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Deutsche Heuchelei

Der deutsche Außenminister Johann Wadephul hat sich in die lange Reihe jener Politiker eingereiht, die in diesen Tagen versuchen, Israel ins Unrecht zu setzen. Zwar stehe Deutschland zu Israel, gab der Nachfolger Annalena Baerbocks im Auswärtigen Amt jetzt zu Protokoll, allerdings stünden »wir [..] auch zu den Menschen im Gazastreifen«. »Und alle haben das gleiche Recht, ernährt zu werden und Medikamente zu bekommen.«

Es sei, fuhr Johann Wadephul bei einem Auftritt am Dienstag auf der in Berlin stattfindenden re:publica25 fort, »völlig inakzeptabel«, daß »die Menschen im Gazastreifen nicht mit Grundnahrungsmitteln und Medikamenten versorgt werden«. Mit seinem Ausfall gegenüber Israel offenbart der CDU-Politiker ein eher seltsames Verhältnis zur Realität, in der gerade die Gaza Humanitarian Foundation (GHF) ihre Tätigkeit aufgenommen hat.

Noch in dieser Woche will die Organisation, die von den Regierungen in Washington und Jerusalem unterstützt wird, über eine Million Menschen mit ihren Hilfsgütern erreichen. Die Eröffnung ihres ersten Verteilzentrums verlief nicht völlig reibungslos, das kann aber angesichts der Umstände, in denen sie stattfand, kaum verwundern. Die GHF hat damit aber vor allem ihr Wort gehalten, noch im Mai ihre Arbeit in Gaza aufzunehmen.

Läge der deutschen Regierung tatsächlich etwas daran, die Menschen in Gaza zu unterstützen – und eben nicht die Hamas -, so hätte sie sich der Initiative anschließen können. Freilich gehört Außenminister Johann Wadephul zu den Unterzeichnern einer vor einer Woche veröffentlichten Erklärung, mit der Jerusalem aufgefordert wurde, wieder ausgerechnet mit jenen Vereinten Nationen zu kooperieren, die bisher mit der Hamas kollaborierten.

Statt sich also hinter ein Vorhaben zu stellen, daß Menschen mit benötigten Gütern versorgen will, ohne daß davon islamistische Terroristen profitieren, die Gaza erst ins Verderben gestürzt haben, ging auch die deutsche Regierung auf Abstand zur GHF. Angesichts dieser Absage an Helfer wirkt die Behauptung, daß »die Menschen im Gazastreifen nicht mit Grundnahrungsmitteln und Medikamenten versorgt werden«, nicht bloß etwas unangemessen.

Traditionspflege

Der deutsche Außenminister Johann Wadephul hat mitteilen lassen, daß »der Beginn einer neuerlichen Bodenoffensive der israelischen Armee in Gaza« in Berlin »Grund zu tiefer Sorge« sei. Israel habe zwar »wie jeder Staat das Recht, sich im Rahmen des geltenden Völkerrechts zu verteidigen«. »Aber das aktuelle Vorgehen könnte das Leben der verbliebenen Geiseln gefährden, darunter auch der deutschen«.

Von der Tragfähigkeit solcher Vorhersagen kündeten nahezu zeitgleich mit der Veröffentlichung der neuesten Stellungnahme des Auswärtigen Amts »zu den aktuellen Entwicklungen in Gaza« kursierende Meldungen, nach denen die Hamas gegenüber Unterhändlern angeboten haben soll, die Hälfte ihrer noch lebenden jüdischen Geiseln im Gegenzug für eine zweimonatige Waffenruhe in Gaza freizugeben.

Hatte Kanzler Friedrich Merz nach seiner Inthronisierung im zweiten Wahlgang verkündet, Israel mache »uns allergrößte Sorgen«, scheint auch seinem Außenminister wenig daran gelegen, den Eindruck zu entkräften, der Regierungswechsel habe wenig geändert an der Haltung Berlins zum Existenzkampf des jüdischen Staates. Wie schon seine Vorgängerin gefällt sich Johann Wadephul als Lehrmeister Jerusalems.

Und auch er nimmt es dabei, daß er mit seinen übergriffigen »Ratschlägen« die einzige Demokratie im Nahen Osten weiter delegitimiert. Da helfen auch alle Lippenbekenntnisse aus Anlaß des 60. Jubiläums der Aufnahme israelisch-(west-)deutscher diplomatischer Beziehungen nichts: Die Einseitigkeit, mit der das Auswärtige Amt ganz selbstverständlich Israel anprangert und ins Unrecht setzt, ist auffallend.

Eben hat »Revolutionsführer« Ayatollah Seyed Ali Khamenei, das »geistliche Oberhaupt« jenes Regimes, das die »Achse des Widerstands« lenkt, der auch die islamistischen Babyschlächter in Gaza Treue geschworen haben, angekündigt, das »Krebsgeschwür des zionistischen Regimes wird ausgelöscht werden«. Weiß Johann Wadephul, daß sein neuestes »Aber« gerade vor diesem Hintergrund unangemessen sein könnte?

Kontinuitäten

Kurz nach seiner erst im zweiten Wahlgang gelungenen Inthronisierung als neuer Kanzler Deutschlands teilte Friedrich Merz der Nation mit, Israel bereite »uns allergrößte Sorgen«. Ohne ins Detail zu gehen, erklärte der CDU-Politiker, es müsse »klar sein, daß die israelische Regierung ihre Verpflichtungen auch im Völkerrecht, im Kriegsvölkerrecht zu erfüllen« habe, »die humanitäre Hilfe im Gaza-Streifen, die« müsse »geleistet werden«.

Nachdem Friedrich Merz den jüdischen Staat so mindestens indirekt ins Unrecht gesetzt hatte, billigte er Israel dann immerhin doch noch ein Recht auf Verteidigung gegen die Hamas zu, eine an dieser Stelle freilich längst zur Floskel verkommene Bemerkung. Die islamistischen Barbaren, deren Anhänger der Christdemokrat gewiß keiner ist, dürften gleichwohl zufrieden sein mit diesem Auftritt, der ja eben doch einer in ihrem Sinne war.

Nicht sie und ihre feige Taktik, sich in Gaza hinter jüdischen Geiseln und »palästinensischen« Zivilisten zu verstecken und so Leid zu provozieren, standen im Mittelpunkt, angeprangert wurde Israel, das »erhebliche Besorgnis« auslöse oder sogar die »allergrößte Sorge«. Und nicht die Hamas wurde belehrt, was sie zu tun oder zu lassen habe, sondern – Israel. Das Gesicht ist »neu«, die Stimme tiefer – der Sound aber war der Annalena Baerbocks.

Dabei hätte der neue Kanzler durchaus auch neue Akzente setzen können. Weshalb beispielsweise widersprach er nicht der dreisten Behauptung des Fragestellers, daß der israelische Premier Benjamin Netanjahu anstrebe, daß »die Menschen von dort, ja, das Gebiet verlassen sollen«? Mit seiner Antwort adelte Friedrich Merz das antiisraelische Ressentiment, machte das verlogene Geraune noch ein wenig hoffähiger. Ein durch und durch peinliches »Debüt«.

Anspruch und Wirklichkeit

Während die deutsche Sozialdemokratie noch damit beschäftigt ist, das Ende ihrer Mitgliederbefragung zum Koalitionsvertrag mit den Unionsparteien abzuwarten, hat der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz die aus seiner Partei stammenden Kandidaten für sein Kabinett vorgestellt, sollte er vom Bundestag zum Kanzler gewählt werden. Im Auswärtige Amt soll danach Johann Wadephul Annalena Baerbock beerben.

Hat die selbsterklärte Repräsentantin einer »feministischen Außenpolitik« viel dafür getan, die bilateralen Beziehungen zu Israel, dem jüdischen Staat, nachhaltig zu ruinieren, und mit einigem Erfolg versucht, dessen Erzfeind, die Islamische Republik Iran, vor möglicherweise tatsächlich wirksamen europäischen Sanktionen zu bewahren, stand Johann Wadephul – in der Opposition – für eine anders ausgerichtete Außenpolitik.

So verlangte Johann Wadephul, »dass die Bundesregierung ihre finanzielle Unterstützung für UNRWA komplett suspendiert und die Mittelzuflüsse umgehend stoppt«, nachdem einmal mehr die engen Bande zwischen dem »Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten« und der Hamas aufgeflogen waren, während die Amtsinhaberin Berlins Ruf als größter Geber der Organisation verteidigte.

Hätte Annalena Baerbock nach wiederholter eigener Auskunft eine europäische Ächtung der iranischen Pasdaran (IRGC) zwar durchaus begrüßt, verweigerte sich ihr Auswärtiges Amt tatsächlich unter Berufung auf ein als Verschlußsache behandeltes Rechtsgutachten entsprechenden Bemühungen. Ausgerechnet die taz deckte allerdings auf, daß das Geheimgutachten die Darstellung des Außenamts keineswegs stützt.

»Warum«, fragte Johann Wadephul Ende 2022 im Bundestag, gibt es in der EU »keine vollständige Sanktionierung der Garden? Warum ist es immer noch möglich, dass die Kinder der Mitglieder der Revolutionsgarden in Eliteschulen in Europa zur Schule gehen [..] und diese Schicht ein Leben in Saus und Braus führt?« Im Koalitionsvertrag heißt es nun, »wir [..] setzen uns weiterhin entschieden dafür ein, die Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste zu setzen«.

Und auch zur Frage der Finanzierung der berüchtigten UNRWA durch Berlin kündigt das Papier eine Fortsetzung der bisherigen Politik an. Von einem Ende der deutschen Unterstützung des »Hilfswerks« ist dort jedenfalls nichts zu lesen, allein deren Umfang wird von nicht näher beschriebenen »Reformen« abhängig gemacht. Johann Wadephul wird sich anstrengen müssen, unter diesen Voraussetzungen seine Glaubwürdigkeit zu bewahren.

Großzügigkeit und Transparenz

Das Transparenzportal des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) soll nach eigenen Angaben darüber informieren, »in welche Projekte« das noch von der Sozialdemokratin Svenja Schulze geführte Ministerium, »in welchem Umfang investiert und welche Ziele diese verfolgen«. Diese Transparenz soll es ermöglichen, »politische Entscheidungen nach[zu]vollziehen«.

Laut Transparenzportal lief bereits vor einem Jahr eine Fördermaßnahme mit dem Titel »UNRWA Rehabilitierung von Wohnraum in Gaza« aus. Sie hatte nach den Angaben ein Finanzierungsvolumen von 11 Millionen Euro. Am 31. Januar 2024 stellte der Unions-Abgeordnete Wolfgang Stefinger im Bundestag der Regierung in Berlin einige Fragen. Darin ging es etwa darum, weshalb das Vorhaben nicht evaluiert wurde bzw. werde.

Gleichzeitig wollte der Volksvertreter wissen, »mit welchen konkreten Maßnahmen« das federführende BMZ habe sicherstellen können, daß die zu diesem Zeitpunkt »bereits zu 100 Prozent« ausgezahlten Mittel »nicht direkt oder indirekt an die Hamas oder andere terroristische Organisationen gelangten«. So richtig mit der doch so wichtigen Transparenz hatte es in seiner Erwiderung Staatssekretär Niels Annen nicht.

Demnächst ein Koalitionspartner von Wolfgang Stefinger, verwies der Sozialdemokrat auf »mehrstufige Kontrollsysteme«, die eine »Mittelfehlverwendung zugunsten der Hamas oder anderer militanter Gruppierungen« ausschließen würden. Und eine »Evaluierung von Vorhaben«, erklärte er, werde »erst nach Projektende vorgenommen«. Sie blieb freilich bis heute aus. Dafür aber floß noch einmal Geld: Der Auszahlungsfortschritt stieg bis Mai 2024 auf »200 %«.

Koalition des Versagens

Nachdem die Unionsparteien und die deutsche Sozialdemokratie sich in ihrem Koalitionsvertrag zu der deutschen Unterstützung der berüchtigten UNRWA bekennen und ankündigen, lediglich deren »Umfang« von freilich nicht näher beschriebenen »Reformen« abhängig machen zu wollen, übt nun Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Kritik an diesem Vorhaben der wahrscheinlich künftigen deutschen Regierung.

Gegenüber der Tageszeitung Die Welt erklärte er, das »Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten« dürfe »in seiner derzeitigen Form keine Zukunft haben«, und betonte, es sei »fahrlässig« zu riskieren, daß »deutsche Steuergelder in Strukturen versickern, die am Ende bei islamistischen Terroristen enden könnten«. Zugleich äußerte Josef Schuster Zweifel daran, daß das »Hilfswerk« überhaupt reformierbar sei.

Es ist in der Tat skandalös und ein Affront gegenüber Jerusalem, daß auch eine von Friedrich Merz geführte Koalition der UNRWA die Treue halten will. Denn selbst wer die UNRWA für eine nützliche Einrichtung hält, kommt an der Tatsache nicht vorbei, daß Israel das »Hilfswerk« auf seinem Gebiet illegalisiert hat und jede Zusammenarbeit mit ihm ablehnt – und ohne Koordination mit Jerusalem ist es nach eigener Auskunft arbeitsunfähig.

Zwar scheint die israelische Regierung das »Hilfswerk« noch zu dulden, das aber kann sich jederzeit (und sollte sich schnellstmöglich) ändern. Als größter Geber dieser Organisation ist es deshalb wohl sogar mehr als »nur« fahrlässig, sich durch neue Zusagen weiter an sie zu binden. Wer sich der Erkenntnis verweigert, daß das »Hilfswerk« Teil des Problems ist und nicht von dessen Lösung, negiert jedes Bekenntnis zur deutschen »Staatsräson«.

Affront

In den vergangenen Tagen haben CDU, CSU und die SPD sich auf einen Koalitionsvertrag verständigt, der die Grundlage bilden soll auch für außenpolitische Entscheidungen der künftigen Regierung in Berlin. Bemühte sich die Regierung unter Kanzler Olaf Scholz, das deutsch-israelische Verhältnis möglichst nachhaltig zu ruinieren, deutet auch im neuen Koalitionsvertrag nichts auf eine nennenswerte Kursänderung hin.

Zwar ist es gelungen, offen antiisraelische Aussagen, die von den Unterhändlern der SPD vorgelegt worden waren, abzuschwächen oder ganz zu streichen. Gleichwohl wollen die Koalitionäre sich weder von der illusionären »Zwei-Staaten-Lösung« verabschieden – allerdings soll diese immerhin eine »verhandelte« sein, womit Berlin sich der jüngsten französischen Initiative verweigern müßte – noch die berüchtigte UNRWA auflösen.

Dabei hatte Michael Brand, der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Menschenrechte und humanitäre Hilfe derUnionsfraktion, Anfang 2024 erklärt, »nicht erst seit dem barbarischen Massaker vom 7. Oktober« sei bekannt, »dass in Schulen und Einrichtungen der UN-Organisation in Gaza seit Jahren blinder Hass und die Vernichtung der Juden propagiert« werde, und verlangt, humanitäre Hilfe »mit moderaten arabischen Partnern neu [zu] organisieren«.

Nun, da das Auswärtige Amt von der Union übernommen werden soll, ist von einer Neuorganisation der Hilfen für »Palästinenser« ohne das »Hilfswerk«, das »sich antiisraelisch und antisemitisch« zeigt und das »eng mit der palästinensischen Terrororganisation Hamas verstrickt« ist, nicht mehr die Rede: »Den Umfang unserer zukünftigen Unterstützung des VN-Hilfswerks UNRWA machen wir von umfassenden Reformen abhängig«.

Die UNRWA soll also im Grundsatz auch weiterhin von und aus Deutschland finanziert werden, allein um die Höhe künftiger deutscher Zuwendungen geht es noch. Dieser Koalitionsvertrag legitimiert wissentlich und willentlich eine Organisation, die »schon Kinder [..] einer Gehirnwäsche« unterzieht, »damit sie Juden hassen lernen oder gar töten«. Die »deutsche Staatsräson«, die auch dieses Papier zitiert, war, ist und bleibt eine hohle Phrase.

Europas Beitrag

Im vergangenen Sommer vereinbarten die Europäische Kommission unter ihrer Präsidentin Ursula von der Leyen und die »Palästinenserführung« um »Präsident« Abu Mazen eine weitere Vertiefung ihrer Kooperation bei der Überwindung der Dauerkrise des PLO-Regimes. Im Gegenzug für allerlei Versprechungen erhielt die Clique um den auch als Mahmoud Abbas firmierenden »Palästinenserpräsidenten« Zusagen über 400 Millionen Euro.

Das Geld sollte der Verabredung zufolge »in Abhängigkeit vom Fortschritt der Umsetzung der vereinbarten Reformen« in drei Tranchen zwischen Juli und September 2024 zur Verfügung gestellt werden. Teil dieser Reformen sollte eine Überarbeitung »palästinensischer« Lehrpläne und -bücher sein, die bereit im August 2024 erste Ergebnisse zeitigen sollte. Am 19. November 2024 meldete Brüssel, die dritte Tranche der Hilfen sei freigegeben worden.

Die Europäische Kommission und mit ihr die Europäische Union hielten damit Wort, zumindest gegenüber dem Regime in Ramallah. Die Zusage freilich, die Unterstützung für die »Palästinenser« werde vom Fortschritt der Reformen in Ramallah abhängig gemacht, hatte wohl günstigenfalls die Qualität eines CDU-Wahlprogramms, wie der Blick auf die auch in Gaza verwendeten »überarbeiteten« Lehrpläne und -materialien des PLO-Regimes zeigt.

In einer jüngst veröffentlichten Studie belegt die renommierte NGO IMPACT-se, daß das von Ramallah entwickelte Unterrichtsprogramm nach wie vor weit davon entfernt ist, gängige UNESCO-Standards für Bildung umzusetzen. Statt sie zu streichen, wurden gerade die problematischen Inhalte – antisemitische Hetze gegen Juden und Israel sowie die Verherrlichung terroristischer Gewalt – auch in neue Lehrpläne und -programme übernommen.

In Gaza hat, soweit möglich, in diesen Tagen auf Anordnung Ramallahs ein neues Schuljahr begonnen, nachdem der von der Hamas begonnene Vernichtungskrieg gegen den jüdischen Staat regulären Unterricht für lange Zeit nahezu unmöglich gemacht hatte. Das Regime um »Präsident« Abu Mazen hätte diese Gelegenheit nutzen können, mit seinem neuen Bildungsprogramm zum Abbau von Spannungen und zum Ende des Konflikts beitragen können.

Tatsächlich knüpft es jedoch da an, wo die »Al-Aksa-Flut« für dauerhaften Unterrichtsausfall sorgte. Heranwachsende insbesondere in Gaza werden, wenn überhaupt möglich, weiterhin und noch intensiver antisemitisch indoktriniert und dazu erzogen, islamistischen und anderen antisemitischen Terroristen nachzueifern. Und mit ihrer finanziellen Unterstützung für Ramallah hat die Europäische Kommission, hat die EU ganz wesentlichen Anteil daran.

Alter Wein in alten Schläuchen

In einem Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen, das in dieser Woche veröffentlicht wurde, stellte Dirk Niebel, von 2009 bis 2013 deutscher Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, der berüchtigten UNRWA rückblickend ein beeindruckend schlechtes Zeugnis aus: Das »Palästinenserhilfswerk«, erklärte er, sei »mit den islamistischen Mördern« der Hamas »unauflöslich verbunden« und »teilweise personenidentisch«.

Und dennoch war Deutschland in den vergangenen Jahren einer der größten, teils sogar größter Geber des »Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten«.Versucht Dirk Niebel auch sein Versagen damit zu rechtfertigen, daß man seinerzeit ja nicht hätte ahnen können, wie tief die Bande zwischen Hamas und UNRWA tatsächlich seien, taugt spätestens seit diesem Interview Ahnungslosigkeit nicht mehr als Entschuldigung.

Politiker die heute der UNRWA Millionen zukommen lassen wollen, müssen wissen, daß sie damit auch die Hamas unterstützen. Das gilt erst recht, wenn sie wie Johann Wadephul und Florian Hahn selbst eine Einstellung der deutschen Finanzierung des Terroristen-Hilfswerks gefordert haben. Und dennoch findet sich im von den beiden Unionspolitikern mitverhandelten Vorschlag für einen Koalitionsvertrag keine entsprechende Formulierung.

Statt jede Zusammenarbeit UNRWA kategorisch auszuschließen, findet sich im Papier der Arbeitsgruppe 12 der blau gekennzeichnete und in Klammern gesetzte Satz: »Ohne umfassende Reform wird Deutschland die UNRWA nicht weiter finanzieren«, der damit den Unionsparteien zuzuordnen ist. Für die SPD stand derweil Svenja Schulze der Arbeitsgruppe vor, die offenbar keinerlei Änderungsbedarf bei der deutschen Haltung zur UNRWA sieht.

Angesichts dessen, was alles über das unheilvolle Wirken des UN-»Hilfswerks« bekannt ist, fällt es schwer zu sagen, welche Position skandalöser ist. Die SPD, die sich einmal stolz zu ihren auch jüdischen Wurzeln bekannte, tut so, als sei am und seit dem 7. Oktober 2023 nichts geschehen, was Zweifel an dem »Hilfswerk« wecken könnte, die Union hingegen weiß darum, beschränkt sich aber auf die Forderung nach »umfassenden Reformen«.

Darauf freilich hatten sich die Unionsparteien und die SPD übrigens bereits in ihrem Koalitionsvertrag vom 12. März 2018 einmal verständigt: »Wir werden in der EU eine Initiative sowohl zur ausreichenden und nachhaltigen Finanzierung als auch der Reform des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) ergreifen«. Was danach geschah, auch wegen der UNRWA geschehen konnte, ist bekannt.

Verhandlungssache

In der vergangenen Woche haben in Berlin Koalitionsverhandlungen zwischen den Unionsparteien und der SPD begonnen. In 16 Arbeitsgruppen sollen sich dabei insgesamt 256 Politiker bis Ostern auf einen Koalitionsvertrag einigen. In einer Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Johann Wadephul (CDU), Florian Hahn (CSU) und Svenja Schulze (SPD) soll über die Außenpolitik der künftigen deutschen Regierung beraten werden.

Ein wichtiges Thema sollte bei den Gesprächen auch die Haltung Berlins zur berüchtigten UNRWA sein. Gegenwärtig ist Deutschland größter Geber des »Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten«. Wegen ihrer engen Verbindungen zur Hamas, die nicht erst seit dem 7. Oktober 2023 ein offenes Geheimnis sind, hat Israel die UNRWA auf seinem Territorium verboten und arbeitet nicht mehr mit ihr zusammen.

Emily Damari, die am 19. Januar nach 471 Tagen in der Gewalt ihrer islamistischen Entführer freigekommen war, berichtete nach ihrer Rückkehr, sie sei von der Hamas in Einrichtungen der UNRWA festgehalten und gequält worden. Angehörige anderer jüdischer Geiseln erklärten, selbst »Lehrer« des »Hilfswerks« seien an dem barbarischen Überfall auf Israel beteiligt gewesen oder hätten Geiseln danach in Gaza gefangengehalten.

Doch für Philippe Lazzarini, den Chef dieses ganz maßgeblich von Deutschland finanzierten »Hilfswerks«, sind selbst diese Zeugenaussagen lediglich Teil einer »massiven Desinformationkampagne«, wie er erst in der vergangenen Woche wieder einmal vor Medienvertretern auf erschreckende Weise demonstrierte. In seiner Stellungnahme kam die Hamas nicht vor, von Empathie mit Opfern Beschäftigter seines »Hilfswerks« ganz zu schweigen.

Ist die amtierende Regierung in Berlin außenpolitisch völlig damit ausgelastet, Jerusalem öffentlich anzugreifen und ins Unrecht zu setzen, scheint leider auch von ihren angehenden Nachfolgern keine wesentliche Änderung zu erwarten. Vor der Bundestagswahl jedenfalls war ein freilich längst überfälliges Ende der deutschen Finanzierung für die UNRWA weder für die Unionsparteien ein Thema noch für die deutsche Sozialdemokratie.

Die Sozialdemokratin Svenja Schulze ist als amtierende Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mitverantwortlich für die fortgesetzten deutschen Finanzflüsse an das »Hilfswerk«. Johann Wadephul und Florian Hahn haben sich zwar in der Vergangenheit für ein Ende der deutschen Finanzierung der UNRWA ausgesprochen, auf entsprechende parlamentarische Initiativen jedoch verzichteten sie.

So ist nicht auszuschließen, daß die UNRWA demnächst »blinde[n] Hass und die Vernichtung der Juden propagier[en]« oder ihr Chef ehemalige Geiseln der Hamas zumindest indirekt der Lüge bezichtigen wird, ohne dafür mit Zuwendungen aus Deutschland rechnen zu können. Wahrscheinlich ist das aber nicht. Jürgen Hardt nämlich, der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, meinte kurz vor der Wahl, die UNRWA werde »weiter gebraucht«.