Schlagwort: Israel

Ablenkmanöver

Florian Hager, der Vorsitzende der auch unter ihrem Kürzel ARD bekannten »Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland«, hat sich in einem Gespräch mit dem zu »seiner« Senderfamilie gehörenden Deutschlandfunk beschwichtigend zu der beginnenden öffentlichen Debatte um den Einfluß der Hamas auf die Berichterstattung des ZDF im Nahost-Konflikt geäußert.

Der Mainzer Sender, der wie die ARD durch Zwangsgebühren finanziert wird, hatte am Montag einräumen müssen, über eine Partnerfirma in Gaza ein Mitglied der Hamas beschäftigt zu haben, aber auch betont, der zuvor durch die israelischen Streitkräfte getötete und aus diesem Anlaß freilich noch als »Kollege« bezeichnete Ahmed Abu Mutair hätte bei seiner Tätigkeit als »Techniker« keinerlei Einfluß »auf journalistische Inhalte« gehabt.

Wie das ZDF hält auch der ARD-Vorsitzende deshalb jede Diskussion über diesen Fall für überflüssig, obgleich die »Erklärung« der Mainzer sogar günstigenfalls lediglich von gleichwohl unentschuldbarer Naivität zeugt. Denn »selbst wenn nur der Kabelträger für die Hamas arbeitet«, wie der israelische Botschafter in Deutschland Ron Prosor anmerkte, »überlegt der Leiter der Produktionsfirma vor Ort zweimal, welche Bilder nach Deutschland gesendet werden«.

Mit diesem Gedanken allerdings setzt sich Florian Hager gar nicht erst auseinander: Zwar gebe es »bestimmte Dinge, die müssen auch zu Recht diskutiert werden«, aber leider führe das »immer gleich zu Erregungsspiralen«, an deren Ende »das ganze System« des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hinterfragt werde. Wer wissen will, weshalb das ZDF einen Hamas-Terroristen »Kollegen« nannte, will also eigentlich offenbar »das ganze System« abschaffen.

Leugnet das ZDF dreist den Einfluß, den die Anwesenheit eines Hamas-Kaders auf seine Berichterstattung haben kann, nachdem es zuvor noch in ziemlich herablassendem Tonfall »begrüßt« hatte, daß »die israelische Armee der Bitte nachgekommen« sei, »die Identität des getöteten Mitarbeiters« zu klären, versucht Florian Hager, gleich völlig vom Thema abzulenken und die Diskussion so zu ersticken. Auch er beweist damit, daß sie überfällig ist.

»Kollege«

Als Ahmed Abu Mutair am vorvergangenen Montag beigesetzt wurde, war selbstverständlich auch an »seine blaue Presseweste« gedacht worden. Denn selbst (oder: gerade) als Toter war noch wertvoll für die weltumspannende antiisraelische Propagandamaschinerie: Zwar, so die Botschaft, die sie verbreiten wollte, galt (und gilt) bereits seit mehreren Tagen eine Waffenruhe in Gaza, doch die israelische Armee kümmere das herzlich wenig.

Beim ZDF, für das der einen Tag zuvor Getötete über eine Partnerfirma in Gaza als Rundfunkingenieur tätig war, wurde der Verlust eines »Kollegen« gemeldet, Chefredaktorin Bettina Schausten faßte ihre ehrliche Empörung in die Worte, es sei »nicht hinnehmbar, dass Medienschaffende bei der Ausübung ihrer Arbeit angegriffen werden«. Andere »Kollegen« nahmen Ahmed Abu Mutairs Tod zum Anlaß, über eine »Dehumanisierung der Palästinenser« nachzugrübeln.

Ahmed Abu Mutair freilich hatte eine »Nebenbeschäftigung«. Er war ein »Zugführer« der Hamas, jener islamistischen Terrororganisation, die Israel mit ihrem barbarischen Überfall am 7. Oktober 2023 in einen Krieg zwang, dessen letzte Schlacht womöglich noch nicht geschlagen wurde. Der »Medienschaffende«, der »Kollege« war ein Terrorist, selbst wenn der öffentlich-rechtliche Sender dafür »keine Anhaltspunkte« gehabt haben wollte.

Zwischenzeitlich allerdings konnten die israelischen Streitkräfte den Mainzern und ihren nach Tel Aviv verbannten Gesandten auf die Sprünge helfen: »Das ZDF begrüßt, dass die israelische Armee der Bitte nachgekommen ist, die Identität des getöteten Mitarbeiters der Produktionsfirma PMP in Gaza zu klären«, heißt es in einer Mitteilung des Senders vom Montag, »der 37-jährige (..) war demnach Mitglied der Terrororganisation Hamas«.

Der auffällig herablassende Tonfall der Stellungnahme des Senders, die – im Unterschied zur Mitteilung über die Tötung des Terroristen – nur in deutscher Sprache veröffentlicht wurde, verrät derweil, daß die Mainzer kaum geneigt sind, Lehren aus diesem Reinfall zu ziehen, von anderen »Kollegen« Ahmed Abu Mutairs ganz zu schweigen. Der Islamist war »in journalistische Fragen nicht eingebunden«, erklärte das ZDF am Dienstag den Fall für geschlossen.

Wiederholungstäter

Vor etwas mehr als einem halben Jahr unterzeichnete »Palästinenserpräsident« Abu Mazen eine Anordnung, die den Eindruck erwecken sollte, Ramallah schaffe seine »Märtyrerrenten« für in Israel inhaftierte »palästinensische« Terroristen ab und führe, gleichsam als Ersatz dafür, ein bedarfsorientiertes Sozialhilfesystem ein, zu dem freilich alle »Palästinenser« Zugang haben sollten. Ganz freiwillig handelte Ramallah dabei nicht, sondern reagierte auf Druck aus Washington.

Während »Präsident« Abu Mazen für sein Dekret nicht zuletzt in Berlin, wo das Vertrauen in den notorischen Holocaustleugner keine Schamgrenze kennt, dafür gefeiert wurde, »das sogenannte ›Märtyrerzahlungssystem‹ abzuschaffen«, blieben weniger leichtgläubige Geber »Palästinas« skeptisch, zumal ihre Zweifel immer wieder durch Berichte genährt wurden, nach denen das PLO-Regime seine Prämien für den Mord an Juden weiterhin zahle.

Inzwischen muß es wohl als ausgemacht gelten, daß die Bereitschaft Abu Mazens, »auch schwierige Reformen anzugehen«, jedenfalls im Auswärtigen Amt überschätzt wurde: Im Oktober wurden wieder »Märtyrerrenten« ausbezahlt, wenn auch – vorerst – nur zu einem Teil. Eine erst vor wenigen Tagen aus Madrid überwiesene Geldspritze dürfte mit dazu beigetragen haben, daß die Auszahlung möglich wurde, und auch für den Rest werden sich gutgläubige Geber finden.

Berlin etwa will, wie die Frankfurter Allgemeine unter Berufung auf Angaben des von der Sozialdemokratin Reem Alabali Radovan geleiteten Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) berichtet, durch »projektbezogene« Zusammenarbeit zwar »verhindern, dass palästinensische Behörden künftig mit deutschen oder europäischen Hilfsgeldern Täter oder Sympathisanten des Terrors und der Hamas unterstützen«.

Tatsächlich jedoch ist das ein wenig tragfähiges Argument: Selbst wenn deutsche oder EU-Gelder ausschließlich in unverdächtige Projekte fließen sollten, wird das PLO-Regime auf diese Weise ja finanziell entlastet und bleiben ihm dadurch mehr »eigene« Mittel, über die es frei verfügen und mit ihnen »palästinensische« Terroristen belohnen kann, darunter offenbar auch solche, die am barbarischen Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 beteiligt waren.

Pervertierung des Rechts

Seit Mitte Mai wurden nach Angaben der Vereinten Nationen an den Übergängen nach Gaza 10.078 Lastkraftwagen mit Hilfsgütern beladen, von denen 2.981 ihre Fracht bis zum Zielort bringen konnten. Über 7.000 LKW-Ladungen wurden vorher »entweder von hungrigen Menschen oder gewaltsam durch bewaffnete Akteure« geplündert. Allein dem World Food Program (WFP) der Weltorganisation gingen so über 6.100 von 6.923 Wagenladungen »verloren«.

Wäre es nur vernünftig, ob einer solchen »Erfolgsbilanz« an der Kompetenz der Vereinten Nationen als »Hilfsorganisation« zu zweifeln, sehen sie sich nicht bloß berufen, ihre »Arbeit« in Gaza unbeirrt fortzusetzen, sie verlangen sogar, von Israel dabei unterstützt zu werden. Auch das »Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten«, die berüchtigte UNRWA, will ins Liefergeschäft zurückkehren und erwartet Hilfe von Jerusalem dabei.

Das ist der Hintergrund für ein »Rechtsgutachten«, das die UN-Vollversammlung bei ihrem eigenen Internationalen Gerichtshof (ICJ) in Auftrag gab und das in dieser Woche schließlich veröffentlicht wurde. Und wenig überraschend kommen dessen Richter darin mehrheitlich zu dem Schluß, daß Israel verpflichtet sei, mit den Vereinten Nationen und selbst der UNRWA zu kooperieren, deren Verstrickungen mit der Hamas das Gericht in seinen Ausführungen leugnet.

Lediglich eine Richterin, ICJ-Vizepräsidentin Julia Sebutinde, bezweifelt in der Begründung ihres Votums gegen Kernaussagen des »Gutachtens« die Neutralität der Vereinten Nationen und ihrer in Gaza tätigen Organisationen. Besonders die UNRWA gilt dabei nicht erst seit gestern als »komplett von der Hamas durchseucht«. Und auch UN-General António Guterres dürfte genau wissen, weshalb er einen Untersuchungsbericht zur UNRWA beharrlich unter Verschluß hält.

Lassen die Vereinten Nationen sich und ihrem »Hilfswerk« dennoch durch einen eigenen Gerichtshof eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen, die den jüdischen Staat ins Unrecht setzt, ist das leider nicht bloß lächerlich. Denn mit ihm soll Israel in die Komplizenschaft mit der Hamas gezwungen werden, in der sich die Vereinten Nationen längst befinden – aus im übrigen durchaus freien Stücken. Dieses »Rechtsgutachten« ist ein Anschlag auf das Recht.

Unterschätzte Errungenschaft

Der amerikanische Präsident Donald J. Trump hat die Regierung in Jerusalem vor einer förmlichen Annektion (von Teilen) der umstrittenen Gebiete gewarnt. In einem vom Time Magazine veröffentlichten Interview erklärt der Republikaner, er habe »den arabischen Staaten« sein Wort gegeben, daß dies nicht geschehen werde. »Israel würde in diesem Fall jede Unterstützung durch die Vereinigten Staaten verlieren.«

Während im israelischen Parlament, der Knesset in Jerusalem, mehrere Gesetzesvorlagen diskutiert werden, den Geltungsbereich israelischen Rechts auf die umstrittenen Gebiete oder Teile davon auszuweiten, dürfte Jerusalem den Worten Donald J. Trumps durchaus die gebotene Achtung schenken, zumal Premier Benjamin Netanjahu und große Teile seines Likud solche Schritte jedenfalls gegenwärtig erklärtermaßen ablehnen.

Insofern rennt auch Marco Rubio, der amerikanische Außenminister, in der israelischen Hauptstadt lediglich offene Türen ein, wenn er dort erklärt, »zum jetzigen Zeitpunkt halten wir das für kontraproduktiv«. Damit läßt er freilich offen, ob das Weiße Haus diese Ansicht auch zukünftig noch vertreten wird. Und das ist zugleich womöglich durchaus besser, als die Vereinigten Staaten ohne große Not auf ewig festzulegen.

Der jüdische ist ein Rechtsstaat, von dem Menschen in anderen Teilen des Nahen Ostens und in vielen Staaten der Welt nur träumen können, falls sie es überhaupt wagen. Rechtsstaatliche Verhältnisse in den umstrittenen Gebieten, in denen derzeit israelisches Recht für »Siedler« gilt, osmanische, britische oder jordanische Regelungen und die Willkür Ramallahs dagegen für »Palästinenser«, könnten daher auch ein Fortschritt sein.

Unrechtsgutachten

Der Internationale Gerichtshof (ICJ), ein Organ der Vereinten Nationen, hat in einem mehrheitlich angenommenen »Rechtsgutachten« von Israel verlangt, »ausreichend humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu lassen«. Dazu sei der jüdische Staat auch verpflichtet, mit der Weltorganisation und insbesondere deren berüchtigter UNRWA zusammenzuarbeiten. Jerusalem hatte das »Hilfswerk« wegen dessen Nähe zur Hamas geächtet.

Sofern Israel nach Ansicht des ICJ in Den Haag verantwortlich ist für eine angemessene Versorgung der »Palästinenser«, dürfen die Vereinten Nationen entsprechende Bemühungen Jerusalems freilich nicht aktiv zu sabotieren suchen: Doch waren es nicht die Vereinten Nationen, unter deren Dach sich ein »Humanitarian Country Team« etablierte, um wieder und immer wieder gegen die Gaza Humanitarian Foundation (GHF) zu hetzen?

War es nicht Philippe Lazzarini, der Chef des in Gaza über Jahre und Jahrzehnte als »ziviler« Arm der Hamas fungierenden »Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten«, der diese humanitäre Organisation als »sadistische Todesfalle« verleumdete, während die islamistische Terrororganisation deren Mitarbeiter ermordete oder mit verschleppten Angehörigen unter Druck setzte und Hilfesuchende massakrierte?

Es sind die Vereinten Nationen, unter deren Augen und unter deren Hilfe im Rahmen einer gedeihlichen »pragmatischen« Zusammenarbeit in Gaza die Idee für das bösartigste Pogrom an Juden seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs heranreifen und ihre Umsetzung organisiert werden konnte. Und diese Vereinten Nationen erdreisten sich, mit ihrem voreingenommenen »Gerichtshof«, Israel zu einer Kooperation mit Komplizen der Hamas verpflichten zu wollen?

Vertagte Herausforderung

Die Hamas soll sich nach »offiziell« freilich nicht bestätigten Berichten verpflichtet haben, ihre Ansprüche auf die Macht in und über Gaza zukünftig etwas weniger blutig zu demonstrieren. Gruppen von Mitgliedern der islamistischen Terrororganisation hatten in den vergangenen Tagen zahlreiche »Palästinenser«, denen sie vorwarfen, mit Israel »kollaboriert« zu haben, auf offener Straße brutal abgeschlachtet.

Sollte die seit einigen Tagen geltende Waffenruhe in Gaza eigentlich in eine Entwaffnung und Entmachtung der Organisation münden, die mit ihrem Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 für den jüngsten Krieg verantwortlich ist, hatten ihre Mordkommandos blutig deutlich gemacht, das die Hamas wohl kaum freiwillig die Waffen strecken wird, obwohl genau das der 20-Punkte-Plan Donald J. Trumps vorsieht.

Die Regierung in Washington ist offenbar noch nicht bereit, sich von ihre Hoffnungen auf eine Realisierung des nach dem amerikanischen Präsidenten benannten »Fahrplans« zu verabschieden. Geben sich die Abgesandten Donald J. Trumps in Jerusalem die Klinke in die Hand, könnten Drohungen des republikanischen Politikers mit Einsätzen der israelischen Streitkräfte für ein gewisses Umdenken bei den Islamisten gesorgt haben.

Hatte der amerikanische Präsident sich anfänglich eher unbeeindruckt vom Blutrausch der Terroristen gezeigt, wurde er zwischenzeitlich deutlicher: »Israel könnte in weniger als zwei Minuten eingreifen«, erklärte Donald J. Trump gegenüber Journalisten im Weißen Haus, »ich könnte ihnen sagen, ›geht los und kümmert euch darum‹«. Israel würde nicht zögern. Noch aber habe er das nicht gesagt, »vorerst wollen wir abwarten«.

Jerusalem und Washington mußten darauf zwar dementieren, daß Israel unbemerkt den Vereinigten Staaten beigetreten sei. Möglicherweise jedoch hat die Drohung einerseits Jerusalem davon abgehalten, den Rückzug seiner Streitkräfte auf die »Gelbe Linie« zurückzunehmen, und andererseits auch die Islamisten beeindruckt. So scheint die fragile Ruhe vorerst zu halten. Das Hauptproblem, die Entwaffnung der Hamas, besteht gleichwohl weiter.

Gefährliche Beschwichtigungsversuche

Donald J. Trumps 20-Punkte-Plan könnte ein »Fahrplan« sein für eine Waffenruhe, die den »palästinensisch«-israelischen Konflikt beendet und einem Frieden zwischen »Palästinensern« und dem jüdischen Staat den Weg bereitet. Damit das in der Tat ambitionierte Papier allerdings auch in der Realität ein Erfolg wird, muß die Unterstützung, die es international genießt, über bloße Willensbekundungen und Geschenke an die »Palästinenser« hinausgehen.

Das Wochenende war von schweren Verletzungen des Abkommens durch die Hamas bestimmt. Mitglieder der islamistischen Terrororganisation, die bereits längst all ihre jüdischen Geiseln übergeben hätte müssen, griffen in Gaza aus einem ihrer Tunnel heraus die israelischen Streitkräfte an, die sich vereinbarungsgemäß hinter die »Gelbe Linie« zurückgezogen haben, und ermordeten zwei Soldaten. Weitere Attacken am Montag konnten rechtzeitig vereitelt werden.

Wenn jedoch selbst das Weiße Haus sich entschließt, die Verstöße der Hamas gegen das Waffenruhe-Abkommen herunterzuspielen, indem es dafür »abtrünnige Elemente, nicht aber die Hamas-Führung« verantwortlich macht, ist gleichwohl kaum zu erwarten, daß der internationale Druck auf die Islamisten im eigentlich nötigen Maß zunimmt. Zwar hat sich nach so angemessenen wie gewaltsamen israelischen Reaktionen die Lage inzwischen auch wieder beruhigt.

Gleichwohl sind das laute Schweigen weiter Teile der Staatengemeinschaft zu den neuerlichen Verbrechen der Hamas und die Versuche Washingtons, sie zu verharmlosen, ernüchternd. Wird der islamistischen Terrororganisation bereits in der ersten Phase des 20-Punkte-Plans mit schier grenzenloser Nachsicht begegnet, wie wird dann wohl der Versuch enden, sie auf nichtmilitärischem Weg zu entwaffnen und zu entmachten, oder jener, Gaza dauerhaft zu deradikalisieren?

Seine Haltung

Hatte die damalige deutsche Kanzlerin Angela Merkel bei einem Auftritt im israelischen Parlament, der Knesset in Jerusalem »die Sicherheit Israels« zu einem »Teil der Staatsräson meines Landes« erklärt, merkte nun ihr Amtsnachfolger Friedrich Merz gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung an, er habe sich »mit diesem Begriff immer schwergetan, weil er in all seinen Konsequenzen nie ausbuchstabiert worden« sei.

Nachdem erst Anfang Oktober zahlreiche selbsterklärte und in Deutschland zweifellos weltbekannte »Experten« in einem – selbstverständlich – »Expertenpapier« nicht weniger als »eine nahostpolitische Wende« verlangt und wenigstens im Verhältnis zu Israel eine Abkehr von dem »vordemokratischen Begriff der ›Staatsraison‹« gefordert hatten, will der CDU-Vorsitzende offenbar unter Beweis stellen, solchen Rat nicht zu benötigen.

Und in der Tat wäre es falsch, Friedrich Merz einer überbordenden Nähe zu Jerusalem zu beschuldigen. Kaum im zweiten Wahlgang ins Amt gehievt, beklagte er schon, »Israel macht uns allergrößte Sorge«, um kurz darauf mit dem kaum weniger besorgten sozialdemokratischen Koalitionspartner zu verabreden, keine Rüstungsexporte mehr nach Israel zu genehmigen, sofern die betreffenden Güter im Kampf gegen die Hamas verwendet werden könnten.

Da das weder in der CDU noch bei der CSU auf große Begeisterung stieß, belehrte Friedrich Merz den Vorstand seiner Partei, Israels Kampf gegen die Hamas »trägt auch zur Verschärfung gesellschaftlicher Konflikte in Deutschland und Europa bei, die wir auch im Sinne unserer Verpflichtung gegenüber dem Staat Israel vermeiden müssen«. »Meine Haltung zu Israel«, läßt er sich am Sonntag zitieren, habe sich »nicht verändert«. Wer könnte an ihm zweifeln?

Anmaßende Hybris

Die Europäische Union drängt die Regierung in Washington, mit ihren Bemühungen um eine dauerhafte Waffenruhe im Konflikt zwischen der Hamas und Israel mögliche Aussichten auf einen »palästinensischen« Staat nicht zu unterminieren. Wie Politico meldet, fordert der Auswärtige Dienst der EU (EEAS) in einem Papier, daß Washington in seinen Verhandlungen eine »Zwei-Staaten-Lösung« positiv(er) darstelle und die Rolle der EU bei ihrer Umsetzung betone.

Glänzten die Europäische Union und besonders ihr Auswärtiger Dienst (nicht erst) in den vergangenen zwei Jahren durch eine zunehmend israelfeindliche und immer offener antisemitische Haltung, fürchtet Brüssel nun offenbar den daraus resultierenden Bedeutungsverlust nicht bloß gegenüber der Regierung in Jerusalem, sondern auch im Verhältnis zu jenen arabisch-islamischen Regimes, die, etwa im Rahmen der Abraham Accords, ihre Beziehungen zu Israel normalisiert haben.

Räumt der EEAS, der bis Ende 2024 vom berüchtigten Josep Borrell Fontelles geleitet wurde, unter seiner Nachfolgerin Kaja Kallas aber seinen »israelkritischen« Kurs unbeirrt beibehielt, mit seinem Papier einerseits zumindest indirekt ein, daß ein international anerkannter »palästinensischer« Staat keine zwingende Voraussetzung für einen Frieden ist, bleibt er freilich andererseits dabei, daß eine »Zwei-Staaten-Lösung« nach europäischen Vorstellungen alternativlos sei.

Haben einzelne ihrer Mitglieder und die Europäische Union insgesamt in den vergangenen beiden Jahren sich im Nahen Osten konsequent um nahezu jeden Einfluß gebracht, soll ausgerechnet Präsident Donald J. Trump nun für sie werben. Das ist nicht »nur« ziemlich sportlich, sondern offenbart vor allem die dreist-anmaßende Hybris Brüssels. Statt sich mit der Beobachterrolle, in die die EU sich selbst hineinmanövriert hat, abzufinden, fordert sie Befehlsgewalt.

An den Händen auch der europäischen Nahost-Politik klebt dabei das Blut der jüdischen Opfer der Hamas. Mit ihren direkten und indirekten Zahlungen an die »Palästinenser«, von denen nicht nur, aber auch die islamistische Terrororganisation in Gaza profitierte, profitieren können sollte, hat die EU jede Glaubwürdigkeit als Repräsentantin zivilisatorischer Grundwerte verspielt. Es ist erbärmlich, wenn und wie sie sich jetzt wieder gegenüber Washington aufzuplustern gedenkt.