Schlagwort: Staatsräson

Zwei-Staaten-Fetisch

Belehrte Ende September die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock Jerusalem, die gerade erfolgte Tötung Hassan Nasrallahs, des »Generalsekretärs« der islamistischen Terrororganisation Hisbollah, bei einer israelischen Militäroperation sei »in keinster Weise im Interesse der Sicherheit Israels«, will nun auch ihr Kabinettskollege Robert Habeck der israelischen Regierung die Interessen des jüdischen Staates erklären.

»Wenn israelische Politiker die Besatzung und Besiedlung Gazas in den Blick nehmen«, diktierte der Minister für Wirtschaft und Klimaschutz Zeitungen der Funke Mediengruppe, »muss ihnen klar, dass sie damit allem Bemühen um die nachhaltige Sicherheit Israels und einen nachhaltigen Frieden schaden«. Denn »das Ziel einer Zweistaatenlösung« werde »dadurch zerstört«, was »nicht im langfristigen Sicherheitsinteresse von Israel« sei.

Woher Robert Habeck seine Weisheit nimmt, das läßt er leider unerwähnt. Dafür ergänzt er, um nur keine Phrase auszulassen, »Israels Sicherheit ist unsere Staatsräson«, und »gerade deshalb sage ich deutlich: Ich bin in Sorge«. Den Menschen in Israel freilich, diesem ewigen Sorgenkind wiedergutgewordener Deutscher, hat der 7. Oktober 2023 brutal vor Augen geführt, daß Propheten, die eine »Zwei-Staaten-Lösung« propagieren nicht zu trauen ist.

Die Räumung Gazas 2005 hat sich rückblickend und besonders vor dem Hintergrund des bösartigsten antisemitischen Pogroms seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nämlich als noch größerer Mißerfolg erwiesen als die weitgehende »palästinensische« Autonomie in den umstrittenen Gebieten. Die »Palästinenser« da wie dort laufen Führern hinterher, die nichts weniger wollen als einen Staat neben Israel, die gar kein Israel wollen.

Die Hamas hat ihre »Al-Aksa-Flut« nicht losgetreten, um einer »Zwei-Staaten-Lösung« zum Durchbruch zu verhelfen, das Regime in Teheran bekämpft mit seiner »Achse des Widerstands« Israel nicht aus Begeisterung für diese »Lösung«, die deshalb keine ist, zumindest auf absehbare Zeit keine sein kann. Das Problem ist nicht das Fehlen eines »palästinensischen« Staates, das Problem ist der antisemitische Vernichtungswahn.

Davon zu schweigen, aber Jerusalem darüber Lektionen zu erteilen, was Israels Interessen sein sollen, ist übergriffig und anmaßend. Israel ist eine funktionierende Demokratie, die über ihre Interessen souverän selbst diskutiert und entscheidet. Die »Zwei-Staaten-Lösung« haben die »Palästinenser« beerdigt, falls sie sie überhaupt je angestrebt haben, nicht irgendwelche »Siedler« oder nur Spekulationen [!] über ihre Rückkehr nach Gaza.

Leersätze

In dieser Woche töteten die israelischen Streitkräfte in Tulkarem in den bis 1967 von Jordanien besetzten Gebieten nach »palästinensischen« Angaben 18 Menschen. Mindestens 12 der Toten gehörten laut IDF Terrororganisationen an, der islamistischen Hamas, dem Islamic Jihad sowie der Fatah. Die Hamas bestätigte den Verlust von acht »Kämpfern«, der Islamic Jihad und die Fatah erklärten, um je einen »Märtyrer« zu trauern.

Während ihr Auswärtiges Amt dennoch »die hohe Zahl ziviler Opfer« bei der Operation »schockierend« nannte und damit eine Richtigstellung vom israelischen Botschafter in Berlin Ron Prosor provozierte, erklärt ausgerechnet Außenministerin Annalena Baerbock in einem Gastbeitrag in BILD am Sonntag »unsere[n] israelischen Freundinnen und Freunde[n]«, »wir stehen an Eurer Seite. Eure Sicherheit ist Teil unserer Staatsräson«.

Brunchte sie eben noch vertraulich mit notorischen Israel-»Kritikern«, ließen Diplomaten ihres Ministeriums in der Vollversammlung der Vereinten Nationen den jüdischen Staat im Stich und schulmeisterte sie selbst, die Ausschaltung des antisemitischen Massenmörders Hassan Nasrallah sei »in keinster Weise im Interesse der Sicherheit Israels«, dichtet Annalena Baerbock ernsthaft, »Israel hat ein Recht auf Selbstverteidigung«.

Dabei ist ihr Ministerium maßgeblich mitverantwortlich für ein »stilles« Waffenembargo gegen Israel, wenngleich es offiziell auch »keinerlei deutschen Waffenexport-Boykott gegenüber Israel« geben soll. Annalena Baerbocks Ausführungen – zusammengewürfelt aus wohlfeilen Textbausteinen – ist wohl das Beispiel für eine Sonntagsrede, leeres Geschwätz, das die Realität leugnet und deshalb vergessen ist, bevor es vorgetragen wurde.

Leitwerte

Im Einzelplan 60 des Bundeshaushalts für das laufende Jahr 2024 ist ein »Beitrag zur Beschaffung von Verteidigungssystemen für Israel« mit einem Umfang von 45 Millionen Euro vorgesehen. Bis zum 21. August 2024 hat Berlin nach Recherchen der österreichischen Wochenzeitung profil Rüstungsexporte nach Israel in einem Gesamtwert von lediglich 14,5 Millionen Euro genehmigt, nachdem dieser Wert 2023 bei 326 Millionen Euro lag.

Die meisten dieser Exportgenehmigungen wurden nach dem 7. Oktober 2023 erteilt, dem barbarischen Überfall islamistischer Terroristen aus Gaza und ihrer Helfershelfer auf den jüdischen Staat. Der Krieg zur Zerschlagung der Hamas und zur Befreiung ihrer Geiseln ist trotz einiger Erfolge noch nicht beendet, inzwischen wird Israel auch massiv aus dem Libanon und dem Jemen angegriffen, auch Teheran schickte bereits Raketen und Drohnen.

Der israelische Bedarf an Rüstungsgütern aus Deutschland ist seit Ende 2023 also gewiß nicht gesunken. Tatsächlich erklärten Vertreter deutscher Rüstungsunternehmen gegenüber profil und dem israelischen Think Tank Shomrim, ihre Auftragsbücher seien voller Bestellungen aus Israel. Lieferungen scheiterten aber »an den nötigen Exportgenehmigungen für Waffenexporte und Rüstungsgüter«, die entweder gar nicht oder nur verzögert erteilt würden.

Hatte Bundeskanzler Olaf Scholz am 12. Oktober 2023 versichert, sein Deutschland werde »Israel unterstützen, sich und sein Volk gegen solche Gräueltaten zu verteidigen«, und betont, »unsere Solidarität erschöpft sich nicht in Worten«, ist 11 Monate später nicht mehr viel übrig vom deutschen »Platz an der Seite Israels«. Nach Katar genehmigte Berlin in den ersten sechs Monaten 2024 Waffenexporte im Wert von »knapp über 100 Millionen Euro«.