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Täuschungsmanöver

Fünf Wochen nach dem Beginn der »Entnazifizierung« und »Entwaffnung« der Ukraine durch die russische Armee und deren Verbündete ist ein baldiges Ende der Auseinandersetzungen noch lange nicht in Sicht. Moskau hat ganz offenbar die Fähigkeiten der eigenen Armee weit über- und die Einsatzbereitschaft der ukrainischen Streitkräfte und der sie tragenden Bevölkerung noch weiter unterschätzt.

Gleichwohl ist ein russischer Sieg noch immer nicht ausgeschlossen, denn auch wenn Kiew inzwischen vom Westen nicht mehr nur mit wohlklingenden Worten, sondern zunehmend mit Waffenlieferungen unterstützt wird, führt die Ukraine weiterhin tatsächlich einen ziemlich einsamen Kampf: Weil »unsere Freiheit« eben gerade nicht in Mariupol verteidigt wird, bleiben »wir« kaum mehr als Zuschauer.

In Deutschland inszenieren derweil Teile der Politischen Klasse, die gestern noch keinem Termin mit Wladimir Putin aus dem Weg gehen wollten, etwas, das wohl Selbstkritik sein soll. Exemplarisch für sie steht der Christdemokrat Wolfgang Schäuble, lange Jahre in verschiedenen Ressorts als Minister tätig, von 2017 bis 2021 als Bundestagspräsident und gegenwärtig Alterspräsident des deutschen Parlaments.

In einem am vergangenen Wochenende veröffentlichten Interview erklärte er, »heute weiß ich: Ich lag falsch, wir alle lagen falsch«. Was nach dem Eingeständnis eines Fehlers bloß klingt, ist in der Tat ein Versuch, von der eigenen Verantwortung abzulenken. Lagen »wir alle« falsch, ist niemandem ein Vorwurf zu machen. Doch es bedurfte nicht erst des Wissens von heute, »wir alle« lagen nicht falsch.

Wladimir Putin hat nicht »uns alle« getäuscht, betrogen oder was auch immer, die, die sich heute im und hinter dem »Wir« verstecken, haben Warnungen, an denen es durchaus nicht mangelte, nicht wahrnehmen wollen, sich über sie lustig gemacht, sie verleumdet und es dabei ab und an nicht so genau genommen mit der Wahrheit oder sie schlicht ignoriert, weil sie nicht in das eigene Weltbild paßten.

Und dieses Verleugnen setzt sich bis heute fort, wenn Wolfgang Schäuble et al. sich in ein Kollektiv (»wir alle«) flüchten, das es so nie gab. Und es waren nicht bloß Stimmen wie die des als »Haßprediger« geschmähten oder als Witzfigur verhöhnten Donald J. Trump, sondern auch Institutionen wie etwa das Europäische Parlament, die ganz bewußt ignoriert wurden. Wer das bis heute leugnet, lügt weiter.

Münchener Freiheit

»In einem klaren Augenblick merkte Winston, dass er genauso brüllte wie die anderen und mit der Ferse heftig gegen sein Stuhlbein schlug. Das Schreckliche an den ZweiMinutenHass war nicht, dass man dabei eine Rolle spielen musste, sondern dass es unmöglich war, nicht mitgerissen zu werden. Spätestens nach dreißig Sekunden war jede gespielte Erregung unnötig.« (*)

Während in Moskau und zahlreichen weiteren russischen Städten Menschen mit Repressionen rechnen müssen, äußern sie sich ablehnend über die Politik »ihres« Präsidenten, feuert die bayerische Landeshauptstadt den Chefdirigenten ihrer Münchner Philharmoniker, weil der sich – trotz öffentlicher Aufforderung dazu – jedes öffentlichen Kommentars zum russischen Krieg gegen die Ukraine enthält.

Weil er sich »trotz meiner Aufforderung, ›sich eindeutig und unmissverständlich von dem brutalen Angriffskrieg zu distanzieren, den Putin gegen die Ukraine und nun insbesondere auch gegen unsere Partnerstadt Kiew führt‹, nicht geäußert« habe, hat der Münchener Oberbürgermeister Dieter Reiter, SPD, den russische Musiker Valery Gergiev als Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker gefeuert.

Und damit auch niemand fragt, welchen Verbrechens sich Valery Gergiev schuldig gemacht hat, gab Katrin Habenschaden, die Zweite Bürgermeisterin der bayerischen Haupstadt, zu Protokoll: »Man kann gar nicht anders, als Gergievs Schweigen als Zustimmung zum Krieg seines Freundes Putin zu verstehen«. In der Tat, Valery Gergiev hat nichts gesagt. Er hat trotz eines erpresserischen Ultimatums geschwiegen.

Valery Gergiev hat den russischen Krieg gegen die Ukraine nicht begrüßt, er hat ihn nicht verurteilt, er hat keine Meinung dazu geäußert, sich enthalten. Für Katrin Habenschaden reicht das, ihm die Unterstützung Wladimir Putins zu unterstellen, für Dieter Reiter, dem nunmehr Ex-Chefdirigenten zu kündigen. Die Münchener Freiheit ist etwas, vor dessen Vorbildwirkung Wladimir Putin et al. sich fürchten sollten.

(*) George Orwell: 1984, München 2021.

Bundespräsidiale Gefühle

Das deutsche Staatsoberhaupt Frank-Walter Steinmeier hat am Freitag mit scheinbetroffener Miene seinen »Landsleuten« mitgeteilt, wie sie sich zu fühlen hätten: »Uns allen ist das Herz schwer in diesen Tagen«. Es sei nämlich »furchtbar, was die Menschen« in der Ukraine »jetzt durchleben« müßten, da der russische Präsident Wladimir Putin »das Blut jenes Volkes, das er eben noch Brudervolk nannte«, vergieße.

Wladimir Putin, so der Bundespräsident, sei verantwortlich für »Tod und Verwundung, Zerstörung, Vertreibung, vieltausendfaches Leid – ganz in unserer Nähe«. Daher würden »wir«, die lieben »Landsleute«, gegenwärtig »mit unseren Gefühlen und Gedanken bei den Menschen in der Ukraine« sein, »die Opfer dieses Krieges« seien. »Dieses Unrecht« aber werde »nicht ohne deutliche Antwort bleiben«.

Nur leider wird von dieser »deutliche[n] Antwort« die Ukraine, werden die Menschen, bei denen er eben »Gefühle und Gedanken« seiner Landsleute verortete, nicht viel haben. Denn »Deutschland wird seinen Teil dazu beitragen, um Putin von Gewalt gegen unsere Partner im Bündnis abzuschrecken und abzuhalten«. Und »unser Partner im Bündnis« ist die Ukraine leider, leider nicht. Da kann man nichts machen.

Was als empathische Solidaritätserklärung des deutschen Staatsoberhaupts daherkommt, ist tatsächlich eine weitere kaltschnäuzige Verweigerung tatsächlicher Unterstützung. Die Ukraine ist als souveräner Staat vielleicht in ein paar Tagen, womöglich auch nur Stunden Geschichte, ihre Bürger, so nicht geflüchtet oder tot der Willkür von Besatzern und Kollaborateuren ausgesetzt, die sich auf Nazijagd wähnen.

Es wird ihre Opfer aber sicherlich trösten, daß »uns allen« dann »das Herz« gewiß noch ein wenig »schwerer« sein wird ob dessen, was sie durchleben werden müssen. »Unsere Gefühle und Gedanken« immerhin sind ihnen sicher, und geteiltes ist ja bekanntlich nur noch halbes Leid. Wer Freunde hat wie das deutsche Staatsoberhaupt, lebt wahrscheinlich sehr viel besser, setzt sie oder er auf Wladimir Putin.

Deutsche Werte

Während Bundeskanzler Olaf Scholz sich weiter nicht zur Frage eines deutschen »diplomatischen« Boykotts der Olympischen Winterspiele in China festlegen will, haben seine Außenministerin Annalena Baerbock und Innenministerin Nancy Faeser angekündigt, im Februar nicht in die Volksrepublik reisen zu wollen. Beide Ministerinnen bezeichnen ihrer Entscheidungen freilich als »persönlich«.

Das offizielle Deutschland drückt sich damit weiterhin vor einer eindeutigen Positionierung zu dem von der amerikanischen Regierung initiierten »diplomatischen« Boykott der am 3. Februar beginnenden Wettkämpfe in der Volksrepublik. Die Regierung in Washington will damit zumindest ein Zeichen gegen das Regime in Peking setzen und dessen Haltung zu Demokratie und Menschenrechten.

Zwar ist ein Boykott, der nicht von den zweifellos wichtigsten Akteuren Olympischer Spiele getragen wird, den Athleten und ihren Verbänden, ohnehin allenfalls ein symbolischer. Doch verglichen mit der deutschen Nichthaltung ist selbst diese Halbherzigkeit ein Zeichen von Rückgrat. Olaf Scholz’ Verweis auf eine »einheitliche« Positionierung Europas, die Berlin anstrebe, führt zudem in die Irre.

Das Vereinigte Königreich, das allerdings nicht mehr der Europäischen Union angehört, hat sich bereits Washington angeschlossen, Frankreich hingegen lehnt einen »politischen« Boykott der Winterspiele dagegen ab: »Der Sport ist eine Welt für sich und muß so weit es geht vor politischen Einflüssen geschützt werden«, meint der in Paris als Bildungs- und Sportminister fungierende Jean-Michel Blanquer.

Eine europäische Haltung ist damit längst nicht mehr zu erreichen. Und eine Positionierung der Europäischen Union, die von Frankreich nicht geteilt wird, ist ebenso illusorisch. Was die Regierung in Berlin, die doch angetreten ist, eine »wertegeleitete Außenpolitik« zu betreiben, mit ihrer Entscheidungsverweigerung vorführt, ist tatsächlich ein peinliches Trauerspiel politischer Rückgratlosigkeit.

Traditionspflege

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat die Finanzierung einer Ständigen Kommission gesichert, deren Auftrag die Untersuchung angeblicher Verbrechen an »Palästinensern« während der Auseinandersetzungen zwischen der Hamas und den israelischen Streitkräften im Mai 2021 sein soll. Die Untersuchungskommission war vom »Menschenrechtsrat« der Weltorganisation eingesetzt worden.

Mit ihrem Votum in der UN-Vollversammlung in New York sicherten die Vertreter von 125 Staaten jetzt die Finanzierung der Untersuchungskommission, deren Mandat – eine Premiere für die Vereinten Nationen – keiner zeitlichen Begrenzung unterliegt. Nur acht Staaten stimmten gegen die Beschlußvorlage, darunter neben Israel die Vereinigten Staaten und Ungarn, weitere 34 Länder enthielten sich.

Hatten die Repräsentanten Deutschlands im »Menschenrechtsrat« der Vereinten Nationen noch gegen die Untersuchungskommission und ihren einseitigen Auftrag gestimmt, beließen es die Vertreter Berlins in der UN-Vollversammlung nun bei einer entschiedenen Enthaltung und demonstrierten damit einmal mehr, daß deutsche Bekenntnisse zum Kampf gegen Antisemitismus bedeutungslos sind.

Im März 2019 forderte die damalige FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag erfolglos, die Regierung in Berlin müsse das »deutsche [..] Abstimmungsverhalten in Bezug auf Israel bei den Vereinten Nationen neu ausrichten«. Mittlerweile gehören die Liberalen einer »Fortschrittsregierung« an. Und werfen sich dort mit dem gleichen Elan für Israel »in die Bresche« wie deutsche Diplomaten in New York.

Entscheidungsschwäche

Die japanische Regierung hat angekündigt, sich dem »diplomatischen Boykott« der Olympischen Winterspiele anzuschließen, die in etwa sechs Wochen in China beginnen sollen. Zwar werden das Olympische sowie das Paralympische Komitee Japans hochrangige Vertreter zu den Wettbewerben schicken, Repräsentanten der politischen Führung in Tokyo werden aber nicht in die Volksrepublik reisen.

Tokyo, begründete der Leiter des Kabinetssekretariats Hirokazu Matsuno die Entscheidung, sei »davon überzeugt, daß die Achtung der Menschenrechte wichtig ist«. Man habe daher einmütig gegen politische Besuche der Winterspiele entschieden. Japan schließt sich damit Australien, Kanada und dem Vereinigten Königreich an, die bereits erklärt hatten, dem Beispiel Washingtons folgen zu wollen.

Wenn schon Politiker es angemessen finden, unter Berufung auf Menschenrechte die Olympischen Winterspiele in China zu boykottieren, sollten sich Sportlerinnen, Sportler und deren Verbände die Frage stellen, ob sie tatsächlich die Augen verschließen können vor den Peking vorgeworfenen massiven Menschenrechtsverletzungen, ob ihre Teilnahme »unpolitisch« oder gar »unschuldig« sein kann.

Bemerkenswerte freilich ist einmal mehr, daß die Regierung in Berlin es noch nicht vermocht hat, sich zu der Frage zu positionieren, obgleich sie sich doch eine »wertegeleitete Außenpolitik« auf die Fahnen geschrieben hat. Kanzler Olaf Scholz hatte sich ausweichend geäußert, Außenministerin Annalena Baerbock auf die EU verwiesen, die allerdings gar nicht über entsprechende Kompetenzen verfügt.

Die Regierung in Tokyo führt mit ihrer Entscheidung daher auch die neue deutsche Regierung ebenso vor wie die Europäische Union. In China werden, das ist unstrittig, Menschenrechte mit Füßen getreten, Menschen erst recht. Doch während andere Staaten – wenn auch nur halbherzig – vormachen, wie darauf reagiert werden könnte, blamiert Berlin sich in alter Tradition als entscheidungsunfähig.

Werteexport

Die neue Regierung in Berlin hat am 10. Dezember, dem internationalen Tag der Menschenrechte, der UNRWA eine Finanzspritze von 21 Millionen Euro zugesagt, mit der das berüchtigte »Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge« bei der Erbringung von Dienstleistungen im Bildungbereich (15 Millionen Euro) und im medizinischen Sektor (7 Millionen Euro) unterstützt werden soll.

Die von Kanzler Olaf Scholz geführte »Fortschrittsregierung« setzt damit eine Ankündigung ihres Koalitionsvertrags um, in dem es heißt, »wir werden das VN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) weiter finanziell unterstützen«. Gleichzeitig freilich verrät sie mit ihrer neuen Zuwendung mindestens eine weiteres ihrer Versprechen: »Wir [..] bekämpfen alle Formen des Antisemitismus«.

Denn ganz grundsätzlich legitimiert zweifellos jegliche finanzielle Unterstützung der UNRWA das »Hilfswerk« und die verheerende Rolle, die es im »palästinensisch«-israelischen Konflikt spielt. Die UNRWA trägt mit dem von ihr propagierten »Recht auf Rückkehr« und ihrer ganz speziellen »Flüchtlings«-Definition nicht zu dessen Entspannung bei, sondern erhält und verschärft ihn darüber hinaus.

Zudem wird insbesondere mit Zuwendungen, die »den Zugang zu Bildungsangeboten« sichern helfen sollen, ganz offenkundig die antisemitische Indoktrination von Kindern und Jugendlichen, die dem »Hilfswerk« ausgeliefert sind, gefördert. Es ist nicht erst seit gestern dokumentiert, daß die Schulen der UNRWA Zentren sind, an denen Antisemitismus verbreitet und Terrorismus glorifiziert werden.

Mit ihrer jüngsten Zahlungszusage an das »Hilfswerk« knüpft die neue deutsche Regierung nahtlos an die schon unter Kanzlerin Angela Merkel mit vielen Millionen betriebene Unterstützung der UNRWA an. Und wie die Große Koalition verschließen deren Nachfolger die Augen davor, was sie damit anrichten. Sie könnten es besser wissen und machen, wollen es aber ganz offenbar nicht einmal versuchen.

Deutsche Kontinuität

Die in New York tagende Vollversammlung der Vereinten Nationen hat am Donnerstag erneut zahlreiche antiisraelische Resolutionen beschlossen. Während es an Zuständen in anderen Staaten offenbar nichts zu kritisieren gab, wurde Israel in insgesamt sechs Beschlüssen angeklagt und verurteilt. Die Vertreter Deutschlands stimmten fünf der Resolutionen zu, bei einer enthielten sie sich der Stimme.

Hat Deutschland seit Mittwoch eine neue Regierung, die für »Fortschritt« zu stehen behauptet, und wird das Auswärtige Amt nun »grün« geführt, hat der Auszug Angela Merkels aus dem Kanzleramt ganz offenbar keinerlei Auswirkungen auf das deutsche Abstimmungsverhalten bei den Vereinten Nationen. Die deutschen Diplomaten stimmten in der UN-Vollversammlung erneut gegen den jüdischen Staat.

Denn um nichts anderes geht es in diesen Resolutionen. Zwar sind sie, da in der Vollversammlung der Weltorganisation beschlossen, unverbindlich, ohne Folgen jedoch sind sie nicht: Mit ihnen wird wieder und wieder versucht, die Legitimität der Existenz Israels zu untergraben. Regelmäßig wird in und mit ihnen beispielweise jüdische und damit Zivilisationsgeschichte verfälscht oder gar geleugnet.

Unter Außenminister Heiko Maas rechtfertigte Berlin das Abstimmungsverhalten seiner Diplomaten damit, daß es ihnen ja ermögliche, bei der Formulierung solcher Resolutionen mitzuwirken, ihnen die Schärfe zu nehmen. Antisemitismus bleibt freilich unabhängig davon, ob er in wütenden oder etwas »freundlicheren« Worten verpackt wird, nichts als Antisemitismus, Haß auf Juden und ihren Staat.

Und deutsche Diplomaten tragen mit ihrem Abstimmungsverhalten, das jedenfalls bisher stets von Berlin gedeckt wurde, dazu bei, Antisemitismus noch salonfähiger zu machen, die Stigmatisierung und Ausgrenzung von Juden und des jüdischen Staates. Kanzler Olaf Scholz und seine »grüne« Außenministerin Annalena Baerbock setzen damit fort, was zu beenden ein wirklicher Fortschritt wäre.

Verratene Unschuld

Im Februar sollen in China die XXIV. Olympischen Winterspiele stattfinden, veranstaltet von einem Internationalen Olympischen Komitee, das die olympische Idee längst verraten hat, in einem Staat, den ein Regime führt, das Menschenrechte und Demokratie ablehnt und seine Verkommenheit in der Verfolgung einer Sportlerin zeigt, die über sexuelle Übergriffe eines seiner Funktionäre berichtet hatte.

Die Regierung in Washington will deshalb die Veranstaltung »politisch boykottieren«, nicht jedoch amerikanische Sportler auffordern, auf die Teilnahme zu verzichten. Dem »politischen Boykott« haben sich derweil weitere Regierungen angeschlossen, während anderswo, in den Staaten der EU, noch überlegt wird, ob man sich wenigstens auf diese Weise der Vereinnahmung durch Peking verweigern wird.

Der eben ins Amt gewählte deutsche Kanzler Olaf Scholz antwortete in mehreren Interviews auf die Frage nach seiner Haltung zu einem Boykott mit peinlicher Phrasendrescherei, seine Außenministerin will eine »gemeinsame Antwort« der Europäischen Union, um keine eigene formulieren zu müssen. Ob dieses Wegduckens ist der von Washington initiierte »politische Boykott« schon anerkennenswert.

Gleichwohl stellt sich die Frage, weshalb sich noch kein Sportverband diesen Winterspielen verweigert. Ist »dem Sport« das Schicksal einer verfolgten Sportlerin, die tatsächlich doch nur eine von vielen sein dürfte, tatsächlich so gleichgültig? Glauben sie wirklich, ihre Teilnahme an den Wettkämpfen habe überhaupt nichts mit Politik allgemein und speziell der Übergriffigkeit Pekings nichts zu tun?

Mit den »politischen Boykotten«, die freilich unter den gegebenen Pandemiebedingungen oft auch nur wohlfeil sind, muß sich »der Sport« der Frage stellen, was seine oft beschworenen Ideale wert sind, reicht es nicht einmal zur Weigerung, in einem Land anzutreten wie China. So kläglich der »politische Boykott« ist, die Unbeirrtheit, mit der »der Sport« an diesen »Spielen« festhält, ist weit jämmerlicher.

Deutsche Kontinuität

Noch wird Deutschland von einer Regierung unter Kanzlerin Angela Merkel verwaltet, da kündigen ihre potentiellen Nachfolger unter der Überschrift »Mehr Fortschritt wagen« an, an mindestens einer Fehlentscheidung des großkoalitionären Bündnisses aus CDU, CSU und SPD festhalten zu wollen: »Wir werden das VN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) weiter finanziell unterstützen [..]«.

Zwar behaupten die Parteien der wahrscheinlich nächsten Regierung in Berlin wenige Zeilen in ihrem Koalitionsvertrag zuvor, »die Sicherheit Israels« sei »für uns Staatsräson«. Doch mit ihrem Bekenntnis zur Fortsetzung der deutschen Unterstützung für das »Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten« dementieren sie die ohnehin zur Phrase verkommene Absichtserklärung.

Gerade hat das nicht eben als Organ der Hasbara berüchtigte Fachmagazin Foreign Policy eine vernichtende Kritik an dem »Hilfswerk« veröffentlicht, da versprechen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die FDP der UNRWA weitere Millionen aus Deutschland. Zwar wollen sie auch »einen unabhängigen Monitoringprozess unterstützen, um Fehlentwicklungen entgegenzuwirken«, den aber gibt es nicht.

Die UNRWA ist keine politisch »neutrale« Organisation, die die Folgen eines existierenden Konflikts lindern hilft, tatsächlich sorgt sie auf vielerlei Weise dafür, ihn zu erhalten und zu verschärfen. Allein schon mit dem von ihr propagierten »Recht auf Rückkehr«, für das in den Augen der »Palästinenser« ihre Existenz garantiert, bedroht sie den jüdischen Staat. Mit »Fortschritt« hat das nichts zu tun.