Schlagwort: Johann Wadephul

Hybris

Im Gespräch mit einem amerikanischen Fernsehsender hat Bundeskanzler Friedrich Merz Deutschland zu »eine[r] erwachsene[n] Demokratie« erklärt und sich »deshalb« kritische Anmerkungen aus dem Weißen Haus verbeten. »Wir« bräuchten »keine Lektionen von außen«, gab der CDU-Politiker nach einem Treffen mit US-Präsident Donald J. Trump wohl in Anspielung auf frühere Kommentare dessen Stellvertreters James David Vance zu Protokoll.

Während sein Kabinettschef sich in Washington aufhielt, empfing Außenminister Johann Wadephul seinen israelischen Amtskollegen Gideon Saar in Berlin. (West-)Deutschland und die jüdische Demokratie können 2025 auf sechs Jahrzehnte gegenseitiger diplomatischer Beziehungen zurückblicken, die gerade die Vertreter Berlins in ihren zahllosen Sonntagsreden gern mit einer ganzen Auswahl positiv besetzter Adjektive näher zu beschreiben pflegen.

Doch abgesehen vielleicht vom gleichwohl realitätsfremden Bekenntnis Johann Wadephuls zu einer »verhandelten Zweistaatenlösung«, mit dem er sich allerdings immerhin noch von Paris und vielen weiteren europäischen Hauptstädten absetzte, klangen die vom Blatt abgelesenen Ausführungen des deutschen Außenministers vor allem nach einer Standpauke, statt nach Freundschaft oder gar Solidarität mit einer befreundeten Nation im Kampf um ihre Existenz.

Vor laufenden Kameras mußte Gideon Saar sich, Tadel auf Tadel, eine übergriffige Belehrung nach der nächsten anhören, einzeln und insbesondere in ihrer Gesamtheit genau das, was Kanzler Friedrich Merz in den Vereinigten Staaten empört als »Lektionen von außen« zurückweisen sollte. Gideon Saar ertrug die Ausfälle seines deutschen Gastgebers mit der Gelassenheit eines erfahrenen Staatsmannes. Wie peinlich daneben das deutsche politische Personal

Deutsche Heuchelei

Der deutsche Außenminister Johann Wadephul hat sich in die lange Reihe jener Politiker eingereiht, die in diesen Tagen versuchen, Israel ins Unrecht zu setzen. Zwar stehe Deutschland zu Israel, gab der Nachfolger Annalena Baerbocks im Auswärtigen Amt jetzt zu Protokoll, allerdings stünden »wir [..] auch zu den Menschen im Gazastreifen«. »Und alle haben das gleiche Recht, ernährt zu werden und Medikamente zu bekommen.«

Es sei, fuhr Johann Wadephul bei einem Auftritt am Dienstag auf der in Berlin stattfindenden re:publica25 fort, »völlig inakzeptabel«, daß »die Menschen im Gazastreifen nicht mit Grundnahrungsmitteln und Medikamenten versorgt werden«. Mit seinem Ausfall gegenüber Israel offenbart der CDU-Politiker ein eher seltsames Verhältnis zur Realität, in der gerade die Gaza Humanitarian Foundation (GHF) ihre Tätigkeit aufgenommen hat.

Noch in dieser Woche will die Organisation, die von den Regierungen in Washington und Jerusalem unterstützt wird, über eine Million Menschen mit ihren Hilfsgütern erreichen. Die Eröffnung ihres ersten Verteilzentrums verlief nicht völlig reibungslos, das kann aber angesichts der Umstände, in denen sie stattfand, kaum verwundern. Die GHF hat damit aber vor allem ihr Wort gehalten, noch im Mai ihre Arbeit in Gaza aufzunehmen.

Läge der deutschen Regierung tatsächlich etwas daran, die Menschen in Gaza zu unterstützen – und eben nicht die Hamas -, so hätte sie sich der Initiative anschließen können. Freilich gehört Außenminister Johann Wadephul zu den Unterzeichnern einer vor einer Woche veröffentlichten Erklärung, mit der Jerusalem aufgefordert wurde, wieder ausgerechnet mit jenen Vereinten Nationen zu kooperieren, die bisher mit der Hamas kollaborierten.

Statt sich also hinter ein Vorhaben zu stellen, daß Menschen mit benötigten Gütern versorgen will, ohne daß davon islamistische Terroristen profitieren, die Gaza erst ins Verderben gestürzt haben, ging auch die deutsche Regierung auf Abstand zur GHF. Angesichts dieser Absage an Helfer wirkt die Behauptung, daß »die Menschen im Gazastreifen nicht mit Grundnahrungsmitteln und Medikamenten versorgt werden«, nicht bloß etwas unangemessen.

Traditionspflege

Der deutsche Außenminister Johann Wadephul hat mitteilen lassen, daß »der Beginn einer neuerlichen Bodenoffensive der israelischen Armee in Gaza« in Berlin »Grund zu tiefer Sorge« sei. Israel habe zwar »wie jeder Staat das Recht, sich im Rahmen des geltenden Völkerrechts zu verteidigen«. »Aber das aktuelle Vorgehen könnte das Leben der verbliebenen Geiseln gefährden, darunter auch der deutschen«.

Von der Tragfähigkeit solcher Vorhersagen kündeten nahezu zeitgleich mit der Veröffentlichung der neuesten Stellungnahme des Auswärtigen Amts »zu den aktuellen Entwicklungen in Gaza« kursierende Meldungen, nach denen die Hamas gegenüber Unterhändlern angeboten haben soll, die Hälfte ihrer noch lebenden jüdischen Geiseln im Gegenzug für eine zweimonatige Waffenruhe in Gaza freizugeben.

Hatte Kanzler Friedrich Merz nach seiner Inthronisierung im zweiten Wahlgang verkündet, Israel mache »uns allergrößte Sorgen«, scheint auch seinem Außenminister wenig daran gelegen, den Eindruck zu entkräften, der Regierungswechsel habe wenig geändert an der Haltung Berlins zum Existenzkampf des jüdischen Staates. Wie schon seine Vorgängerin gefällt sich Johann Wadephul als Lehrmeister Jerusalems.

Und auch er nimmt es dabei, daß er mit seinen übergriffigen »Ratschlägen« die einzige Demokratie im Nahen Osten weiter delegitimiert. Da helfen auch alle Lippenbekenntnisse aus Anlaß des 60. Jubiläums der Aufnahme israelisch-(west-)deutscher diplomatischer Beziehungen nichts: Die Einseitigkeit, mit der das Auswärtige Amt ganz selbstverständlich Israel anprangert und ins Unrecht setzt, ist auffallend.

Eben hat »Revolutionsführer« Ayatollah Seyed Ali Khamenei, das »geistliche Oberhaupt« jenes Regimes, das die »Achse des Widerstands« lenkt, der auch die islamistischen Babyschlächter in Gaza Treue geschworen haben, angekündigt, das »Krebsgeschwür des zionistischen Regimes wird ausgelöscht werden«. Weiß Johann Wadephul, daß sein neuestes »Aber« gerade vor diesem Hintergrund unangemessen sein könnte?

Anspruch und Wirklichkeit

Während die deutsche Sozialdemokratie noch damit beschäftigt ist, das Ende ihrer Mitgliederbefragung zum Koalitionsvertrag mit den Unionsparteien abzuwarten, hat der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz die aus seiner Partei stammenden Kandidaten für sein Kabinett vorgestellt, sollte er vom Bundestag zum Kanzler gewählt werden. Im Auswärtige Amt soll danach Johann Wadephul Annalena Baerbock beerben.

Hat die selbsterklärte Repräsentantin einer »feministischen Außenpolitik« viel dafür getan, die bilateralen Beziehungen zu Israel, dem jüdischen Staat, nachhaltig zu ruinieren, und mit einigem Erfolg versucht, dessen Erzfeind, die Islamische Republik Iran, vor möglicherweise tatsächlich wirksamen europäischen Sanktionen zu bewahren, stand Johann Wadephul – in der Opposition – für eine anders ausgerichtete Außenpolitik.

So verlangte Johann Wadephul, »dass die Bundesregierung ihre finanzielle Unterstützung für UNRWA komplett suspendiert und die Mittelzuflüsse umgehend stoppt«, nachdem einmal mehr die engen Bande zwischen dem »Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten« und der Hamas aufgeflogen waren, während die Amtsinhaberin Berlins Ruf als größter Geber der Organisation verteidigte.

Hätte Annalena Baerbock nach wiederholter eigener Auskunft eine europäische Ächtung der iranischen Pasdaran (IRGC) zwar durchaus begrüßt, verweigerte sich ihr Auswärtiges Amt tatsächlich unter Berufung auf ein als Verschlußsache behandeltes Rechtsgutachten entsprechenden Bemühungen. Ausgerechnet die taz deckte allerdings auf, daß das Geheimgutachten die Darstellung des Außenamts keineswegs stützt.

»Warum«, fragte Johann Wadephul Ende 2022 im Bundestag, gibt es in der EU »keine vollständige Sanktionierung der Garden? Warum ist es immer noch möglich, dass die Kinder der Mitglieder der Revolutionsgarden in Eliteschulen in Europa zur Schule gehen [..] und diese Schicht ein Leben in Saus und Braus führt?« Im Koalitionsvertrag heißt es nun, »wir [..] setzen uns weiterhin entschieden dafür ein, die Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste zu setzen«.

Und auch zur Frage der Finanzierung der berüchtigten UNRWA durch Berlin kündigt das Papier eine Fortsetzung der bisherigen Politik an. Von einem Ende der deutschen Unterstützung des »Hilfswerks« ist dort jedenfalls nichts zu lesen, allein deren Umfang wird von nicht näher beschriebenen »Reformen« abhängig gemacht. Johann Wadephul wird sich anstrengen müssen, unter diesen Voraussetzungen seine Glaubwürdigkeit zu bewahren.