schlagzeilen machte dafür Teheran wegen seiner anhaltenden und immer brutaleren Versuche, zunehmende Proteste zu ersticken.

Dennoch denken die »E3« und insbesondere Berlin offenbar nicht daran, das Scheitern der Verhandlungen von Wien einzugestehen, wie für die deutsche Regierung deren Menschenrechtsbeauftragte Luise Amtsberg in einem Interview erläuterte. Der aktuellen Lage wegen liefen »derzeit« nicht bloß »keine aktiven Verhandlungen«, es gebe ihretwegen »natürlich« auch »keine Bestrebungen, die Verhandlungen weiterzuführen«.

Gleichwohl jedoch wollen die »E3« – zumindest jedenfalls Berlin – am JCPOA festhalten, »denn«, so Luise Amtsberg, wem werde es helfen, wenn an der Stelle« des Abkommens »wir als Konsequenz haben, dass der Iran an Atomwaffen kommt und damit auch ein bisschen zu einem Wettrüsten in der Golfregion beiträgt, und gleichzeitig ein Regime, das so eklatant Menschenrechtsverletzungen betreibt, in dieser Machtposition ist«?

Es ist eine bemerkenswerte Logik, die sich da: entfaltet: Wegen der Proteste gegen das Mullah-Regime, das sich dabei immer weiter diskreditiert, ist es gegenwärtig »natürlich« unmöglich, mit Teheran über den JCPOA zu verhandeln. Das Abkommen soll aber dennoch unbedingt irgendwie wiederbelebt werden, obwohl das gleichbedeutend wäre mit einer Anerkennung und Stärkung des dann noch weiter diskreditierten Regimes.

Derweil pausiert das iranische Kernwaffenprogramm freilich nicht. Dank wachsender Uran-Vorräte fällt es den Mullahs immer leichter, sich tatsächlich für den Bau einsatzfähiger Atomsprengköpfe zu entscheiden, zumal sie ihre Herrschaft damit auch nach innen sichern könnten. Doch Luise Amtsberg möchte nicht einmal einen Botschafter abberufen, weil dadurch »die Informationslage dünner« würde, »die ja jetzt schon sehr, sehr schlecht ist«.

Zu späte Einsicht

In einer Aktuellen Stunde des Deutschen Bundestags hat Außenministerin Annalena Baerbock angekündigt, sich für Sanktionen der Europäischen Union gegen die Islamische Republik Iran einsetzen zu wollen. Mit den Strafmaßnahmen soll die EU auf den Tod Mahsa Aminis reagieren, die vor zwei Wochen von iranischer Sicherheitskräften festgenommen worden war und den Gewahrsam nicht überlebte.

Versuche des Regimes, die seither wachsenden Proteste gegen das Vorgehen seiner »Sittenpolizei« zu ersticken, scheiterten. Weder mit brutaler Gewalt noch mit inszenierten Gegendemonstrationen konnten die Mullahs die Menschen bisher davon abbringen, sich auf den Straßen zu versammeln. Die jüngste »Enthüllung«, die Botschaft Berlins in Teheran organisiere den Protest, zeigt eine gewisse Hilflosigkeit der Mullahs.

Vor diesem Hintergrund wirkt die angekündigte Initiative der deutschen Außenministerin ein wenig wie der Versuch, auf einen fahrenden Zug aufzuspringen. Sollte die Theokratie fallen, der Anteil Berlins daran dürfte tatsächlich eher unbedeutend sein, was für eine »werteorientierte« Außenpolitik freilich nicht gerade ein Kompliment wäre. Ein solches hat das offizielle Deutschland allerdings auch nicht verdient.

Es ist noch gar nicht lange her, daß in Teheran Grüße des deutschen Staatsoberhaupts Frank-Walter Steinmeier zum Jahrestag der »Revolution« eingingen. Weil man das schon immer so gemacht habe, hieß es, nachdem diese Praxis öffentlich hinterfragt worden war. Und im Zusammenhang mit dem Joint Comprehensive Plan of Action, gegen den Teheran inzwischen offen verstößt, wurde Berlin sogar aktiv gegen Sanktionen.

Mit Instex, einem Projekt, an dem sich neben Berlin noch London und Paris beteiligten, wurde ein Instrument geschaffen, mit dem ganz ausdrücklich amerikanische Sanktionen gegen das Mullah-Regime umgangen werden sollten. Seit 2019 wachsen die deutschen Importe aus der Islamischen Republik – wenn auch auf niedrigem Niveau -, während die deutschen Exporte in die Theokratie relativ stabil blieben.

Deutschland gehört jedenfalls gewiß nicht zu jenen wenigen Staaten, die die Konfrontation mit dem Mullah-Regime suchen, wenn es um dessen Kernwaffenprogramm geht, aber auch dessen Verständnis von Menschenrechten. Es wäre wohl nicht falsch, der deutschen Außenpolitik gegenüber Teheran eine das dortige Regime legitimierende Tendenz zu unterstellen. Annalena Baerbocks Initiative ist daher kaum glaubwürdig.

Lupenreine Demokratin

Annalena Baerbock, sie fungiert als deutsche Außenministerin, hat sich im Rahmen einer Podiumsdiskussion in Prag nach übereinstimmenden Berichten dazu geäußert, wem ihre Loyalität gilt: »Ich werde die Ukraine an die erste Stelle setzen, egal was meine deutschen Wähler denken oder ob sie demonstrieren«, werden ihre englischsprachigen Aussagen etwa auf Twitter übersetzt und zusammengefaßt.

Die Tageszeitung Die Welt gibt die von der Partei Bündnis 90/Die Grünen ins Kabinett Olaf Scholz’ geschickte Politikerin auf ihrer Website etwas ausführlicher, inhaltlich aber durchaus gleichlautend wieder: »Wenn ich den Menschen in der Ukraine das Versprechen gebe: ›Wir stehen an eurer Seite, solange ihr uns braucht‹, dann werde ich diese Versprechen einhalten. Egal, was die deutschen Wähler denken«.

Es gibt gute Grüne, die Ukraine und die ukrainische Bevölkerung gegen die russischen Versuche zu unterstützen, das Land zu »entnazifizieren« und als Staat auszulöschen. Gleichwohl zeugt es nicht eben von politischer Klugheit, sich als deutsche Außenministerin einfach mal bedingungslos »den Menschen in der Ukraine« zu unterwerfen, zumal auch und gerade dieses Kollektiv wohl eher ein imaginäres ist.

Sagt die deutsche Ministerin sich und die Regierung, der sie angehört, prophylaktisch vom deutschen Souverän los, offenbart sie sich als ziemlich lupenreine Demokratin. Dabei sind es doch »unsere gemeinsamen weltweiten Werte, die in der Ukraine auf dem Spiel stehen«, darunter »das Recht von Bürgerinnen und Bürgern, egal wo auf dieser Welt, den Weg für sich selbst, für ihr Land selbst zu bestimmen«.

Wie können »die deutschen Wähler« im Gegensatz zu »den Menschen in der Ukraine« nicht zu dieser »weltweiten Gemeinsamkeit« gehören? Und, sollten sie tatsächlich einen eigenen, einen »deutschen Weg« gehen wollen, was gewiß keine Premiere wäre, weshalb sollte ihre Regierung sich dann nicht verpflichtet fühlen, dieses »Recht«, »den Weg für sich selbst, für ihr Land selbst zu bestimmen«, umzusetzen?

Die arrogant-autoritäre Haltung Annalena Baerbocks ist ein Affront, den ein Bundeskanzler, hätte er Rückgrat und so etwas wie ein Gewissen, nur mit einer Entlassung beantworten könnte, zumal die deutsche Ukraine-Politik, wie andere europäische Demokratien zeigen, nicht alternativlos ist. Annalena Baerbock kann argumentativ nicht überzeugen, also beschimpft sie »die deutschen Wähler«. Sie ist damit unhaltbar.

Nachtrag: Nachdem gesagt wurde, was gesagt wurde, soll es sich bei Annalena Baerbocks zitierten Äußerungen um »Desinformation von der Stange« handeln, für die ihr Auswärtiges Amt, das sich einen Beauftragten hält für strategische Kommunikation, ein »sinnentstellend zusammengeschnittenes Video, geboostert von prorussischen Accounts« verantwortlich macht.

Die Stimme Deutschlands

Was macht eigentlich Annalena Baerbock, die deutsche Außenministerin, an einem Tag, an dem die Regierung in Berlin bemüht ist, das Totalversagen ihres Chefs angesichts antisemitischer Ausfälle in seiner Anwesenheit zu erklären, irgendwie zu rechtfertigen, um noch zu retten, was nicht mehr zu retten ist? Hat sie ihre Botschafter angewiesen, sich an den Versuchen zur Rettung deutschen Ansehens zu beteiligen?

Oliver Owcza, der Berlin in Ramallah vertritt, jenem Ort, an dem »Palästinenserpräsident« Abu Mazen seinen Amtssitz hat, jedenfalls scheint nicht vorzuhaben, sich Olaf Scholz’ freilich zu spät gezwitscherter Botschaft anzuschließen, er sei »zu tiefst empört«, wie das etwa Steffen Seibert tat, der Deutschland in Israel repräsentiert. Nein, »Germany in Ramallah« verbreitet eine Nachricht der EU-Vertretung in Ramallah weiter.

»Nach der jüngsten militärischen Eskalation besuchten Vertreter der EU und ihrer Mitgliedstaaten« danach »den Gazastreifen, um sich ein Bild von den humanitären Folgen zu machen, trafen Opfer im Shifa-Krankenhaus und informierten sich über die Nothilfeaktivitäten des Palästinensischen Roten Halbmonds«. »Präsident« Abu Mazen würde wohl sagen, sie besuchten den Schauplatz des »51. israelischen Holocaust«.

Und natürlich ist im Tweet der EU-Vertretung beim PLO-Regime keine Rede vom »palästinensischen« Terror, von den Raketen des Islamic Jihad. Die »Palästinenser« werden als schuldlose Opfer dargestellt, die unter Israel zu leiden hätten. Oliver Owcza, die deutsche Stimme in Ramallah, sagt nichts zu Abu Mazens Auftritt in Berlin. Und doch sagt seine heutige Twitter-Aktivität alles zum Zustand deutscher Diplomatie.